Hamburg. Die sportliche Leitung des HSV wünscht sich mehr Einsätze für den Engländer. Wie reagiert Trainer Tim Walter?

Tim Walter und Michael Mutzel genossen am Sonntag zusammen den goldenen Herbst. Das Regionalligaderby zwischen der U 21 des HSV und des FC St. Pauli II verfolgten der Chefcoach der HSV-Profis und der Sportdirektor auf der Sonnenseite des Stadions an der Hagenbeckstraße. Die Stimmung bei der sportlichen Leitung der Hamburger war bereits am Sonnabend entspannt und gelöst nach dem eminent wichtigen 2:1-Sieg am Freitagabend beim SC Paderborn.

Auch Sportvorstand Jonas Boldt war gut gelaunt und gleichsam erleichtert. „Nichts ersetzt Siege, und Siege geben den Glauben daran, dass der Weg der richtige ist.“ Ein Weg, für den sich Boldt, Walter und Mutzel gemeinsam entschieden haben.

HSV: Walter wollte Doyle gar nicht einwechseln

In einem Punkt scheinen die drei Verantwortlichen aber offensichtlich eine unterschiedliche Auffassung zu haben. Und dieser Punkt war in den vergangenen Wochen gleich für drei Punkte maßgeblich mit verantwortlich: Tommy Doyle.

Der seit einer Woche 20 Jahre junge Engländer hatte am Freitagabend mit seinem tollen Tor in der vierten Minute der Nachspielzeit dafür gesorgt, dass Walter in den kommenden Tagen deutlich ruhiger arbeiten kann. Dabei wäre Doyle eigentlich gar nicht mehr zum Einsatz gekommen. Der Leihspieler von Manchester City war schon mit hängenden Schultern zur Bank gekommen, weil Walter nicht mehr wechseln wollte.

Auch interessant

Doch dann zog sich Sonny Kittel einen Krampf zu. Doyle kam noch zu einem Kurzeinsatz – und zeigte nur drei Minuten später, warum er beim englischen Meister unter Vertrag steht. Mit einem Kunstschuss aus 18 Metern ließ er den HSV jubeln. Es war erst der dritte Kurzeinsatz des U-21-Nationalspielers, der bereits beim 1:1 in Aue vor drei Wochen mit seinem Lupfer an die Latte den Ausgleich initiiert hatte. Nun war es wieder die vierte Minute der Nachspielzeit.

Tommy Doyle (20) wurde nach seinem Siegtor in Paderborn von den HSV-Fans gefeiert.
Tommy Doyle (20) wurde nach seinem Siegtor in Paderborn von den HSV-Fans gefeiert. © Witters | Unbekannt

HSV-Führung will mehr Spielzeit für Doyle

Warum Walter den jungen Doyle bislang so selten einsetzt, konnte der Trainer noch nicht nachvollziehbar erklären. Auch die HSV-Führung hofft nun auf mehr Spielzeit für Doyle. Weil dieser Qualitäten im Abschluss hat, die der Mannschaft fehlen.

Was dem Briten noch zu mehr Spielzeit fehle, wurde Sportvorstand Boldt am Sonnabend gefragt. Seine Antwort: „Eine frühere Einwechslung vielleicht.“ Auf Nachfrage sagte Boldt: „Klar würde ich ihn gerne mal länger auf dem Platz sehen. Ich bin aber nicht bei jedem Training dabei. Der Trainer kann das besser bewerten. Ich bin mir sicher, dass er im Laufe der Saison mehr Spielzeit bekommt und vielleicht auch mal von Anfang an spielt.“

Doyle will beim HSV einfach nur spielen

Möglicherweise schon am Dienstagabend (20.45 Uhr) in der zweiten Runde des DFB-Pokals beim 1. FC Nürnberg. Walter hatte zuletzt immer betont, dass Doyle im Training noch aktiver werden müsse. Seine besondere Schussqualität zeigt er dort aber in jeder Einheit, wie Teamkollege Jonas Meffert bestätigte. „Als ich gesehen habe, dass Tommy den Ball bekommt, wollte ich direkt jubelnd zur Eckfahne abdrehen.“

Auf der menschlichen Ebene fehlt Doyle bislang aber offenbar noch die Bindung zu seinem Trainer und seinen Mitspielern. Nach dem Training geht der schüchtern wirkende Jungprofi oft alleine die Treppen hinauf. Dabei will Doyle beim HSV eigentlich nur eines: spielen.

„Jeder will natürlich mehr spielen. Aber das ist Fußball. Wenn du die Chance bekommst, musst du alles geben“, sagte Doyle nach seinem Siegtor in Paderborn. Er hat seine Chancen nun schon zweimal genutzt. Sogar sein Club Manchester City gratulierte Doyle nach dem HSV-Spiel bei Twitter (10,7 Millionen Follower) mit einem applaudierenden Emoji und einem blauen Herzen.

Weitere HSV-Berichte:

Auch interessant

Verlängern Alidou und Heuer Fernandes beim HSV?

In die Herzen der HSV-Fans hat sich Doyle am Freitag bereits geschossen. Und nun auch ins Herz des HSV-Trainers? Dass Walter den Mut hat, seine jungen Spieler ins kalte Wasser zu werfen, hat der Chefcoach mehrfach nachgewiesen. Am Freitag ließ er Eigengewächs Faride Alidou erstmals von Beginn an ran. Der 20-Jährige, der am Sonntag ebenfalls bei der U 21 zuschaute, dankte es Walter mit einer starken Leistung. Der Flügelstürmer wurde von den HSV-Fans sogar zum Spieler des Spiels gewählt.

„Wir hatten schon in der vergangenen Saison viel über ihn gesprochen, weil Horst Hrubesch eine hohe Meinung von ihm hat“, sagte Boldt. „Faride hat seine Zeit gebraucht, um zu lernen, seine Fähigkeiten seriös einzusetzen und in einem Zweitligaspiel dagegenzuhalten.“

HSV wollte Alidou verleihen

Nun mischt Alidou im Profifußball mit. Und darf sich Hoffnungen auf eine Verlängerung des 2022 auslaufenden Vertrags machen. Schon vor der Saison wollte der HSV nach Abendblatt-Informationen den Vertrag verlängern und Alidou verleihen. Doch der Deal zerschlug sich. Nun dürfte es zeitnah zu einer Einigung kommen. Auch mit Torhüter Daniel Heuer Fernandes, dessen Kontrakt endet, wird Boldt nach dessen erneut starker Leistung das Gespräch suchen: „Wir stehen im guten Austausch.“

Offen ist noch, ob Xavier Amaechi (20) nach seinem Fußbruch im Winter zurück zum HSV kommt, oder ob das Leihgeschäft mit den Bolton Wanderers verlängert wird. Mit Tommy Doyle haben die Hamburger in jedem Fall noch bis zum Saisonende einen jungen Engländer unter Vertrag. Und der soll nun weiter dafür sorgen, dass der HSV – anders als in den Jahren zuvor – endlich einmal einen goldenen Herbst erlebt.