Hamburg. Spielmacher von Hamburgs Bundesliga-Handballern hat Begehrlichkeiten anderer Clubs geweckt. Alle Details zu dem Vertragspoker.

Es sind aufregende Tage für Leif Tissier. Während der Spielmacher mit dem HSV Hamburg (HSVH) am Sonntag (18 Uhr/Dyn) gegen die Füchse Berlin ins Bundesligajahr 2024 startet, ist er zurzeit auch abseits des Handballfelds gefordert. Neben Rechtsaußen Thies Bergemann (28) ist Tissier der einzige HSVH-Profi, dessen Zukunft im Sommer noch ungeklärt ist. Während die Entscheidung über eine Vertragsverlängerung bei Bergemann erst in den kommenden Monaten fallen dürfte, will sich 24 Jahre alte Tissier in den kommenden Tagen entscheiden.

Das Eigengewächs ist bei Hamburgs Bundesligahandballern ein wichtiger Leistungsträger und tief im Verein verwurzelt. Unter Trainer Torsten Jansen spielte er bereits zu A-Jugendzeiten, später stiegen sie gemeinsam von der Dritten bis in die Erste Liga auf. Tissiers im Sommer auslaufender Vertrag hat nun jedoch mehrere Interessenten auf den Plan gerufen.

Handball: Frisch Auf Göppingen buhlt um Tissier

Nach Abendblatt-Informationen hat der Rechtshänder mehrere unterschriftsreife Angebote vorliegen. Eines dieser Angebote stammt vom Bundesligakonkurrenten Frisch Auf Göppingen, zwei bis drei weitere aus dem europäischen Ausland. „Für uns ist es ein Kompliment, wenn sich internationale Clubs für Spieler interessieren, die wir bei uns ausgebildet haben“, sagt Geschäftsführer Sebastian Frecke auf Nachfrage. „Leif ist ein Aushängeschild unseres Vereins. Wenn man solche Identifikationsfiguren verlieren sollte, tut das natürlich weh.“

Während die internationalen Clubs allesamt in der European League oder Champions League vertreten sein sollen, lockt ihn Göppingen auch mit einem deutlich höheren Gehalt. Der HSVH, der den drittkleinsten Personaletat der Bundesliga hat, kann Tissier nur ein monatliches Salär im mittleren vierstelligen Bereich bieten. Göppingen und die europäischen Clubs dürften hingegen Summen im hohen vierstelligen bis fünfstelligen Bereich zahlen – dies ist zwar keine Verdopplung, aber für Tissier doch hochattraktiv.

Gehaltsbudget des HSVH ist begrenzt

„Leif weiß, dass wir hier finanziell keine riesigen Sprünge machen können. Es ist kein Geheimnis, dass wir mit den Gehältern der meisten Bundesligisten nicht mithalten könnten“, sagt Frecke. Wie aus der Branche zu hören ist, sehen Spielervermittler das geringe Gehaltsbudget der Hamburger zunehmend kritisch. Tatsächlich wird es für den HSVH bei Vertragsverhandlungen perspektivisch zum Nachteil, wenn Berater ihre Spieler in diesem Wissen automatisch bei anderen, zahlungskräftigeren Clubs anbieten.

Dass Tissier im Sommer dem Ruf des Geldes folgt, muss nach Abendblatt-Informationen aber nicht zwingend der Fall sein. Tatsächlich soll sich der gebürtige Billstedter auch einen Verbleib in Hamburg gut vorstellen können. Bereits vor rund einem Jahr hatte sich Göppingen um HSVH-Rechtsaußen Frederik Bo Andersen bemüht. Am Ende entschied sich der Däne jedoch gegen das Geld und für eine Zukunft in Hamburg.

Die Zukunfts-Entscheidung soll in den kommenden Tagen gefällt werden

Auch Tissier, der sich auf Nachfrage nicht zu den Vertragsangeboten äußern wollte, weiß genau, was er am HSVH und Trainer Jansen hat. In Göppingen, wo er Frisch-Auf-Ikone Tim Kneule ersetzen soll, müsste er sich erst neu beweisen.

Weil sich der HSVH bei einem Tissier-Abgang schnellstmöglich nach einem Ersatz umsehen müsste, haben sich Verein und Spieler darauf geeinigt, dass es zeitnah eine Entscheidung geben wird. Sollte sich Tissier, der sich bereits per Videocall mit Trainern und Sportdirektoren der interessierten Clubs ausgetauscht hat, tatsächlich für einen Wechsel entscheiden, wäre das ein Worst-Case-Szenario für den Verein. Der Abgang von Dani Baijens zu Paris St. Germain steht bereits fest, auf der Spielmacherposition wünscht sich der Verein im Sommer ein Duo mit Tissier und U-21-Weltmeister Moritz Sauter, der vom Zweitligisten 1. VfL Potsdam an die Elbe kommt.

Rückraumrechter soll in den kommenden Tagen kommen

Mindestens genauso drängend wie die Frage nach Tissiers Zukunft ist beim HSVH die Suche nach einem Rückraumrechten. Weil Leistungsträger Jacob Lassen noch monatelang mit einer Knieverletzung ausfallen wird, will Geschäftsführer Frecke bis zum Ende der Wintertransferperiode am 15. Februar einen Ersatz verpflichten. Weil der deutsche Markt kaum Optionen bietet, wird der neue Mann nach Abendblatt-Informationen aller Voraussicht nach aus dem Ausland stammen.

Beim 25:37-DHB-Pokal-Aus gegen die SG Flensburg-Handewitt am vergangenen Sonnabend wurde bereits deutlich, wie sehr Lassens Wurfrepertoire und spielerische Klasse fehlt. Wenn am Sonntag die Füchse in die ausverkaufte Sporthalle Hamburg kommen, müssen die Hausherren insbesondere an ihrer Angriffseffektivität arbeiten.

Gegen Berlin muss die Wurfquote besser werden

„Die Art und Weise, wie wir das Spiel gegen Flensburg verloren haben, hat uns zu Beginn der Woche noch beschäftigt. Wie wir in der zweiten Halbzeit aufgetreten sind, war nicht okay“, sagt Tissier, der damit insbesondere die Wurfquote von nur 46 Prozent meint. „Es ist klar, dass jeder Spieler bei uns vernünftig werfen kann. Die Wurfquote hängt zum Großteil mit Konzentration zusammen.“

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Der Spielmacher weiß genau, dass die Hamburger mit ihrer aktuellen Personallage ein kleines Wunder benötigen, um gegen den Meisterschaftsanwärter zu bestehen. Am Donnerstag feierten die Hauptstädter einen 32:31-Sieg über Flensburg, sind damit weiterhin punktgleich mit Tabellenführer SC Magdeburg.

„Insbesondere zu Hause wollen wir natürlich immer alles reinwerfen, um am Ende etwas mitzunehmen. Trotzdem ist klar, dass es kein Genickbruch ist, wenn man gegen die Füchse verlieren sollte. Mehr Druck haben wir gegen unsere direkten Konkurrenten“, sagt Tissier, für den es in diesen Tagen auf die richtigen Entscheidungen ankommt. Auf und neben dem Platz.