Hamburg. HSV-Trainer Walter freut sich, dass Kittel bleibt und Bénes kommt. Seinen Vertrag knüpft er an Boldt. Was das bedeutet.

Jonas Boldt hatte gut lachen. „Sunny day“, sagte der Sportvorstand des HSV am Mittwochvormittag und verließ langen Schrittes das Trainingsgelände im Volkspark, um sich auf die Mitgliederversammlung am Abend in der q.beyond Arena vorzubereiten. Der strahlende Sonnenschein hatte Boldt einmal mehr zu einem seiner geliebten Wortspiele inspiriert. Denn der sunny day – der sonnige Tag – hatte vor allem zwei Gründe.

Zum einen konnte der HSV am Morgen nach Matheo Raab und Filip Bilbija endlich den dritten Neuzugang des Sommers verkünden. László Bénes (24), slowakischer Nationalspieler, wechselt von Borussia Mönchengladbach nach Hamburg. Dort unterschrieb der zentrale Mittelfeldmann einen Vierjahresvertrag bis 2026. Die Ablösesumme liegt zwischen 1,5 und zwei Millionen Euro.

Zum anderen freute sich „sunny“ Boldt auch darüber, dass Sonny Kittel sich dazu entschieden hatte, beim HSV zu bleiben. Der Transfer des 29 Jahre alten Offensivspielers in die USA zu Washington D.C. United stand zwar kurz bevor, doch am Ende entschied sich Kittel für einen Verbleib beim HSV. Künftig werden Bénes und Kittel also gemeinsam in der Offensive der Hamburger für Kreativität und spielerische Lösungen sorgen.

HSV: Walter überzeugte Kittel von Verbleib

Einer der Hauptgründe für den Kittel-Verbleib stand nach dem Training vor vier Kameras und kam an diesem „sunny day“ aus dem Lachen kaum noch heraus. „Geiles Wetter“, sagte Trainer Tim Walter, der nach seinem Urlaub vor neuer Energie nur so strotzte. Der 46-Jährige hatte die freie Zeit genutzt, um zusammen mit seiner Familie abzuschalten und Kraft zu tanken. Und ganz nebenbei kümmerte sich der Trainer höchstpersönlich darum, Kittel von einem Verbleib in Hamburg zu überzeugen.

„Wir haben etwas häufiger telefoniert“, sagte Walter, der gemeinsam mit Boldt für die Wende im Fall Kittel sorgte. „Wir haben versucht, das Ganze so auf die Beine zu stellen, dass Sonny hier noch nicht fertig ist. Und so hat er es letztlich auch gesehen. Man ist immer mit dem Herzen verbandelt, und ich glaube, das war bei ihm noch stärker als alles andere“, sagte Walter und ließ durchblicken, dass Kittel im Zuge der komplizierten Vertragsverhandlungen mit Washington möglicherweise merkte, dass es in Hamburg zwar nicht immer „sunny“ ist, beim HSV aber doch irgendwie auch ganz nett.

Walter kämpft für Boldt beim HSV

Insbesondere dann, wenn die sportliche Führung geschlossen hinter einem steht. Und das tun Boldt und Walter, die im Doppelpass zunehmend die Gunst der Stunde genutzt haben, um sich in eine starke Verhandlungsposition zu bringen. Trotz der verlorenen Relegation gegen Hertha BSC dürfen sich die beiden als Gewinner der letzten Saisonwochen fühlen, weil sie in dieser Phase vorangegangen sind und während der fünf Siege im Endspurt Zusammenhalt im sportlichen Bereich vorgelebt haben. „Es ist wichtig, wenn sich zwei gut verstehen, die im Verein ganz viel vorangetrieben haben“, sagte Walter, als er am Mittwoch auf das Zusammenspiel mit Boldt angesprochen wurde.

