Hamburg. Mit Glatzel und Kaufmann hat Trainer Walter seinen Angriff komplett. 24-Tore-Mann Terodde kann aber nur das Kollektiv ersetzen.

Robert Glatzel gab eine ehrliche Antwort. Von Mikkel Kaufmann, dem einen neuen Stürmer des HSV, hatte der andere neue Stürmer des HSV bis vor Kurzem noch nichts gehört. „Er scheint aber ein guter Junge zu sein“, sagte Glatzel am Sonntag nach seiner zweiten Trainingseinheit im Volkspark über seinen neuen Mitspieler.

Am Sonnabend hatten Robert Glatzel (27) und Kaufmann (20) das erste Mal gemeinsam in Hamburg trainiert. Künftig könnten die beiden Angriffshünen – 1,93 (Glatzel) und 1,90 Meter (Kaufmann) groß – das neue Sturmduo im System von Trainer Tim Walter bilden.

Erst am Freitagabend hatte der HSV den Transfer des Dänen vom FC Kopenhagen offiziell vermeldet. Zwei Wochen vor dem Zweitligastart mit dem Topspiel beim FC Schalke 04 wird es nun wieder stürmisch beim HSV, nachdem Glatzel wegen einer Corona-Infektion auch erst am Sonnabend in Hamburg loslegen konnte.

So plant der HSV mit Glatzel und Kaufmann

Kaufmann und Glatzel haben zusammen mit Manuel Wintzheimer (22), Robin Meißner (21) und Bakery Jatta (23) den Auftrag, im Kollektiv den zum FC Schalke gewechselten Simon Terodde (33) zu ersetzen. Trotz der numerischen Überzahl ein schweres Unterfangen, wenn man allein auf die Zahlen guckt. 24-mal traf Terodde in der vergangenen Saison für den HSV, also doppelt so oft wie Glatzel (5), Kaufmann (1), Wintzheimer (3) und Meißner (3) in dieser Zeit zusammen. Jatta kam ebenfalls nur auf fünf Tore – allerdings als Flügelspieler.

In der neuen HSV-Saison, das ist eine der Lehren aus der vergangenen Spielzeit, soll die Verantwortung aber eben nicht mehr nur von einem Stürmer geschultert werden. Denn diese wurde für Terodde trotz seiner hohen Torausbeute in der Endphase der Saison spürbar zu groß.

HSV und die ewige Suche nach einem Stürmer

HSV-Coach Walter hat bereits angekündigt, im Sturm nicht mehr so leicht ausrechenbar sein zu wollen. In der Vorbereitung deutete sich an, dass er ein System mit zwei beweglichen Spitzen spielen lassen will. In diesem System sollen die Stürmer zudem deutlich aktiver gegen den Ball arbeiten, als es das mit einem Strafraumstürmer wie Terodde möglich war.

Auf Vergleiche mit seinem Vorgänger hat Glatzel ohnehin „keine Lust“. Er beschrieb sich am Sonntag entsprechend auch als deutlich anderen Stürmertyp als Terodde, dem er am Freitag kommender Woche auf Schalke gegenüberstehen wird. „Ich bin nicht der Ein-Kontakt-Stürmer. Ich bin gut vor dem Tor, will aber auch am Spiel teilnehmen und meine Mitspieler in Szene setzen“, sagt Glatzel, der vor zwei Wochen für eine Ablöse von einer Million Euro von Cardiff City kam, sich aber direkt nach seiner Vertragsunterschrift im Volkspark mit Corona infizierte.

Der HSV erhofft sich, mit dem früheren Heidenheimer endlich eine Kon­stanz auf der Position des Mittelstürmers zu finden. In den vergangenen Jahren suchte der Club aus verschiedenen Gründen vor jeder Saison einen neuen Angreifer. 2016 kam Bobby Wood, im Jahr danach André Hahn. 2018 kehrte Pierre-Michel Lasogga zurück, ein Jahr später ersetzte ihn Lukas Hinterseer. Der wurde bereits in der Winterpause von Joel Pohjanpalo abgelöst, ehe im Sommer dann Terodde kam.

HSV-Sturm mit Glatzel und Wintzheimer?

Zwei Mittelstürmer auf einen Schlag hat der HSV dagegen lange nicht verpflichtet. Beim jungen Kaufmann ist die Erwartung zunächst aber geringer. Am Sonntag verpasste er bereits an seinem zweiten Tag das Training aufgrund einer Prellung. Glatzel soll dem HSV dagegen schon auf Schalke helfen. Stand jetzt würde er wohl an der Seite von Wintzheimer stürmen, der wie vor einem Jahr eine starke Vorbereitung spielt und noch keine Trainingseinheit verpasste.

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Glatzel dagegen hat nach seiner Quarantäne noch Fitnessrückstände, wie er selbst sagt. Zu Hause in München konnte er nur auf dem Ergometer trainieren. Wo sich der 27-Jährige infizierte, kann er sich bis heute nicht erklären. Der Start beim HSV hätte jedenfalls kaum schlechter laufen können. „Es war ein richtiger Schock für mich, wie ein schlechter Scherz. Ein Schlag ins Gesicht.“ Die Corona-Infektion verlief zwar milde, doch das Trainingslager in Grassau, nur eine Stunde von seiner Heimat München entfernt, verpasste Glatzel.

Seine neue fußballerische Heimat wird künftig das Volksparkstadion sein. Wie sich die HSV-Arena mit Fans anfühlt, erlebte er vor drei Jahren. Damals traf Glatzel beim 2:3 seines FC Heidenheim zum Endstand, nachdem Lasogga die FC-Führung als Joker innerhalb von neun Minuten mit einem Hattrick drehte. „Das war ein geiles Erlebnis. Die Begeisterung der Zuschauer hat uns überrumpelt. Es war Wahnsinn, die Wucht der Fans zu erleben“, erinnert er sich.

HSV-Sturm um Glatzel soll nicht nur Tore schießen

Künftig soll Glatzel Wucht in den Sturm des HSV bringen. Zusammen mit den drei Jungstürmern Wintzheimer, Meißner und Kaufmann – und Jatta. Vom Dänen Kaufmann erhofft sich die sportliche Leitung zusätzliche Dynamik. „Mikkel ist ein physisch starker Mentalitätsspieler. Sein aggressives Anlaufverhalten wird uns auch im Spiel gegen den Ball bereichern“, sagte Sportdirektor Michael Mutzel und bestätigte damit, dass auch Kaufmann nicht allein an Toren gemessen wird.

In der vergangenen Saison war der HSV – auch dank Terodde – das torgefährlichste Team der Liga. Für den Aufstieg hat es trotzdem nicht gereicht. Niemand hätte im Volkspark etwas dagegen, wenn es diesmal andersherum läuft.