Hamburg. Warum Rick van Drongelen gehen musste. Jung kassiert eine Abfindung, dafür unterschreibt Muheim. Kommt auch Barcelonas Reis?
Am Dienstag liefen die Telefone von Vorstand Jonas Boldt und Sportdirektor Michael Mutzel heiß. Immer wieder gab es Transferabsprachen zu treffen und Details auszuhandeln – und es wurde an den offiziellen Kommuniqués gefeilt.
Am Ende zogen die beiden HSV-Manager eine positive Bilanz nach einem ereignisreichen Tag im Volkspark, an dessen Ende die Abgänge von Gideon Jung (26) und Rick van Drongelen (22) sowie die Leihe von St. Gallens Miro Muheim (23) feststanden – und das Interesse an Ludovit Reis (21) vom FC Barcelona konkreter wurde.
HSV überweist für Muheim 200.000 Euro
Den Anfang machte der bisherige Schweizer U-21-Nationalspieler Muheim, dessen Leihe um die Mittagszeit verkündet wurde. „Wir haben Miro schon lange beobachtet. Er ist ein Spieler, der viel Tempo mitbringt und auch als Linksverteidiger offensiv denkt“, sagte Mutzel erwartungsvoll über den neuen Mann, der Kapitän Tim Leibold Dampf machen soll, aber auch eine Position davor im Mittelfeld spielen kann. Ganz im Interesse des HSV ließ sich Muheim mit den Worten zitieren, in Hamburg „unbedingt den nächsten Schritt in meiner Entwicklung“ machen zu wollen.
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200.000 Euro überweist der HSV als Leihgebühr an den Schweizer Erstligisten FC St. Gallen, wo Muheim noch bis 2023 unter Vertrag steht. Gleichzeitig haben sich die Hamburger eine Kaufoption in Höhe von 1,5 Millionen Euro gesichert. Die Verkündung dieses bereits am Vortag ausgehandelten Deals wurde auf den Dienstag geschoben, weil am Montag noch letzte Details zu klären waren.
HSV findet Topverdiener Gideon Jung ab
Vor allem um finanzielle Details ging es schließlich in der nächsten Verhandlungsrunde mit Gideon Jung, dessen noch ein Jahr gültiger Vertrag rund drei Stunden später aufgelöst wurde. „Nach einer gemeinsamen Analyse ist die Entscheidung gereift, dass für seinen weiteren Weg eine Veränderung am besten ist“, sagte Mutzel.
Jungs Abgang wird ihm mit einer Abfindung im niedrigen sechsstelligen Bereich versüßt. Anders als Torhüter Sven Ulreich, der bei seiner Vertragsauflösung Anfang des Monats auf eine Abfindung verzichtete, macht Jung von diesem Recht Gebrauch.
Dank dieser Zahlung spart der HSV eine Menge Geld, denn Jung gehörte mit einem Jahresgehalt von etwas mehr als einer Million Euro zu den Topverdienern. Da es keine Anfragen anderer Vereine gab, der Defensivspieler in den Planungen des Clubs keine Rolle mehr spielte und eine Ablöse utopisch erschien, wurde der Vertrag nun aufgelöst.
Van Drongelen bedankt sich beim HSV
Etwas anders stellt sich die Situation bei Rick van Drongelen dar. Der bei den Fans beliebte Niederländer wurde zwei Stunden nach Jung vom HSV verabschiedet, nachdem er zuvor den Medizincheck in der Hauptstadt absolviert hatte. Trotz einer für ihn persönlich enttäuschenden Saison, in der er monatelang wegen eines Kreuzbandrisses und eines anschließenden Außenbandrisses im Sprunggelenk ausfiel, verbessert sich van Drongelen.
Der Innenverteidiger spielt künftig für Union Berlin in der Bundesliga. „Ich möchte mich bei allen HSVern für die vier gemeinsamen Jahre bedanken. Es war mir eine Ehre, die Raute zu tragen und vor diesen überragenden Fans zu spielen“, sagte van Drongelen gewohnt emotional. „Der HSV wird immer einen Platz in meinem Herzen haben.“
HSV macht Verlust mit van Drongelen
Nach Abendblatt-Informationen kassieren die Hamburger eine Ablöse von 500.000 Euro plus erfolgsabhängiger Bonuszahlungen für den Verteidiger, der 2017 für drei Millionen Euro von Sparta Rotterdam verpflichtet wurde.
Ähnlich wie Jung hätte van Drongelen beim HSV kaum Aussichten auf Einsatzzeit gehabt. Den Verantwortlichen missfielen die fußballerischen Schwächen, die Defizite im Kopfballspiel und die hektische, aber vor allem fehleranfällige Spielweise des Niederländers.
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Vor seinem Kreuzbandriss war van Drongelen unter Ex-Coach Dieter Hecking an nahezu jedem Gegentor beteiligt. Nach vier Jahren trennen sich die Wege nun. Sein Ersatz spielt bereits seit einem Jahr im Volkspark: Moritz Heyer ist künftig in der Innenverteidigung eingeplant.
HSV räumt Kader auf – mit klarem Ziel
Mit den Abgängen von Jung und van Drongelen räumt der HSV seinen Kader auf. Auch Jan Gyamerah und Khaled Narey sollen den Club zeitnah verlassen. Boldt und Mutzel verfolgen die Strategie, sich von den Spielern zu trennen, die in der Vergangenheit zu viele Negativerlebnisse beim HSV mitgemacht haben.
Durch diesen Schritt soll eine neue Leistungskultur entstehen, deren Fehlen Boldt bereits vor eineinhalb Monaten beklagt hatte. „Uns fehlt eine Leistungskultur und Mut, da gebe ich den Kritikern recht. Dieser Zustand ist über Jahre gewachsen“, sagte er Ende April.
HSV sucht Stürmer – kommt Barças Reis?
Einer, der für diese neue Ausrichtung stehen könnte, ist Barças zentraler Mittelfeldmann Ludovit Reis. Der niederländische U-21-Nationalspieler war in der abgelaufenen Saison an den VfL Osnabrück verliehen, besitzt bei Barcelona eine utopische 100-Millionen-Euro-Ausstiegsklausel und steht nun beim HSV auf dem Wunschzettel.
Dort war bislang auch der Name Serdar Dursun zu lesen. Doch der Stürmer von Darmstadt 98, der mit 27 Treffern Torschützenkönig der 2. Liga wurde, wechselt nun ablösefrei zum türkischen Spitzenclub Fenerbahce Istanbul.
Damit ist der HSV weiter auf der Suche nach einem Nachfolger für Simon Terodde. Boldt und Mutzel werden also auch am Mittwoch wieder zum Telefon greifen, um die Vakanz im Sturm zu beheben.
Während des Trainingslagers in Bayern testet der HSV am 30. Juni gegen den österreichischen Zweitligisten Wacker Innsbruck.