Konkret ging es auch um einen möglichen neuen Vertrag des Trainers, der noch bis 2023 an den HSV gebunden ist. Bei der durchschnittlichen Verweildauer eines HSV-Trainers in den vergangenen Jahren eigentlich eine Laufzeit, die keinen Anlass gibt, um bereits über einen neuen Kontrakt zu verhandeln. Doch Boldt und Walter wollen ihre gestärkte Position weiter stärken. Der Sportvorstand hatte bereits signalisiert, mit dem Trainer vorzeitig verlängern zu wollen, um nicht im Herbst eine neue Diskussion führen zu müssen.

Walter wiederum knüpft eine mögliche Unterschrift an die Zukunft von Boldt, dessen Vertrag ebenfalls 2023 endet. „Ich habe immer betont, dass ich sehr gerne hier bin. Wir haben darüber geredet. Konkret ist aber noch nichts“, sagte Walter, der auf Nachfrage auf Boldts Vertragslage anspielte. „Es gibt bei Jonas eine fragliche Situation. Da sind noch ein paar Gespräche vonnöten.“ Ein klares Signal Richtung Aufsichtsrat mit der Botschaft: Wenn Boldt bleibt, bleibt auch Walter.

Was wird aus Mutzel beim HSV?

Ob Sportdirektor Michael Mutzel bleibt, ist dagegen noch unklar. Boldt hatte dem 42-Jährigen öffentlich einen Zuständigkeitsbereich entzogen. Mutzel werde keine Rolle mehr in der Kabine spielen und auch mit dem Trainer keinen Kontakt haben, trotzdem aber noch für die Abwicklung von Transfers verantwortlich sein. Dass das naturgemäß nicht funktionieren kann, bestätigte Trainer Walter am Mittwoch selbst. „Das war nicht meine Entscheidung. Ich habe kein schlechtes Verhältnis zu Michael. Ganz im Gegenteil. Ich rede ganz normal mit ihm. Für mich ändert sich da nichts“, sagte Walter.

Auch interessant

Dass die Absprachen auch in der veränderten Hierarchie funktionieren, zeigte sich nun mit dem Bénes-Transfer. Mit dem bisherigen Gladbacher hatte sich der HSV bereits mehrfach beschäftigt, unter anderem 2020 unter Trainer Dieter Hecking. Nun hat es unter Trainer Walter geklappt, den Linksfuß zu verpflichten. Walter und Bénes arbeiteten bereits 2019 ein halbes Jahr bei Holstein Kiel zusammen.

„Laci hat einen exzellenten Fuß und ein sehr gutes Spielverständnis. Er kann uns besser machen und passt perfekt in unser Gefilde. Aber auch er hat lange nicht gespielt“, sagte Walter über Bénes, der seit Februar gerade einmal neun Minuten in drei Spielen zum Einsatz kam.

Sonny Kittel (l.) wird beim HSV künftig an der Seite von László Bénes spielen.
Sonny Kittel (l.) wird beim HSV künftig an der Seite von László Bénes spielen. © Witters | Unbekannt

Wie der HSV mit Kittel und Bénes plant

Zusammen mit Kittel soll Bénes nun das Künstlerkollektiv des HSV bilden und dafür sorgen, dass sich die Mannschaft in der Zweiten Liga vor allem gegen tiefstehende Gegner Lösungen erspielt. Am Mittwoch trainierten die beiden erstmals zusammen im Volkspark. Nun ist es sogar möglich, dass Kittel seinen 2023 auslaufenden Vertrag verlängert.

„Es wäre sicher schwer geworden, so einen Spieler auf dem Markt zu finden“, sagte Boldt. Mit 63 Scorerpunkten in 104 Spielen schaffte Kittel beim HSV eine Quote (0,60 Scorerpunkte pro Spiel), die beim HSV in den vergangenen Jahren nur Rafael van der Vaart erreichte. Damals spielte der HSV allerdings noch in einer anderen Liga.

Im Herbst könnte Kittel einen neuen Kontrakt unterschreiben. Auch wenn es dann in Hamburg nicht mehr „sunny“ ist.