Hamburg. Hamburgs Bundesligahandballer kassierten in Göppingen erstmals weniger als 30 Gegentore – obwohl mehrere Profis mit Schmerzen spielten.
Hinter Torsten Jansen liegt eine kurze Nacht, als er sich Freitagvormittag aus Eurowings-Flieger EW 2046 am Telefon meldet. Auf dem Rollfeld des Stuttgarter Flughafens gebe es noch eine kurze Verzögerung, erzählt der Trainer des HSV Hamburg, deshalb könne er die Zeit jetzt noch für das Gespräch mit dem Abendblatt nutzen.
Mit 32:27 (19:16) hatten Hamburgs Bundesligahandballer am Donnerstagabend bei Frisch Auf Göppingen gewonnen, um kurz nach sieben Uhr morgens klingelte am Freitag schon wieder der Wecker. „Wir haben nach dem Spiel noch ein bisschen im Hotel zusammengesessen und uns ausgetauscht. Danach habe ich gut geschlafen“, sagt Jansen.
Handball: HSV Hamburg hat kaum Zeit bis zum Wetzlar-Spiel
Die wenige Zeit bis zum Heimspiel gegen die HSG Wetzlar am Sonntag (15 Uhr/Dyn) muss der Coach so effizient wie möglich nutzen. Noch vor dem beeindruckenden Auswärtssieg in Göppingen hatte Jansen mit der Gegneranalyse von Tabellenschlusslicht Wetzlar begonnen.
Während die Profis am Stuttgarter Flughafen auf das Boarding warteten, saß der Trainer vor seinem Video-Schnittprogramm am Laptop. Am Freitagnachmittag bekamen die Spieler bereits die fertige Videoanalyse zugeschickt, an diesem Sonnabend findet das erste und letzte Training vor dem Heimspiel in der Sporthalle Hamburg statt.
Trainer Jansen warnt vor Wetzlars Rückraumschützen
„Wetzlar hat viele gute Rückraumschützen in seinen Reihen, dazu eine stabile Abwehr. Uns bleibt nicht viel Zeit zur Vorbereitung“, sagt Jansen, der in seiner Analyse auch noch mal ausführlich auf die Partie vom Donnerstagabend eingehen dürfte. Insbesondere die ersten acht Minuten, als der HSVH zwar acht Tore warf, aber dummerweise auch ebenso viele kassierte, werden Jansen beschäftigen. „Nach zehn Minuten dachte ich, dass das Spiel 55:55 ausgeht. Danach haben sich die Abwehrreihen ein bisschen gefangen“, sagte er. Kapitän Niklas Weller ergänzte: „Wir hatten am Anfang ein echtes Problem in der Abwehr.“
Es ist ein Problem, das nicht neu ist. In den ersten vier Saisonspielen hatte der HSVH im Schnitt 34,75 Gegentore kassiert – und folglich auch nur einen Sieg gefeiert. In Göppingen gelang es dem Team nach der unkontrollierten Anfangsphase erstmals in dieser Spielzeit, den Gegner unter 30 Treffern zu halten. „Wir waren am Anfang nicht kompakt genug, waren nicht auf die Zweikämpfe vorbereitet. Im Laufe des Spiels haben wir es dann besser unter Kontrolle bekommen“, sagte Jansen.
Weller und Magaard spielen mit Schmerzen
Deutlich wurde vor allem, welche Bedeutung Weller und sein Positionspartner Andreas Magaard für die defensive Stabilität haben. Beide Kreisläufer hatten sich zu Saisonbeginn verletzt, sind mittlerweile zwar nicht wieder fit, aber immerhin einsatzbereit.
Weller, der sich vor rund zwei Wochen beinahe die rechte Schulter ausgekugelt und dabei eine schmerzhafte Zerrung zugezogen hatte, stand bereits am vergangenen Wochenende wieder auf dem Feld, Magaard gab knapp drei Wochen nach seinem Rippenbruch in Göppingen sein Comeback.
Angeschlagene Kreisläufer sollen sich ergänzen
„Weil auch Niklas noch nicht schmerzfrei ist, wollten wir die Einsatzzeit zwischen ihm und Andreas verteilen“, sagte Jansen. „Andreas war zwar vom Arzt freigegeben, während des Spiels aber natürlich noch nicht schmerzfrei. In der zweiten Halbzeit saß er auch mal ganz gerade auf der Bank und hat ein paar Mal tief eingeatmet. Heute Vormittag war wieder alles okay, ich denke, dass er auch am Sonntag einsatzbereit sein wird.“
Und Magaard selbst? Der sah es – womöglich auch angesichts des Adrenalins und Glücksgefühls nach dem Spiel – erst einmal ganz entspannt. „Ich habe natürlich gemerkt, dass ich lange nicht gespielt habe. Ich war ein bisschen müde am Ende“, sagte der Däne. Aber: „Ich fühle mich gut, es hat Spaß gemacht.“ Zu Zimperlichkeit sollte man als Kreisläufer schließlich ohnehin nicht neigen.
Torhüter Bitter gab der Abwehr Sicherheit
Während Weller und Magaard im Mittelblock zupackten, half ihnen auch, dass vor allem Torhüter Johannes Bitter mit seinen 13 Paraden als Rückhalt diente. „Jogis Paraden haben uns enorm Sicherheit gegeben“, sagte Weller.
Jeder Handballer weiß: Eine gute Abwehr funktioniert nur im Zusammenspiel mit einem guten Torhüter. Wenn man sich als Verteidiger darauf verlassen kann, dass der eigene Keeper bei Distanzwürfen sicher steht, kann man sich darauf konzentrieren, vor allem die Nahwurfzone direkt am Kreis zu schließen. Funktioniert das Zusammenspiel von Block und Schlussmann bei Distanzwürfen nicht, muss die Abwehr weiter herausrücken – was wiederum zu Lücken am Kreis führt.
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Offensiv wiederum hat der HSVH keine Probleme. Insbesondere Spielmacher Dani Baijens (neun Tore) und Linksaußen Casper Mortensen (acht) waren wie bereits in den vergangenen Spielen auch von Frisch Auf kaum in den Griff zu bekommen. Da ist es auch zu verkraften, dass die beiden Rückraumneuzugänge Zoran Ilic und Tomislav Severec bisher keine Rolle spielen.
Ilic fällt mit einem Knochenmarködem im Oberschenkel noch mehrere Wochen aus, der aus Kroatien verpflichtete Severec hat bisher große Probleme, sich an das Niveau anzupassen. „Tomislav muss noch in der Mannschaft ankommen, er braucht definitiv noch Zeit. Diese Zeit müssen wir ihm geben“, sagt Jansen, der den 26-Jährigen zum zweiten Mal in Folge komplett auf der Bank ließ.