Hamburg. Handball-Bundesligist fährt in der Hamburger Barclays Arena hohe Verluste ein. Jetzt prüft der HSVH Schadensersatzforderungen.

Auch am Montagvormittag musste Sebastian Frecke wieder einmal erkennen, dass das Wunder ausgeblieben war. Mickrige 1100 Tickets waren da für das Zweitrundenspiel im DHB-Pokal gegen die Füchse Berlin verkauft. „Pokalspiele lassen sich schlechter verkaufen als normale Ligaspiele. Zufrieden ist man bei Verkaufszahlen unter 2000 aber auf keinen Fall“, sagt der Geschäftsführer des HSV Hamburg (HSVH) vor dem Spiel in der Barclays Arena an diesem Mittwoch (19.05 Uhr/Sky).

Läuft es gut, kommen am Ende 1300 Fans in die Arena am Volkspark – gerade einmal zehn Prozent der maximal möglichen Auslastung. Es wird das vierte Heimspiel in Folge, bei dem der HSVH einen Verlust erwirtschaftet. Für einen Handballverein – der anders als Fußball-Proficlubs nicht von Fernsehgeldern, sondern von Sponsoren und eben Ticketverkäufen lebt – ein ziemliches Drama.

Handball: HSVH musste bei Spielen draufzahlen

 „Bei den ersten Spielen mussten wir draufzahlen. Das kann man nicht die ganze Saison machen.“, sagt Frecke. „Die Fans, die da waren, fanden es aber großartig. Auch aus sportlicher Sicht gibt es keinen Grund, nicht zu uns zu kommen.“ Ein Blick auf die nackten Zahlen lässt die Sorgenfalten des HSVH-Geschäftsführers jedoch tiefer werden.

Da die Sporthalle Hamburg (Kapazität 3570 Zuschauer) wegen Mängeln an der Dachkonstruktion noch bis zum Heimspiel am 17. Oktober gegen GWD Minden gesperrt ist, muss der Bundesligaaufsteiger seine Partien vorerst in der Barclays Arena (13.000 Zuschauer) austragen. Während Heimspiele in der kleinen Halle in Alsterdorf Kosten von jeweils rund 25.000 Euro verursachen, kostet die Barclays Arena inklusive aller Dienstleistungen und bedingt durch die Corona-Pandemie 30 zusätzlich benötigten Ordner mit etwa 75.000 Euro pro Spiel dreimal so viel.

Sporthalle Hamburg stand nicht zur Verfügung

„Mit den Zuschauerzahlen der ersten drei Heimspiele hätten wir in der Sporthalle Hamburg ein gutes Event gehabt. Die Halle stand uns aber aus den bekannten Gründen nicht zur Verfügung“, sagt Frecke. Zum Saisonauftakt gegen Frisch Auf Göppingen kamen 2820 Menschen in die Arena. Gegen die Rhein-Neckar Löwen waren es 3067, gegen die HSG Wetzlar 2860. Insgesamt passen 6500 Menschen in den Unterrang der Barclays Arena.

Für das Topspiel gegen die SG Flensburg-Handewitt am Sonntag (16 Uhr/Sky) konnte der HSVH immerhin bereits rund 5000 Tickets verkaufen. Obwohl der Aufsteiger mit drei Siegen aus den ersten sechs Partien und Platz fünf einen sportlich beeindruckenden Saisonstart hingelegt hat, scheinen die früheren Bundesligazeiten, als regelmäßig über 10.000 Handballfans in die große Arena pilgerten, vorbei zu sein. „Mit 5000 Zuschauern sind wir zufrieden. Es wäre top, wenn der Unterrang ausverkauft wäre“, sagt Frecke. Wäre.

Barclays Arena: Kosten erst bei 4500 Zuschauern gedeckt

Das Problem: Erst ab einem Wert von 4500 Zuschauern kann der Verein die Barclays Arena kostendeckend nutzen. In der Sporthalle Hamburg reichen hingegen bereits die rund 1800 verkauften Dauerkarten aus, um keinen Verlust zu machen. „Grundsätzlich freue ich mich über jedes Heimspiel, das wir haben. Rein wirtschaftlich gesehen freue ich mich, wenn wir wieder in der Sporthalle Hamburg spielen“, sagt Frecke.

Die Gründe für das fehlende Interesse der Menschen können vielschichtig sein, glaubt der Geschäftsführer. „Einerseits sind es die persönlichen Einbußen, die die Leute in der Corona-Pandemie hatten. Da sitzt das Geld für ein Ticket eventuell nicht mehr so locker wie vorher“, sagt er. Andererseits könnten auch die kurzfristig genehmigten Zuschauerkapazitäten, eine Entwöhnung vom Live-Sporterlebnis oder die (unberechtigte) Sorge vor komplizierten Einlassverfahren für die Zurückhaltung der Fans sorgen.

Gestiegene Ticketpreise könnten abschrecken

Sportstaatsrat Christoph Holstein verfolgt diese Zurückhaltung bereits „seit einer ganzen Weile“. „Ich glaube aber, dass es eine Sache der Gewöhnung ist. Je mehr die Impfquote steigt und wir zum normalen Leben zurückkehren, desto mehr Leute gehen auch wieder zu den Sportveranstaltungen“, sagt Holstein.

Auch die gestiegenen Ticketpreise – nicht ermäßigte Tickets für Spiele in der Barclays Arena kosten zwischen 23,50 und 50 Euro – könnten manche Fans abschrecken. „Die Zeiten von subventionierten Tickets sind vorbei“, entgegnet Frecke und meint dabei die fetten Jahre bis Ende 2015, als der HSV Handball dank finanzieller Zuwendungen von Präsident und Mäzen Andreas Rudolph einen größeren Spielraum bei der Ticketpreisgestaltung hatte.

HSVH prüft Schadensersatzforderungen

 „Die Barclays Arena ist halt eine der größten Arenen Europas mit einem entsprechenden Kostenvolumen“, erklärt Frecke. In der Sporthalle Hamburg kosten die Karten der Kategorie eins hingegen nur rund 30 Euro.

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Wenn Frecke spricht, lässt er bereits durchklingen, dass der HSVH die Verluste nicht einfach hinnehmen wird. Da der Verein mit dem Bezirksamt Nord einen noch bis kommenden Sommer laufenden Mietvertrag für die Sporthalle Hamburg besitzt, diese aber seit Mitte April gesperrt ist, prüft er nun Schadensersatzforderungen. „Wir werden aufarbeiten müssen, wie groß der Verlust bei den ersten drei Heimspielen war, weil wir nicht in der Sporthalle spielen konnten. Wirtschaftlich sind wir verpflichtet, das zu prüfen“, erklärt Frecke.

Handball: HSVH muss sich an Bezirk Nord wenden

Die Rechnung wäre denkbar einfach. Für die ersten drei Saisonspiele hätte der Verein in der Sporthalle Hamburg unter den geltenden Corona-Vorschriften mit einer 50-prozentigen Auslastung kalkuliert. Diese Auslastung würde durch die 1800 Dauerkarteninhaber erreicht werden – ein Nullgeschäft.

Dem gegenüber würde der HSVH die Mehrkosten stellen, die durch die erzwungene Nutzung der Barclays Arena entstanden sind – nach Abendblatt-Informationen handelt es sich dabei pro Spiel um Summen zwischen 20.000 und 30.000 Euro. Sportstaatsrat Holstein sieht die Zuständigkeit für derartige Anliegen nicht beim Sportamt oder der Finanzbehörde: „Der konkrete Ansprechpartner für den Verein wäre der Bezirk Nord als Vermieter.“