Hamburg. Sieg im letzten Saisonspiel gegen Melsungen. Verletzter Mortensen wird zum zweiten Mal Torschützenkönig der Bundesliga.
6089 Zuschauer in der Barclays Arena, darunter die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Die Grünen), waren von ihren Sitzen aufgestanden, einige vor Begeisterung sogar aufgesprungen, beklatschten minutenlang den 33:28 (18:13)-Erfolg des erneut stark ersatzgeschwächten HSV Hamburg (HSVH) im letzten Saisonspiel der Handball-Bundesliga (HBL) gegen die MT Melsungen.
Der Beifall, der zunehmend rhythmischer und lauter wurde, würdigte auch die herausragende Leistung der Mannschaft von Cheftrainer Torsten Jansen (46) und seines Assistenten Blazenko Lackovic (42) in der zweiten Spielzeit nach dem Aufstieg 2021. Mit Tabellenplatz sieben – nach 14 im Vorjahr – wurde zwar Europapokalrang sechs, den die TSV Hannover-Burgdorf mit zwei Punkte Vorsprung belegte, verfehlt, darüber waren am späten Abend jedoch die wenigsten im Verein traurig.
Hamburgs Mortensen Handball-Torschützenkönig
Zu feiern gab es vor dem anstehenden Kurztrip nach Mallorca schließlich einiges: Casper Mortensen (33) wurde nach dem Spiel vom ehemaligen Nationaltorhüter Andreas Thiel (63), jetzt Justiziar der HBL, für 234 Treffer als bester Torschütze der Saison geehrt. Wegen einer Rückenverletzung fehlte der Däne gegen Melsungen. Für den Linksaußen ist es die zweite Auszeichnung.
2017/18 warf er für die TSV Hannover-Burgdorf 230 Tore. Auch die Hamburger Jugendmannschaften, die diese Saison Meister wurden, durften vor dem Spiel und in der Halbzeitpause die Anerkennung des Publikums genießen.
Alle Mannschaften des Vereins übererfüllten Erwartungen
„Das war sportlich das bisher erfolgreichste Jahr seit unserem Neustart 2016“, zog Vereinspräsident Marc Evermann (51) eine erste Bilanz. Nicht nur die Ergebnisse der Bundesligamannschaft hätten weit über den internen Erwartungen gelegen, auch die anderen Teams überzeugten.
Die U21 wurde als Aufsteiger in der viertklassigen Oberliga Hamburg-Schleswig-Holstein Fünfter, weit vor den zweiten Mannschaften der Bundesligakonkurrenten THW Kiel (9.) und SG Flensburg-Handewitt (11.). Die U19 schaffte wieder den Wurf in die Meisterrunde der Bundesliga, die U17 scheiterte erst im Finale um die deutsche B-Jugend-Meisterschaft an den Füchsen Berlin (19:31 und 25:32).
„Unser Ziel bleibt es, immer wieder Eigengewächse in den Bundesligakader zu integrieren. Das sollte zu unserer DNA gehören“, sagt Evermann. „Dafür haben wir jetzt dank unserer erfolgreichen Nachwuchsmannschaften auch die nötige Ausbildungstiefe erlangt, und wir haben in allen Bereichen hervorragende Trainer.“
Was es zu verbessern gäbe, werde in den nächsten Wochen in verschiedenen Kleingruppen analysiert. Organisation, Kommunikation, Vermarktung, „alles werden wir kritisch hinterfragen, nicht weil wir dort erhebliche Defizite erkannt haben, sondern weil uns ständig weiterentwickeln wollen und müssen“.
Spieleretat des HSVH auf Rang 16
Größte Herausforderung bleibt der Etat. Bei den Personalkosten lag der HSVH mit knapp drei Millionen Euro auf Rang 16 der Bundesliga. „Bei den Spielbetriebskosten gehören wir dagegen zu den Top Fünf“, sagt Sebastian Frecke, Geschäftsführer der vereinseigenen Handball Sport Management und Marketing GmbH.
Acht Spiele in der Barclays Arena hatten ihren (Miet-)Preis. Selbst die mit 12.000 Zuschauenden ausverkaufte Begegnung gegen Rekordmeister THW Kiel erwirtschafte nach Abzug aller Ausgaben nur eine überschaubare Einnahme. „Die Hallensituation in Hamburg ist weiter schwierig“, sagt Frecke. Die Sporthalle Hamburg in Winterhude stehe nicht verlässlich zur Verfügung, gegen Teams aus der unteren Tabellenhälfte am Volkspark anzutreten, drohe dagegen immer ein Minusgeschäft zu werden.
„Wollen wir den nächsten großen sportlichen Schritt gehen, müssen wir beim Gesamtetat in die Region von acht bis zwölf Millionen Euro kommen, das geben aktuell die Top fünf der Liga aus“, sagt Evermann. Das Budget des HSV Hamburg ließe sich dagegen im Moment nur marginal steigern. Rund 5,5 Millionen waren es in der abgelaufenen Saison.
Zwei hochkarätige Neuzugänge beim HSVH
Die sportlichen Planungen für die nächste Spielzeit sind vorerst abgeschlossen. Mit dem ungarischen Rückraumrechten Zoran Ilic (21/Telekom Veszprem) und dem kroatischen Rückraumlinken Tomislav Severec (25/RK Nexe) stehen die beiden einzigen Neuzugänge seit Längerem fest. Die 20 Jahre alten Talente Max Niemann (Spielmacher), Linksaußen Alexander Hartwig, Torhüter Alexander Pinski und der Rückraunlinke Lennard Benkendorf erhalten Profiverträge.
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Handlungsbedarf steht kurz- oder mittelfristig auf der Torhüterposition an. Jens Vortmann (35) und Johannes Bitter (40) halten zwar, fast zu halten ist, manchmal auch weit mehr, Vortmann fiel jedoch wegen eines Achillessehnenrisses neun Monate aus, Bitter ist nach seiner Knieoperation derzeit rekonvaleszent. Er soll zum Trainingsstart Ende Juli wieder fit sein.
Drei Spieler verlassen HSV Hamburg
Linksaußen Tobias Schimmelbauer (35), der zur HSG Breckenheim/Wallau-Massenheim in die Oberliga wechselt, und Nicolai Theilinger (31/zu Bundesligakonkurrent TBV Lemgo Lippe) verlassen den Verein, Kreisläufer Thore Feit (20) startet ein duales Studium bei der Polizei Hamburg.
Zudem verabschiedet sich Hallen-Moderator Finn-Ole Martins (28), der künftig bei neuem Bezahl-Sportsender Dyn Handballspiele kommentieren wird. Im Dyn-Team wird HSVH-Vizepräsident Martin Schwalb (60) fehlen, der bei Sky einen Stammplatz hatte.
Die Statistik:
- Tore: HSV Hamburg: Baijens 8, Andersen 7 (4 Siebenmeter), Valiullin 5, Magaar d 5, Tissier 5, Weller 1, Feit 1, Schimmelbauer 1. MT Melsungen: Kastening 6, Casado Marcelo 6, Arnarsson 4, Gomes 4, Häfner 3, Kalarash 2, Drosten 1, Kühn 1, Mandic 1.