Hamburg. BHC: „Zweifelhaft“, ob Hamburgs Bundesligahandballer die wirtschaftlichen Kriterien für die Lizenz erfüllen. Stehen Gehälter aus?

Die vier Absätze, die der Bergische HC am Donnerstag mit der Überschrift „Stellungnahme Lizenz“ auf seiner Internetseite veröffentlichte, hatten es in sich. Der abstiegsbedrohte Handball-Bundesligist startete wenige Stunden vor dem sportlichen Aufeinandertreffen mit dem HSV Hamburg (HSVH), das die Hamburger mit 32:30 (15:18) für sich entschieden, einen beispiellosen Frontalangriff. Hintergrund sind die finanziellen Nachbesserungen, die der HSVH im Zuge der Lizenzierung für die kommende Saison vornehmen musste.

„Die Clubs stehen in der HBL im sportlichen und wirtschaftlichen Wettbewerb. Der Ligaverband hat sich dafür eindeutige Regeln gegeben: Mitspielen darf nur, wer nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich leistungsfähig ist. Die Integrität des sportlichen Wettbewerbs verlangt, dass auch die wirtschaftlichen Anforderungen von allen Clubs gleichermaßen erfüllt werden“, heißt es im Statement des BHC. „Nach den allseits einsehbaren öffentlichen Informationen ist mehr als zweifelhaft, ob der HSV Hamburg die wirtschaftlichen Kriterien in dieser Saison erfüllt hat und zukünftig erfüllen kann.“ Damit werde ein fairer Konkurrenzkampf infrage gestellt.

Handball: BHC mit Frontalangriff gegen HBL und HSVH

Es ist ein schwerwiegender Vorwurf in Richtung der Handball-Bundesliga (HBL) und des HSVH. Die HBL hatte beim HSVH die Zeitpunkte des Inkrafttretens einzelner Investoren- und Sponsorenleistungen beanstandet, der Verein die Verträge in den vergangenen zwei Wochen daraufhin angepasst und erneut unterschreiben lassen.

Eine Entscheidung wird bis 12 Uhr an diesem Freitag erwartet. „Alle Unterlagen sind fristgerecht eingereicht, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, betonte HSVH-Geschäftsführer Frecke am Donnerstagabend erneut.

BHC kämpft um den Klassenerhalt

Der BHC, derzeit Tabellenvorletzter mit drei Punkten Rückstand, würde von einem Lizenzentzug des HSVH profitieren. Sollte sich der Club nicht sportlich in der Liga halten können, wäre dies der einzige Weg, doch noch die Klasse zu halten.

Insbesondere die potenten BHC-Sponsoren sollen in den vergangenen Wochen Druck gemacht haben. Nach Abendblatt-Informationen zahlen allein die Stadt Düsseldorf und der Rüstungskonzern Rheinmetall rund 700.000 Euro pro Saison an den BHC. Dieses Engagement würde in der Zweiten Liga keinen Sinn mehr ergeben.

HBL lehnte BHC-Anfrage bezüglich Unterlagen-Einsicht ab

Vor diesem Hintergrund teilte der BHC weiter mit, dass man am 19. April „bei der HBL Auskunft über die Vorgänge rund um die Lizenz des HSV Hamburg beantragt“ habe, dies aber abgelehnt worden sei. Und weiter: „Der Bergische HC sah sich daher am 30. April 2024 gezwungen, mit ausdrücklicher Unterstützung weiterer Clubs seinen Antrag vor Gericht gegen den Ligaverband weiterzuverfolgen.“ Mit anderen Worten: BHC-Gründer und -Gesellschafter Jörg Föste (63) macht bei der seit einigen Wochen im Raum stehenden Klage tatsächlich ernst. Nach Abendblatt-Informationen wurde die Klage bereits eingereicht.

