Hamburg. Lizenz für Hamburger Bundesligahandballer akut in Gefahr. Club muss jetzt Sponsorenverträge anpassen. Wie jetzt der Plan ist.
Als Sebastian Frecke am Donnerstagabend auf seinem Handy seine Sprachnachrichten abhörte, war der Geschäftsführer der HSM Handball Sport Management und Marketing GmbH dann doch beruhigt, dass der HSV Hamburg (HSVH) weiter als zahlungsfähiger Bundesligaclub wahrgenommen wird. Ein Spielerberater hatte dem Verein einen seiner Klienten für die Saison 2024/25 angeboten. Dabei steht bisher gar nicht fest, ob die Hamburger auch in der nächsten Spielzeit erstklassig werfen dürfen.
Die Handball-Bundesliga (HBL) hatte dem HSVH am Mittwoch zwar die Lizenz erteilt, daran aber Bedingungen geknüpft, die bis zum 3. Mai um 12 Uhr zu erfüllen sind (Abendblatt berichtete). Andernfalls droht die Rückstufung in die 2. Liga. Im Gegensatz zu Auflagen gibt es bei Bedingungen keine aufschiebende Wirkung.
HSV Hamburg: Bis zum 3. Mai braucht die Bundesliga neue Verträge
Der Club hatte im engen Austausch mit der HBL und der Lizenzierungskommission bis zum Zeitpunkt der Entscheidung in dieser Woche versucht, allen Anforderungen gerecht zu werden. Die HBL sieht jetzt jedoch Probleme mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einiger Sponsoren- und Investorenverträge. Weil ein Teil der Gelder dem Verein erst im Laufe der Saison zur Verfügung stünde, könnte es nach Einschätzung der Wirtschaftsprüfer im zweiten Halbjahr 2024 beim HSVH rechnerisch zu Liquiditätsengpässen kommen.
„Der Liquiditätsverlauf ist nachzuarbeiten und zeitlich anders darzustellen“, sagt Clubpräsident Marc Evermann. Über die Höhe des nächsten Etats schweigt der Verein. Er dürfte nach Abendblatt-Informationen um die sechs Millionen Euro liegen, das wären etwa 500.000 Euro mehr als in der laufenden Saison.
Weniger als zehn von 260 Verträgen müssen angepasst werden
Der HSV Hamburg hat für die nächste Spielzeit rund 260 Verträge mit Investoren, Sponsoren und Partnern abgeschlossen, eine einstellige Zahl an Vereinbarungen müssen nun wohl anders aufgesetzt werden. Alle betroffenen Personen und Unternehmen seien informiert und hätten der Neugestaltung zugestimmt, sagt Frecke: „Ich rechne mit Anwaltskosten von weniger als 1000 Euro.“ Das zeige die Dimension des zeitlichen Aufwands, um die benötigen Anpassungen darzustellen.
Schon während des seit März laufenden Lizenzierungsverfahrens hatten drei Geldgeber des HSVH, die Aktiva Hansa Beratung im Gesundheitswesen GmbH, das langjährige Präsidiumsmitglied Sven Hielscher und Präsident Evermann, ihre bisherige finanzielle Unterstützung in Anteile der Betriebsgesellschaft umgewandelt, damit deren Eigenkapital erhöht. Auch das war eine Forderung der HBL.
Das Trio hält jetzt 5,25 Prozent an der Handball-Gesellschaft. Bis zu 24,9 Prozent will diese an Dritte veräußern. Nach Abendblatt-Informationen stehen weitere Unternehmen und Unternehmer bereit, die zusammen einen kleineren Millionenbetrag in den Bundesligaclub investieren wollen. Die Verträge sollen bereits unterschrieben sein.
HSV Hamburg startete vor acht Jahren unter schwierigen Bedingungen
Schon beim Neustart im Frühjahr 2016 in der viertklassigen Oberliga Hamburg-Schleswig-Holstein war der HSV Hamburg ins Risiko gegangen, hatte auf der Geschäftsstelle und in der Nachwuchsarbeit professionelle Strukturen in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld geschaffen.
In den Corona-Jahren 2020 bis 2023 waren die Einnahmemöglichkeiten (Zuschauer, Sponsoren, Merchandising) erheblich eingeschränkt, angemessene Hilfen blieben aus, weil das Bundesverwaltungsamt (BVA) in Köln keine Regelungen für Aufsteiger vorsah, den HSVH auch nach seinem Klassensprung 2021 bei der Entschädigung für entgangene Eintrittsgelder als Zweitligist einstufte. Der Klage des Vereins wurde im Februar abgewiesen. Der HSVH hatte Ticketkompensationen von 651.000 Euro gefordert. In der vergangenen Saison musste die Mannschaft zudem neunmal in der weit teuereren Barclays Arena spielen, weil die Sporthalle Hamburg instandgesetzt wurde.
Hamburger Handballer hatten bisher keine Probleme bei der Lizenzierung
Trotz aller Herausforderungen stand der HSV Hamburg in den vergangenen Jahren bei der Lizenzierung nie vor Problemen. Geschäftsführer Frecke genießt in der Handballszene große Wertschätzung. Dass der Verein nun im formalen Bereich nachbessern muss, mag dem Umstand geschuldet sein, dass sich die Liga bei der Vergabe ihrer Spielgenehmigungen nicht angreifbar machen will. Im Abstiegskampf befindliche Vereine hoffen immer wieder auf den einen oder anderen Lizenzentzug, um das sportlich verfehlte Klassenziel auf diesem Weg zu erreichen.
„Sobald irgendetwas für die Lizenzierungskommission nicht ganz klar ist, muss dem nachgegangen werden. Das zeigt in meinen Augen nur, wie professionell die Liga aufgestellt ist, um etwaige Unsicherheiten aus dem Weg zu räumen und aufzuklären“, sagt Frecke.
HSV Hamburg: Letzte Chance nach dem 3. Mai wäre der Rechtsweg
Sollte der HSVH wider Erwarten die Lizenz nach dem 3. Mai nicht erhalten, kann er den Rechtsweg einschlagen. Der erste Schritt wäre eine Beschwerde beim HBL-Präsidium. Der scheint nur sinnvoll, hätte die Liga bei der Bewertung der Lizenzunterlagen formale Fehler gemacht. Die Erfolgsaussichten wären gering. Danach könnte der Club das HBL-Schiedsgericht anrufen. Dort urteilen drei Richter – noch in der laufenden Saison. „Dazu wird es nicht kommen“, sagt Frecke.
Zunächst ist die Mannschaft von Cheftrainer Torsten Jansen, derzeit Tabellenneunter, sportlich gefordert. Gegen den Sechsten VfL Gummersbach soll am Sonntag (15 Uhr, Sporthalle Hamburg) die jüngste Erfolgsserie mit fünf Siegen und einem Unentschieden gegen Meister THW Kiel fortgesetzt werden. Ob der Däne Jacob Lassen erstmals nach seiner langwierigen Knieverletzung in den Kader zurückkehrt, will Jansen am Sonnabend nach dem Abschlusstraining entscheiden.