Paderborn. Nach drei Unentschieden haben die Hamburger mit einem späten Sieg zu den Aufstiegsrängen aufgeschlossen. Einer ahnte das Tor voraus.
Die rund 1100 mitgereisten HSV-Fans wussten, bei wem sie sich zu bedanken hatten. Immer wieder riefen sie den vor dem Gästeblock feiernden Profis „Tommy Doyle“-Sprechchöre zu, gefolgt von „Alidou, Alidou“-Gesängen. Die beiden Youngster waren die Auffälligsten beim 2:1 (1:1)-Auswärtssieg in Paderborn, den Doyle mit seinem Tor in der vierten Minute der Nachspielzeit ermöglichte. Der Engländer war erst wenige Minuten zuvor eingewechselt worden und traf vor 13.000 Zuschauern mit einem satten Schuss aus 20 Metern ins rechte Eck.
„Als ich gesehen habe, dass Tommy den Ball bekommt, wollte ich direkt jubelnd zur Eckfahne abdrehen. Wir kennen ja seine Abschlussstärke aus dem Training“, sagte ein spürbar emotionalisierter Jonas Meffert.
Deutlich demütiger präsentierte sich dagegen sein Trainer. „Wir sind einfach nur zufrieden über unser tolles Spiel und froh, dass wir gewonnen haben“, sagte Tim Walter, der über die gesamten 90 Minuten einen hohen Aufwand an der Seitenlinie betrieb. Immer wieder trieb er seine Mannschaft nach vorne – mit Erfolg. „Wir haben bis zum Ende an uns geglaubt. Dieser Spirit zieht sich durch die gesamte Truppe.“
HSV-Trainer Walter befördert Alidou in Paderborn in Startelf
Dass Walter nach der Enttäuschung gegen Fortuna Düsseldorf etwas verändern würde, war zu erwarten. Dass der Chefcoach Eigengewächs Faride Alidou erstmals von Beginn an spielen ließ, war dennoch eine echte Überraschung und zeugte von Mut, den Walter auch von seinen Spielern immer wieder einfordert.
Jan Gyamerah musste nach seinen etwas zu mutigen Dribblings und Ballverlusten gegen Düsseldorf auf die Bank. Für ihn verteidigte Allzweckwaffe Moritz Heyer rechts hinten. Zudem durfte Bakery Jatta wieder für Robin Meißner ran.
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Heyer nutzt erste Chance zur HSV-Führung
Nicht wenige hatten sich von der Partie der beiden offensiv ausgerichteten Mannschaften ein Spektakel versprochen. Und es dauerte auch gerade einmal fünf Minuten, ehe der HSV das erste Mal jubelte und Alidou seine Startelfnominierung rechtfertigte. Einen Pass des spielfreudigen Kittel setzte der 20-Jährige aus spitzem Winkel an den Pfosten. Der Ball landete im Rückraum vor den Füßen von Heyer, der sich die Chance einmal mehr nicht nehmen ließ. Sein fünftes Saisontor (5.).
Der HSV hätte in der Folge allein für ein Torspektakel sorgen können. Paderborn ermöglichte den Hamburgern viele Räume, die Walters Elf auch bespielte. Doch im Abschluss fehlte dem HSV einmal mehr die letzte Konsequenz. Jatta (12.), Jonas Meffert (19.), Ludovit Reis (21.), Alidou (23.), Kittel und Robert Glatzel (31.) schraubten das Torchancenverhältnis in die Höhe.
HSV-Profis in der Einzelkritik
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Doch der zweite Torjubel gehörte fast folgerichtig Paderborn. Weil der HSV das zweite Tor verpasste, nutzten die Hausherren ihre erste Chance zum Ausgleich. Der langjährige Paderborner Sebastian Schonlau verlor an der Außenlinie einen Zweikampf und fehlte dann in der Mitte, als Felix Platte durch die Beine von Jonas David aus 16 Metern zum 1:1 traf (38.). Eine Szene, die zum bisherigen Saisonverlauf des HSV passte. Hamburg macht das Spiel, aber zu wenig Tore. Und die Gegner nutzen die Fehler eiskalt aus.
Der zweite Durchgang begann zunächst wie der erste. Erneut kam der HSV über Alidou zu einer Großchance. Seine perfekt getimte Flanke mit dem schwächeren linken Fuß hätte Glatzel zwingend nutzen müssen, scheiterte mit seinem Kopfball aus fünf Metern aber an Paderborns Torhüter Jannik Huth (47.). Alidou selbst hatte wenig später ein nicht weniger gute Chance, kam aber mit seinem überhasteten Abschluss ebenfalls nicht an Huth vorbei (59.). Aber auch Paderborn hatte seine Chancen. Hätte Daniel Heuer Fernandes nicht erneut einen starken Tag erwischt und gegen Platte (48.) und Uwe Hünemeier (54.) pariert, wäre der HSV für seine mangelnde Chancenverwertung bestraft worden.
Walter wütet nach VAR-Eingriff
In der Schlussphase durfte der HSV zunächst auf einen Elfmeter hoffen, nachdem Schiedsrichter Daniel Schlager ein Foul von Paderborns Jamilu Collins an David Kinsombi erkannt hatte (79.). Doch nach Ansicht der TV-Bilder hatte der Unparteiische keine andere Wahl, als seine Fehlentscheidung wieder zurückzunehmen. Eine Korrektur, die Tim Walter in Rage brachte. Völlig aufgebracht gestikulierte er wild in die Richtung des vierten Offiziellen Michael Bacher. Es dürfte auch viel Frust über die eigene Chancenverwertung dabei gewesen sein.
Rund zehn Minuten später verwandelte sich Walters Frust in Jubel, als Doyle für die späte Belohnung sorgte.
Viel Zeit zum Ausruhen bleibt dem HSV nicht. Bereits am Montag geht es nach Nürnberg, wo am Dienstag (20.45 Uhr) das DFB-Pokal-Spiel beim 1. FC Nürnberg ansteht. Am Sonnabend darauf kommt Holstein Kiel zum Nordderby in den Volkspark.