Darüber hinaus sei es im Interesse der gesamten Liga, die wirtschaftliche Lage des HSVH so transparent wie möglich aufzuklären. „Das Lizenzierungsverfahren darf der Professionalität der HBL in anderen Geschäftsbereichen nicht nachstehen“, heißt es abschließend vom Club. „Ich finde es legitim, wenn Kollegen alles Mögliche versuchen in Sachen Einspruch. Ich finde es aber ein bisschen schade, dass man uns als Beispiel dafür nimmt, weil wir uns nichts zu Schulden haben kommen lassen“, sagte Frecke.

HBL weist Vorwürfe zurück

Auch die HBL reagierte auf die schweren Vorwürfe. Die Lizenzierungskommission halte sich „vollumfänglich an die Vorgaben und Verfahrensabläufe der HBL-Satzung sowie der Lizenzierungsordnung nebst Richtlinien“, heißt es. Der Antrag des BHC auf Einsicht der HSVH-Lizenzunterlagen der Spielzeiten 2023/24 und 2024/25 sei rechtsmäßig abgewiesen worden.

„Die Entscheidung der Abweisung des Antrags auf Einsichtnahme in die Lizenzunterlagen des Ligakonkurrenten Handball Sport Verein Hamburg fußt auf § 13 Ziffer 7 der Ordnung zur Lizenzierung nebst Richtlinien (LZO). Dieser verpflichtet Ligaverband und HBL GmbH, sämtliche während des Lizenzierungsverfahrens von den Lizenzbewerben erhaltene Informationen streng vertraulich zu behandeln und diese weder direkt noch indirekt Dritten offenzulegen“, teilt die HBL mit.

Mehr zum Thema

Diese Geheimhaltung sei grundlegend für das gesamte Lizenzierungssystem und beuge einer Ausforschung von Ligakonkurrenten vor. Zudem würden „Integrität und Stabilität“ des Systems gesichert. Abschließend heißt es vom Ligaverband: „Der Ablauf des gesamten Lizenzierungsverfahrens ist klar definiert, streng standardisiert und stellt die Basis des organisierten Wettbewerbes der Handball-Bundesligen sicher.“

HSVH-Geschäftsführer Frecke reagierte gefasst auf die Vorwürfe des BHC. „Die Kritik des BHC richtet sich aus meiner Sicht vor allem an die HBL, die bereits darauf reagiert hat“, sagte Frecke auf Abendblatt-Nachfrage. Weitere Antworten wollen die Hamburger am Donnerstagabend auf dem Spielfeld der Sporthalle Hamburg geben.

HSVH lag zwischenzeitlich mit sechs Toren zurück

Das funktionierte zunächst nicht. Nach guter Anfangsphase mit mehreren Paraden von Torwart Johannes Bitter (insgesamt 13) führten die Gastgeber schnell 3:0 (4. Minute), machten danach aber vorn und hinten zu viele Fehler. In der hitzigen Atmosphäre – bereits beim Einlaufen wurden die BHC-Profis ausgepfiffen – fehlte dem HSVH die Abstimmung. Kapitän Niklas Weller sah in der 21. Minute Rot, nachdem er Grega Krecic in den Wurfarm gegriffen hatte.

Sieben Minuten später war auch auf der Gegenseite für Frederik Ladefoged Schluss, weil er HSVH-Spielmacher Leif Tissier im Gesicht getroffen hatte. Nach zwischenzeitlichem Sechstorerückstand (10:16) kämpften sich die Hamburger, bei denen Linksaußen Casper Mortensen sieben Tore warf, zurück, behielten auch in der Schlussphase vor 2877 Fans die Nerven. Es war die sportliche Reaktion auf die BHC-Klage.

Jansen spricht von ausstehenden Gehälter

Ob der HSVH auch in Sachen Lizenz jubeln darf, zeigt sich an diesem Freitag. „Wir haben heute die sportliche Antwort gegeben. Alles andere juckt mich wenig“, sagte Cheftrainer Torsten Jansen. „Ich gehe davon aus, dass wir die Lizenz erhalten. Wenn da Gehälter ausstehen, dies in den Medien steht, lesen das auch die Spieler. Natürlich macht man sich da Gedanken. Umso erstaunlicher, dass wir so eine Charakterleistung gezeigt haben.“ Laut Frecke stehen jedoch keine Gehälter aus.