Hamburg. Die Arbeit im Auftrag der Hamburger Staatsanwalt bringt eine Wendung. So haben Wissenschaftler die Identität des Angreifers überprüft.

In der Affäre um die Identität von Bakery Jatta gibt es eine erneute Wendung: Nach Abendblatt-Informationen belastet ein Gutachten der Universität Freiburg im Auftrag der Hamburger Staatsanwaltschaft den HSV-Angreifer bei dem Vorwurf der Täuschung schwer.

Es kam zu dem Ergebnis, dass der 22 Jahre alte Bakery Jatta und der drei Jahre ältere gambische Fußballspieler Bakary Daffeh mit hoher Wahrscheinlichkeit dieselbe Person sind. Sollte sich dies bestätigen, hätte Jatta sich wegen falscher Angaben gegenüber den Behörden strafbar gemacht.

Ist HSV-Profi Bakery Jatta nun doch Bakary Daffeh?

Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Mia Sperling-Karstens, bestätigte dem Abendblatt auf Anfrage, dass das in Auftrag gegebene Gutachten der Uni Freiburg inzwischen vorliege. Zum Inhalt des Gutachtens wollte sie sich jedoch nicht äußern und verwies auf das noch laufende Ermittlungsverfahren gegen Jatta. „Ausschlaggebend ist, dass zunächst die Verteidigung in Ausübung ihrer Rechte Gelegenheit hat, zu dem Gutachten Stellung zu nehmen.“

Der Verteidiger des HSV-Spielers, der Hamburger Staranwalt Thomas Bliwier, wollte sich auf Anfrage ebenfalls nicht zu dem Ergebnis des Gutachtens äußer. Er hatte die Vorwürfe gegen seinen Mandanten jedoch bereits zuvor mehrfach zurückgewiesen und als „absurd“ bezeichnet.

Gutachter analysierten Bewegungen von Jatta und Daffeh

Die Gutachter der Uni Freiburg verglichen bei ihrer Analyse unter anderem Bewegungsabläufe von Jatta und Daffeh anhand von Videoaufnahmen. Das Verfahren sei „deutlich umfassender und wissenschaftlicher“ als eine vorherige Analyse des Hamburger Landeskriminalamtes, hieß es in Ermittlerkreisen. Auch die Experten der Polizei waren aber bereits zu dem Schluss gekommen, dass eine sehr hohe Ähnlichkeit zwischen Jatta und Daffeh besteht.

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Ein Verfahren der Ausländerbehörde im Bezirk Mitte gegen Jatta war aber eingestellt worden, ebenso wie bereits im Jahr 2019 ein Vorermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich beendet wurde. Im Januar 2020 wurde dann jedoch ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet – offenbar infolge weiterer Medienberichte und Strafanzeigen von „besorgten Bürgern“. Im Juli des vergangenen Jahres wurde schließlich auch die Wohnung des HSV-Profis durchsucht und mögliche Beweismittel beschlagnahmt.

Weiterhin keine Beweise gegen Bakery Jatta

Nach Abendblatt-Informationen hatten die Ermittler vor allem Kontobewegungen Jattas für verdächtig gehalten. Er überwies offenbar wiederholt Geld an afrikanische Fußballer, die auch mit Bakary Daffeh bekannt waren. Auf den bei der Razzia sichergestellten Datenträgern fanden die Beamten jedoch keine weiteren Hinweise darauf, dass Jatta und Daffeh tatsächlich dieselbe Person sein könnten.

Auch mit dem neuen Gutachten gibt es weiterhin keinen eindeutigen Beleg für eine falsche Identität des HSV-Profis. Offen ist vor allem, wie die Staatsanwaltschaft die Ergebnisse bewertet. Seit langem gibt es auch Kritik an den sehr umfangreichen Ermittlungen. Wie es auch aus Ermittlerkreisen heißt, werden Verfahren dieser Art gegen Ausländer in der Regel schnell abgeschlossen – und häufig sogar wegen „Geringfügigkeit“ eingestellt. Dabei geben die Beschuldigten oft zu, falsche Angaben bei der Einreise gemacht zu haben.  

Verteidiger: Keine Zweifel an Bakery Jattas Identität

Bakery Jatta weist die Vorwürfe, die mit einem Bericht der „Sport Bild“ öffentlich wurden, seit Beginn der Affäre zurück. Sein Anwalt Thomas Bliwier hatte zudem auch die Anfertigung des Gutachtens durch die Uni Freiburg scharf kritisiert. „Die neuen Ermittlungen der Universität Freiburg kommen einem Eingeständnis der Staatsanwaltschaft gleich, dass der Durchsuchungsbeschluss für die Hausdurchsuchung durch ein juristisch unbrauchbares Gutachten erfolgte.“

Es gebe weiterhin keine glaubwürdigen Zweifel an der Echtheit von Jattas Ausweisdokumenten, betonte Bliwier mehrfach. Tatsächlich war die Echtheit der Papiere, die Jatta nach seiner Einreise vorlegte, von deutschen Behörden und dem Honorargeneralkonsulat Gambias in Köln bestätigt worden.

Gegengutachten über Bakery Jatta möglich

Der Anwalt von Bakery Jatta hat nun von der Staatsanwaltschaft eine Frist zur Stellungnahme bis Juni bekommen. Bliwier steht es dabei auch frei, ein eigenes Gutachten in Auftrag zu geben und die Analyse der Uni Freiburg in Zweifel zu ziehen.

Bakery Jatta wird voraussichtlich am Montagabend im Spiel des HSV gegen den 1. FC Nürnberg auf dem Platz stehen. Der Auftrag für das Gutachten war direkt vor dem Hinspiel öffentlich geworden. Zudem legte Nürnberg nach Beginn der Affäre als erster Verein eine Beschwerde gegen den damaligen HSV-Sieg ein, bei dem Jatta auf dem Platz gestanden hatte – zog diesen aber später zurück.