Hamburg. Zweitligist dürfte Volkspark komplett ausverkaufen – wenn er nur Geimpfte und Genesene einlässt. Was das für das Nürnberg-Spiel heißt.

  • HSV von 2G-Lockerung überrascht
  • Verhandlungen über 3G-Aufstockung laufen noch
  • Keine Vollauslastung beim Nürnberg-Spiel

Mit dieser Nachricht hätte beim HSV am Dienstag nun wirklich niemand gerechnet: Als Julia Offen um kurz vor 13 Uhr in der Landespressekonferenz die Entscheidung des Hamburger Senats bekannt gab, die Kapazitätsgrenze bei Sportveranstaltungen im Rahmen des 2G-Modells vollständig aufzuheben, beschäftigten sich die Verantwortlichen des Fußball-Zweitligisten im Hintergrund noch mit dem Kampf um die Erlaubnis, die angestrebten 25.000 Zuschauer bei Heimspielen zu erwirken.

Nun winkt dem HSV – ebenso wie dem FC St. Pauli mit dem Millerntor-Stadion – aber tatsächlich die vollständige Auslastung des Volksparkstadions mit dann 57.000 Zuschauern. Auf das nächste Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg am Sonntag (13.30 Uhr/im Liveticker auf abendblatt.de) hat die Lockerung allerdings noch keine Auswirkung – obwohl die neuen Regeln, bei denen Maskenpflicht und Abstandsgebot wegfallen, schon am Sonnabend in Kraft treten.

Singen und Anfeuern ohne Maske – dieser Traum könnte für HSV-Fans bei Umstellung auf ein 2G-Konzept nun wahr werden.
Singen und Anfeuern ohne Maske – dieser Traum könnte für HSV-Fans bei Umstellung auf ein 2G-Konzept nun wahr werden. © Witters | Unbekannt

HSV kämpfte noch um 25.000 Zuschauer

Gültigkeit haben diese Regelungen allerdings ausnahmslos für Veranstalter, die das 2G-Modell praktizieren, also ausschließlich geimpften oder vollständig genesenen Personen Zutritt gewähren. Das ist für den HSV noch der Knackpunkt: Denn anders als beim Stadtrivalen St. Pauli sind die Heimspiele im Volkspark noch immer auf 3G-Basis konzipiert. Dies bedeutet, dass für den Ticketkauf auch ein negativer Corona-Test akzeptiert wird – und dadurch die Zuschauerzahl für den HSV bislang auf 19.950 gedeckelt war.

Diese Größenordnung hatte die Innenbehörde dem HSV am 9. September zugesagt, nachdem die Clubverantwortlichen am 6. September Widerspruch gegen die bisherige Genehmigung von „nur“ 17.950 Zuschauern eingelegt hatten. Zwei Forderungen hatten Daniel Nolte, Leiter Organisation und Infrastruktur beim HSV, und Prokurist Philipp Winter den Behörden zuvor schriftlich mitgeteilt. Erstens: die Zulassung von 25.000 Fans oder alternativ den gleichen Prozentsatz wie der FC St. Pauli vor seiner Umstellung auf das 2G-Modell. Und zweitens: Alkoholausschank im gesamten Stadion, alternativ ein limitierter Ausschank zumindest in den VIP-Bereichen.

HSV ringt mit der Stadt um die Auslastung

Die Antwort kam prompt. In dem Änderungsbescheid, der dem HSV drei Tage später zugesendet wurde, hieß es, dass man nur der Forderung nach dem gleichen Prozentsatz wie St. Pauli, nämlich einer Auslastung von bis zu 35 Prozent, stattgeben würde. Nicht genehmigt wurde das kühle Blonde. „Der Ausschank von Alkohol bleibt weiterhin im gesamten Stadionbereich untersagt. Grund hierfür ist (…), dass bei 3G weiterhin die Abstandsregel gilt“, hieß es in der kurzen Begründung. Das Einhalten der Abstandsregel könnte allerdings durch den Ausschank von Alkohol gefährdet sein.

