Hamburg. Hamburgs Bundesligahandballer verabschieden sich nach dem 29:22 endgültig aus dem Abstiegskampf. Mortensen hatte besonderes Geschenk.
Casper Mortensen hatte sich etwas vorgenommen. Auf den neuen bunten Schuhen des Linksaußen prangte der Schriftzug „Women in Power“ – als Zeichen der Wertschätzung gegenüber seiner Ehefrau Stine und Mutter Helle. „Meine Mutter hat heute Geburtstag, meine Frau hatte gestern Geburtstag. Deshalb habe ich die Schuhe heute für sie getragen“, sagte der Däne, nachdem er am Ostermontag mit zehn Toren großen Anteil am 29:22 (13:12)-Heimsieg seines HSV Hamburg (HSVH) über die MT Melsungen hatte.
Mit nun vier Erfolgen in Serie haben sich die Hamburger endgültig aus dem Abstiegskampf der Handball-Bundesliga verabschiedet. „Da sind wir rechnerisch noch nicht raus, aber emotional können wir uns ein bisschen davon befreien“, freute sich auch der starke Torhüter Johannes Bitter, dem zehn Paraden gelangen.
Handball: HSV Hamburg dominiert schwache Melsunger
MT-Coach Roberto Garcia Parrondo dürfte derweil einen üblen Aprilscherz seiner Mannschaft vermutet haben. Was die extrem fahrigen und fehlerbehafteten Gäste sportlich anboten, hatte mit dem Anspruch eines Tabellenfünften nichts zu tun. Dass Spielmacher Erik Balenciaga (Bauchmuskel-Probleme) fehlte, konnte nicht als einzige Erklärung für den verpatzten Auftritt der Nordhessen gelten.
Der HSVH hingegen, der im Hinspiel noch chancenlos war (26:33), wirkte hellwach. Im Tor fügte sich der seit Wochen in aufsteigender Form befindliche Bitter gleich mit mehreren Paraden ein, der aggressive Spielmacher Dani Baijens attackierte MT-Kante Dainis Kristopans (2,15 Meter) fast schon, bevor dieser einen Pass seiner Nebenleute in Empfang nehmen konnte.
HSVH setzte sich früh mit vier Toren ab
Die Folge waren einige Melsunger Ballverluste, die Gastgeber führten schnell mit vier Toren (5:1/8.). „Die Abwehrleistung in Verbindung mit dem Torwartspiel war heute überragend. Die Jungs haben gerade hinten den Kampf sowas von angenommen gegen diese Brecher“, sagte HSVH-Trainer Torsten Jansen.
Vorne stellten insbesondere die agilen Rückraumspieler Zoran Ilic und Leif Tissier Melsungen mit ihrem Highspeed-Handball und ein paar Oster-Überraschungsaktionen immer wieder vor Probleme. Vorwerfen mussten sich die Hamburger in der Folge nur, dass sie in Person von Mortensen und Frederik Bo Andersen zu viele klare Chancen ungenutzt ließen. Vergebener Gegenstoß, Siebenmeter-Heber an die Latte, verpatzter Dreher – und Melsungen konnte plötzlich kurz vor dem Seitenwechsel wieder ausgleichen (12:12/29.).
Johannes Bitter machte ein starkes Spiel
Der zweite Durchgang begann dann wie der erste: Bitter hielt ein paar Bälle, brüllte in Richtung der 3750 Zuschauer – und in der ausverkauften Halle wurde es gleich ein paar Dezibel lauter. Obwohl den Gummersbacher Schiedsrichtern Marvin Cesnik und Jonas Konrad im Anschluss das Kunststück gelang, mit unglücklichen Entscheidungen gleich beide Teams gegen sich aufzubringen, ließen sich die Hamburger nicht aus dem Konzept bringen.
Sowohl Garcia Parrondo als auch Jansen sahen kurz hintereinander Gelb, weil sie gegenüber den Unparteiischen ihren Unmut etwas zu deutlich geäußert hatten. Nur Mortensen tippte mit beiden Fingern an seine Schläfen, signalisierte seinen Mitspielern: cool bleiben. Beim unmittelbar folgenden Siebenmeter war Bitter ein weiteres Mal zur Stelle, im Gegenzug traf Mortensen zum 19:16 (44.), der Spielfluss war zurück.
Melsungens Sipos sah am Ende noch die Rote Karte
Bei Melsungen lief weiterhin kaum etwas zusammen, Kreisläufer Adrian Sipos boxte Tissier bei einer Abwehraktion unabsichtlich mitten ins Gesicht. Wieder ließen die Schiedsrichter die Szene fälschlicherweise laufen, wieder gab es gellende Pfiffe – aber auch den Videobeweis. Nach kurzer Betrachtung der Bilder änderten die Unparteiischen ihre Meinung, schickten Sipos mit Rot (46.) vom Feld.
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Weil sich auch andere MT-Profis immer wieder zu überharten Fouls hinreißen ließen, agierten die Gäste ständig in Unterzahl. Der HSVH nutzte das aus, fing Bälle ab, traf durch Mortensen zur erstmaligen Sechstoreführung (26:20/55.). „Wir haben sie irgendwann gebrochen. Wir haben gemerkt, dass irgendwann keine Reaktion mehr von ihnen kam“, sagte Bitter, der in den vergangenen Wochen im Training Anpassungen vorgenommen hatte und seitdem deutlich gefestigter auftritt – wie auch die gesamte Hamburger Mannschaft,
„Wir waren in einem tiefen Loch“, sagte Mortensen. „Jetzt müssen wir gucken, wie lange diese Welle bleibt. Es ist auf jeden Fall eine ganz andere Stimmung in der Mannschaft als noch vor einem Monat.“