Hamburg. HSV Hamburg sucht wegen zwei Langzeit-Ausfällen in der EM-Pause nach Verstärkungen, um nicht tiefer in den Abstiegskampf zu rutschen.

Torsten Jansen machte hinterher keinen Hehl daraus, was er von der Vorstellung seiner Mannschaft in den vergangenen 60 Spielminuten hielt. „Mit dieser Wurfquote kannst du gewöhnlich kein Bundesligaspiel gewinnen“, klagte der Trainer des HSV Hamburg (HSVH) nach dem 28:28 (14:12) im letzten Hinrundenspiel gegen den Tabellenletzten HBW Balingen-Weilstetten. 20 Fehlwürfe, Balingen zehn, aber zwölf technische Fehler, hatten sich die Hamburger Handballer geleistet, drei davon von der Siebenmeterlinie, mit 58,3 Prozent lag ihre Trefferquote allerdings nur vier Prozent unter ihrem bisherigen statistischen Saisonwert.

HSV Hamburg nur vier Punkte von Abstiegsrang 17 entfernt

Das Unentschieden verschärft indes die Lage des HSVH in der Liga, der Abstand zu Abstiegsrang 17 beträgt für den Tabellenzwölften nur vier Punkte. Der von Geschäftsführer Sebastian Frecke am Sonnabend im Abendblatt erhoffte Befreiungsschlag blieb aus, seine Forderung, „gegen die Teams, die hinter uns stehen, zu punkten, damit wir möglichst schnell die kritische Tabellenzone verlassen“, konnten seine Angestellten nicht erfüllen.

Immerhin retteten sie in den letzten sechs Minuten wenigstens einen Punkt, nachdem sie schon 22:26 (53. Minute) zurückgelegen hatten. Und beinahe hätte Jacob Lassen zehn Sekunden vor Schluss zum 29:28 auch noch den Siegtreffer erzielt, hätte im Gegenstoß nicht Frederik Bo Andersen einen Siebenmeter verursacht, den der routinierte Isländer Oddur Gretarsson zum finalen 28:28 sicher verwandelte.

Trainer Jansen graut vor dem Spiel gegen Weltmeister SC Magdeburg

Balingen freute sich über den ersten Punktgewinn nach elf Niederlagen in Folge, aber 3150 Zuschauer in der Sporthalle Hamburg wussten ebenso wenig wie die Spieler, wie sie dieses Resultat einordnen sollten. „Wir sind enttäuscht, andererseits froh, noch das Remis geholt zu haben“, sagte Spielmacher Leif Tissier.

Jansen hatte da ganz andere Gefühle. „Wenn ich an unser nächstes Spiel denke, mache ich mir große Sorgen.“ Am Dienstagabend (20.30 Uhr/Dyn) kommt mit dem aktuellen Champions-League-Sieger und Club-Weltmeister SC Magdeburg eine Mannschaft vom anderen Ende der Tabelle in die Barclays Arena am Volkspark.

Ein Grund für die wechselhafte Vorstellung des HSVH mit starken, aber auch erschreckend schwachen Phasen bleibt die angespannte Personalsituation. Nach den Langzeitverletzten Andreas Magaard (25) und Dominik Axmann (24), die beide mit Kreuzbandrissen bis zum Saisonende ausfallen, fehlt jetzt auch noch Talent Max Niemann (20) mit einer Innenbandverletzung mindestens sechs Wochen.

Bis zur Wiederaufnahme der Rückrunde nach der EM in Deutschland (10. bis 28. Januar) Anfang Februar will der Verein mindestens einen erfahrenen Profi nachverpflichten. Weil Maagard und Axmann im Januar vorübergehend von der Gehaltsliste ihres Arbeitgebers verschwinden, wäre wohl etwas Geld im auf Kante genähten 5,5 Millionen-Euro-Etat vorhanden.

HSV Hamburg: Cheftrainer Jansen glaubt an ein Kopfproblem

Auf der Ursache nach Erklärungen glaubte Jansen eine in der psychologischen Konstellation dieses Spiels zu finden; eine Begegnung, die der HSVH unbedingt gewinnen wollte, eigentlich musste. Vieles sei Kopfsache gewesen, mutmaßte der Coach, im Bemühen, alles besonders gut zu machen, sei vieles schief gelaufen. Seine These glaubte er mit den Ereignissen der Schlussphase untermauern zu können. „Als wir beim 22:26 nichts mehr zu verlieren hatten, klappte plötzlich alles.“

Kapitän Niklas Weller sah in seiner Analyse einen weiteren Grund: „Wir haben uns viele klare Chancen herausgespielt, freie Würfe, die wir reinmachen sollten. Wir hätten das Spiel früh entscheiden können, ja müssen. Uns fehlt manchmal dieser Killerinstinkt. Dieses Phänomen zieht sich durch die bisherige Saison.“ Mehrmals hatten die Hamburger zuletzt sicher geglaubte Siege verworfen.

Hamburger Torhüter zeigen diesmal wichtige Paraden

Die Leistungen der Torhüter dagegen machten diesmal Mut. Johannes Bitter (41/sieben Paraden) hielt sein Team lange Zeit im Spiel, Jens Vortmann (36) wehrte in der Schlussphase drei Bälle ab, leitete die letzte Wende ein. Auf der Gegenseite brachte Mohamed El-Tayar (27), der Nationaltorhüter des Olympiavierten Ägyptens, mit 16 Paraden die Angreifer zum Nachdenken. Das Resultat waren besagte 20 Fehlwürfe.