So weit, so schlecht. Bislang hieß es mehrfach, dass der HSV noch immer auf die Antwort der Stadt warten würde. Dies ist falsch. Richtig ist allerdings, dass die Innenbehörde dem HSV zugesichert hatte, noch eine ausführlichere Begründung nachzureichen. Der Hintergrund: Gegen diese könnte der HSV dann erneut Widerruf einlegen. Nach Abendblatt-Informationen arbeiten aktuell die Juristen der Stadt an dem Schreiben, das dem HSV noch bis zum Ende der Woche zugeschickt werden soll.

HSV schaltet Tschentschers Büro ein

Im Volkspark hatte man allerdings bis zur Senatsentscheidung über die Änderung am 2G-Modell am Dienstag immer noch eine Rest-Hoffnung, dass bereits vor dem Spiel gegen Nürnberg Bewegung in den Streit um die zugelassene Kapazität kommt. Das Kalkül: Da sich die Stadt festgelegt hat, beim in Hamburg ausgetragenen WM-Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Rumänien am 8. Oktober genauso viele (beziehungsweise wenige) Fans zuzulassen wie beim letzten HSV-Heimspiel davor, wäre in dieser Woche die letzte Möglichkeit, das Kontingent noch einmal zu erhöhen.

Der mehrfache Hinweis der Stadt, dass der HSV nur mit einer Erhöhung der Zuschauerkapazität rechnen könne, wenn er analog zum FC St. Pauli 2G umsetze, wollte man im Volkspark bislang aus verschiedenen Gründen nicht akzeptieren. So erfuhr das Abendblatt, dass inzwischen sogar das Büro von Bürgermeister Peter Tschentscher eingeschaltet wurde, um zwischen den Parteien zu vermitteln.

HSV hält 2G im Volkspark für nicht umsetzbar

Die Sichtweise des HSV: Durch die Größe des Stadions (und des Umlaufs) könne man problemlos 25.000 Zuschauer, die bundesweit als Höchstgrenze bei 3G zugelassen sind, im Schachbrettmuster unterbekommen. 2G, wie es von der Innenbehörde mit dem Verweis auf den FC St. Pauli gefordert wurde, sei im Volksparkstadion schon deswegen schwer umsetzbar, weil der HSV mit knapp 500 deutlich mehr Ordner pro Heimspiel als St. Pauli bräuchte – und man bei diesen arbeitsrechtlich nicht den 2G-Status einfordern könne.

Wörtlich heißt es im letzten Widerruf des HSV: „Sollte die Behörde für Inneres in diesem Zusammenhang auf den Standpunkt stellen, dass mit der 2G-Option ein Weg zu einer weiteren Lockerung bereits aufgezeigt ist, dann möchten wir betonen, dass dieser Weg für den HSV derzeit nicht gangbar ist.“

Vollauslastung bei 2G: FC St. Pauli spricht von "tollem Zeichen"

Ein Szenario wie am vergangenen Wochenende am Millerntor, als es bei der 2G-Überprüfung der Zuschauer durch den 2G-bedingten reduzierten Ordnungsdienst zu langen Schlangen kam und zahlreiche Fans den Anpfiff von St. Paulis Heimspiel gegen den FC Ingolstadt verpassten, will man im Volkspark unter allen Umständen verhindern.

Auch der FC St. Pauli prüft nun eine mögliche weitere Aufstockung. Ob diese möglich sein wird, dürfte aber auch von der Kapazität der Ordnungskräfte abhängen. Fest steht vor dem Heimspiel der Kiezkicker gegen Dresden am Sonntag (13.30 Uhr) allerdings bereits, dass die Nordtribüne wieder geöffnet wird. Wie viele Zuschauer genau zugelassen werden, werde man "zeitnah auf unseren Kanälen mitteilen", hieß es am Dienstagnachmittag vom FC St. Pauli, der die Entscheidung des Senats als "tolles Zeichen" bewertete.

