Hamburg. Bitter zeigt beim 32:36 gegen die Rhein-Neckar Löwen eine schwache Leistung, Vortmann macht es nur phasenweise besser. Woran liegt das?

Johannes Bitter ist dafür bekannt, auch nach Niederlagen geduldig Autogramm- und Fotowünsche zu erfüllen. Insbesondere für junge Handballfans ist der Torhüter des HSV Hamburg (HSVH) ein riesiges Idol, selbstverständlich Liebling des Hamburger Publikums. Am späten Sonnabend wollte Bitter aber einfach nur noch raus. Als erster Spieler seiner Mannschaft verschwand der 41-Jährige auf direktem Weg in den Katakomben, wartete danach wortlos und mit versteinerter Miene vor der Kabinentür.

Spiel Highlights zu HSV Hamburg - Rhein-Neckar Löwen (2) - (0:12 - 3:24)

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    Wer die 32:36 (15:19)-Niederlage im Bundesligaspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen nicht in der Barclays Arena verfolgt hatte, konnte allein an Bitters Blick erkennen, dass er sich diesen Abend anders vorgestellt hatte. Nach 13 Minuten beim Stand von 5:10 mit null Paraden für Jens Vortmann ausgewechselt, verfolgte er den Großteil des Spiels auf der Ersatzbank. Erst in der Schlussphase, nachdem sich seine Mannschaft dank einer mitreißenden Aufholjagd wieder herangekämpft hatte, durfte Bitter wieder zurück auf das Feld, konnte dort aber auch nicht helfen.

    Handball: Bitter und Vortmann im Ligavergleich nicht stabil genug

    „Jogi hatte am Anfang viel Pech, von den ersten fünf Würfen ist er an drei oder vier dran. Wenn er davon die Hälfte hält, kann die Startphase auch ganz anders laufen“, nahm ihn Vortmann nach dem Spiel in Schutz. Dem Bitter-Vertreter gelangen nach seiner Einwechslung zumindest sechs Paraden. Wieso ihn Trainer Torsten Jansen in der Schlussphase wieder auswechselte, war unklar. Als Bitter wieder zurück war, setzten sich die Löwen entscheidend ab.

    Johannes Bitter (41) verfolgte den Großteil des Spiels auf der Ersatzbank, die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    Johannes Bitter (41) verfolgte den Großteil des Spiels auf der Ersatzbank, die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. © picture alliance/Eibner-Pressefoto | Marcel von Fehrn

    „Einen stabilen Torwart wünscht man sich immer. Eigentlich haben wir erfahrene Jungs. Bei dem einen (Bitter, d. Red.) herrscht momentan ein bisschen ein Durcheinander, aus welchen Gründen auch immer“, sagte Jansen. „Wenn ich die Gründe kennen würde, hätten wir das Problem schon längst behoben. Das ist aber offenbar durchaus komplex.“

    Löwen haben drei Keeper auf Topniveau

    Seit Saisonbeginn sind Bitter und Vortmann nur selten der Rückhalt, den sich der HSVH von dem Duo erhofft. Gegen die Löwen wurde das Problem so deutlich wie noch nie. Bei den Mannheimern hielt der Schwede Mikael Appelgren 15 Würfe, von einer derartigen Fangquote (knapp 35 Prozent) können die Hamburger aktuell nur träumen. Im Ligavergleich liegt Bitter mit einer durchschnittlichen Quote von 24,05 Prozent auf Rang 27, Vortmann mit 23,14 Prozent sogar nur auf Platz 32.

    Die Löwen, bei denen Appelgren in der Vorwoche gegen die HSG Wetzlar gar 25 Paraden (54 Prozent Fangquote) gezeigt hatte, haben ein Luxusproblem. Im deutschen A-Nationalkeeper Joel Birlehm und U-21-Weltmeister David Späth hat das Team noch zwei Torleute in der Hinterhand, die das Spiel am Sonnabend in der Barclays Arena wie die 6741 Zuschauer vom Rand aus verfolgen konnten, weil sie nicht gebraucht wurden, mit durchschnittlichen Quoten von 34,13 Prozent (Birlehm) und 31,21 Prozent (Späth) im Ligaranking aber immer noch weit vor Bitter und Vortmann stehen.

    Positive Erkenntnisse beim Comeback

    Es gab allerdings auch positive Erkenntnisse, die aus HSVH-Sicht nach den ersten 20 Minuten nicht unbedingt zu erwarten waren. „Der Anfang war beschissen, wir kommen überhaupt nicht ins Spiel rein“, sagte Kapitän Niklas Weller. Spielmacher Leif Tissier ergänzte: „Wir haben die Schritte nicht zu wenig, sondern einfach falsch gemacht.“

    Gegen die Löwen hatte der HSVH zuvor alle vier Bundesligaspiele der vergangenen zwei Jahre gewonnen, gegen kein anderes Team der Liga konnten die Hamburger so eine Bilanz aufweisen. Auch am Sonnabend kämpften sich die Gastgeber vor und nach der Halbzeit zurück ins Spiel. Dabei war der Zusammenhang zwischen den Vortmann-Paraden und der besten Hamburger Phase deutlich erkennbar, plötzlich fielen vor allem durch Linksaußen Casper Mortensen – mit zehn Toren bester Werfer – einfache Treffer.

    Trainer Jansen: „Kann keinen Vorwurf machen“

    „Ich kann der Mannschaft insgesamt keinen Vorwurf machen, wir haben alles reingehauen bei unserer Personalsituation“, sagte Jansen. Dominik Axmann, der nach seinem Kreuzbandriss am Dienstag im UKE operiert wird, ist derzeit nicht zu ersetzen, der Qualitätsunterschied zu Azat Valiullin (deutlich) und Tomislav Severec (sehr deutlich) ein Problem. In Zoran Ilic und Jacob Lassen ließ Jansen deshalb über weite Strecken beide Rückraumrechten gleichzeitig agieren, wobei Lassen zum Spielmacher wurde und Tissier in den linken Rückraum auswich.

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    „Man muss sagen, dass wir es mit den beiden Linkshändern brutal gut gemacht haben. Mich überrascht es nicht, dass Jacob in der Mitte gut spielt. Auch Zoran hat ein Bombenspiel gemacht“, sagte Weller. Für Hoffnung sorgt auch die bevorstehende Rückkehr von Spielmacher Dani Baijens, der nach seinem Mittelhandbruch am Dienstag abschließend geröntgt wird und danach wieder ins Teamtraining einsteigen soll. Ein Auftritt im Auswärtsspiel beim VfL Gummersbach am Donnerstag (19 Uhr/Dyn) ist zwar noch ausgeschlossen, danach wird er aber wieder eine Option sein.

    • Tore HSV Hamburg: Mortensen 10/3, Lassen 6, Tissier 5, Andersen 3/1, Ilic 3, Weller 3, Magaard 2.
    • Tore Rhein-Neckar Löwen: Kirkeløkke 10, Lindenchrone 9, Knorr 8, Kohlbacher 4, Moré 2, Birlehm 1, Forsell Schefvert 1.
    • Schiedsrichter: Tobias Tönnies (Stendal)/Robert Schulze (Magdeburg).