DFB übernahm Konzepte vom HSV

Ernsthaft mit der Umsetzung von 2G wollten sich die HSV-Verantwortlichen erst dann beschäftigen, wenn die Stadt eine deutliche Erhöhung der Zuschauerkapazität weit über die bundesweit zugelassenen 25.000 in Aussicht stellt. Damit hatte aber bis zuletzt so kurzfristig niemand gerechnet – weder beim HSV noch bei der Stadt und auch nicht beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Am Dienstag haben sich die Vorzeichen nun also geändert.

Nach Abendblatt-Informationen hatte der DFB Anfang dieser Woche der Innenbehörde Hamburgs den offiziellen Zuschauer-Antrag zukommen lassen. Der Hintergrund für den späten Zeitpunkt: Bis zuletzt hatten die Verantwortlichen des DFB gehofft, dass sich Stadt und HSV früher annähern. Da dies nicht passiert ist, hat der DFB nun Gesundheits- und Sicherheitskonzept des HSV übernommen – und ebenfalls um eine Kapazitätserhöhung auf 25.000 Zuschauer gebeten.

HSV erteilt schnellem Umlenken auf 2G Absage

 Da die Antwort noch aussteht, soll der offizielle Verkaufsstart für das Länderspiel erst in der kommenden Woche losgehen. Im besten Fall kommt es nun doch vor dem HSV-Heimspiel gegen Nürnberg zu einem halben 3G-Einlenken der Stadt mit einer Erhöhung auf 25.000.

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Eine schnelle Umstellung des HSV auf das 2G-Modell bleibt hingegen Wunschdenken. Am Mittwochabend gab der Verein bekannt, dass es "für das Heimduell gegen die Franken" noch beim 3G-Modell bleiben wird. Die "Vollauslastung des Volksparkstadions unter 2G-Regeln ist für die Partie am Sonntag nicht umsetzbar".

Gegen Nürnberg nur mit 3G: Verweis auf Vorverkauf

Als problematisch galt für eine kurzfristige Umstellung unter anderem, dass der Vorverkauf für die Partie unter 3G-Bedingungen bereits begonnen hat. Von den so 19.950 möglichen Tickets waren bis Dienstagmittag gut 16.500 verkauft. Eine Schwierigkeit wäre, dass Personen, die weder geimpft noch genesen sind, die Karten theoretisch zurückgeben müssten.

„Auch der Veranstalter hat noch die Pflicht, ein Hygienekonzept zu erstellen“, betonte Senatssprecherin Offen am Dienstag. Und auch bei 2G-Veranstaltungen müssten alle Besucher nach wie vor ihre Kontaktdaten hinterlassen.

HSV will prüft schnelle 2G-Umsetzung

Positive Nachrichten gäbe es im 2G-Szenario allerdings für den Fan-Nachwuchs. Offen: „Ungeimpfte Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren erhalten indes weiter die Möglichkeit, an solchen 2G-Veranstaltungen teilzunehmen.“ Die überarbeitete Corona-Änderungsverordnung ist vorerst auf vier Wochen bis zum 23. Oktober angelegt.

Beim übernächsten Heimspiel des HSV gegen Fortuna Düsseldorf am Sonnabendabend, den 16. Oktober, könnte der Volkspark dann tatsächlich erstmals wieder (theoretisch) bis auf den letzten Platz gefüllt werden. Nach Abendblatt-Informationen setzt der HSV nun alle Hebel in Bewegung, um dieses Ziel zu erreichen. Am Abend hieß es, die Gespräche für dieses Spiel hätten bereits begonnen.

„Wenn das Stadion voll ist, ist es immer gut. Wenn wir 57.000 Fans wieder hier drin haben, ist das ein geiles Gefühl“, sagte HSV-Trainer Tim Walter am Dienstag in einer ersten Reaktion über die Aussichten nach der Senatsentscheidung.