Hamburg. Beim HSV Hamburg berät Sören Gerster unter anderem Johannes Bitter und Niklas Weller. Verpflichten die Hamburger noch Neuzugänge?
Einen Job anzutreten, auf den man zunächst eigentlich keine Lust gehabt hat, ist in der Regel nicht besonders ratsam. Eine Ausnahme dieser Regel dürfte Sören Gerster sein, denn ohne Leidenschaft und Begeisterung für seine Arbeit wäre der Bremer in den vergangenen 20 Jahren vermutlich nicht zu einem der wichtigsten Spielerberater im deutschen Handball aufgestiegen.
Anfang der 2000er-Jahre waren unter den Klienten des damaligen Steuer- und Finanzfachmanns drei Handball-Nationalspieler, darunter der spätere Weltmeister und heutige Bundesligatrainer Markus Baur (Frisch Auf Göppingen). „Ich wurde ein bisschen überredet, deren Berater zu werden“, sagt Gerster, als er im Abendblatt-Handball-Podcast „Auszeit HSVH“ zu Gast ist. 2003 gründete er schließlich seine Beratungsfirma Sports Impuls.
Gersters Agentur hat rund 80 Bundesligahandballer unter Vertrag
Mittlerweile berät die Agentur mit mehreren Angestellten rund 80 Bundesligahandballer, darunter Torhüter Johannes Bitter (40), Kreisläufer Niklas Weller (30) sowie die Rückraumspieler Leif Tissier und Dominik Axmann (beide 23) vom HSV Hamburg (HSVH). Gersters Klienten sind in der Bundesliga so breit vertreten, dass er mit jedem einzelnen Erstligaclub einmal im Monat eine Telefonkonferenz abhält, um sich über mögliche Veränderungen im Kader zu unterhalten.
Neben seinen Hauptaufgaben als Spielerberater, dem Aushandeln von Transfers und Profiverträgen, hält Gersters Agentur weitere Unterstützung für die Sportler bereit. „Wenn man sich als Spieler alleine einen Verein sucht, ist es nicht so einfach“, erklärt er. „Wir bieten unseren Klienten aber auch Hilfestellungen bei Rehaplätzen, Steuerberatung, juristische Hilfe oder Ausbildungsberatung an.“
Auch Luca Zander wird von Sports Impuls beraten
Weil sich gute Arbeit herumspricht, hat Sports Impuls mittlerweile auch knapp zehn Fußballer im Portfolio. „Unsere Fußballklienten sind alle aktiv auf uns zugekommen, wir haben keine Werbung gemacht“, sagt Gerster, der sich ursprünglich nur auf Handball fokussieren wollte. Als allerdings die Eltern des heutigen FC-St.-Pauli-Profis Luca Zander (27) vor elf Jahren einen Berater für das damals in der B-Jugend von Werder Bremen aktive Talent suchten, sagte Gerster zu. Dennoch: „Es ist nicht so, dass wir in den nächsten Jahren 30 oder 40 Fußballklienten haben wollen“, stellt er klar.
Die Bedürfnisse von Fußballern und Handballern unterscheiden sich, weiß Gerster. „Als Fußballer steht man sehr viel mehr im Fokus der Öffentlichkeit. Da sprechen wir viel mehr über Anforderungen an die Außendarstellung. Auch die Gehaltsunterschiede sind sehr vehement, sodass es für unseren Steuerberater da etwas mehr Arbeit gibt.“ Im Handball hingegen müsse sich fast jeder Profi auf einen Job nach der Karriere vorbereiten. „Die Handballer, die neben der Karriere noch ein Studium oder eine Ausbildung machen, werden auch die besseren Sportler, weil sie nebenbei ihren Kopf anstrengen“, sagt Gerster. „Niklas Weller, der nebenbei arbeitet und seine Doktorarbeit schreibt, ist ein sehr positives Beispiel.“
Markt im Handball nicht so aggressiv wie im Fußball
Während im Fußball große Beratungsagenturen bereits in der C-Jugend aggressiv um die besten Talente buhlen, ist der Markt im Handball deutlich gemäßigter. „Es ist ein bisschen gesünder im Handball, weil der Markt kleiner ist. Die A- und B-Jugendlichen im Handball stehen nicht so sehr im Fokus wie im Fußball“, weiß Gerster, dessen Agentur erst ab dem U-17-Jahrgang scoutet. Anders als im Fußball schließt Sports Impuls in Zusammenarbeit mit den Eltern bis zur Volljährigkeit auch keine rechtskräftigen Verträge, sondern sogenannte Patenschaften ab, ohne ein Honorar zu verlangen.
So lief es auch bei Dominik Axmann und Leif Tissier, die erst mit ihren ersten Profiverträgen beim HSVH auch offiziell bei Sports Impuls unter Vertrag genommen wurden. Als Axmann beispielsweise im vergangenen Dezember seinen Vertrag bis 2025 verlängerte, erhielt Gerster eine Provision für die Vertragsunterschrift. Im Anschluss ist eine Beteiligung am Gehalt der Spieler üblich. In der Bundesliga sind das im ersten Vertragsjahr in der Regel 14 Prozent des Bruttogehalts, im zweiten Vertragsjahr sieben Prozent. Axmann und Tissier sind für Gerster „bodenständige Typen, die wissen, was wie können, wo sie hinwollen und woran sie noch arbeiten können“. Beide sehe er mittlerweile als „gestandene Bundesligaprofis“ an.
Transfersummen spielen kaum eine Rolle
Anders als im Fußball sind im Handball auch deutlich geringere Transfersummen üblich. „Im Handball ist es angesichts der Budgets nicht möglich, solche Summen zu zahlen“, sagt Gerster. Ein Transfer wie der des dänischen Nationalspielers Simon Pytlick (22) von GOG zur SG Flensburg-Handewitt zählt mit einer Ablösesumme von rund 450.000 Euro in diesem Sommer schon zu den teuersten in Europa. „Ablösesummen nehmen im Handball aber immer mehr zu. Vor ein paar Jahren galt noch, dass ein laufender Vertrag ein laufender Vertrag ist“, sagt Gerster.
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Beim HSVH, der am Sonnabend (20.30 Uhr/Sky) Rekordmeister THW Kiel in der Barclays Arena empfängt, sind die Kaderplanungen für die kommende Saison abgeschlossen. „Der HSVH hat eine tolle Arbeit gemacht. Wenn sie es nach Europa schaffen sollten, werden sie ihre Augen und Ohren bestimmt noch mal offenhalten, ob es auf dem Markt noch Verstärkungen gibt“, sagt Gerster. „Stand heute weiß ich vom Trainer und Geschäftsführer aber nicht, dass sie kurzfristig noch jemanden verpflichten möchten.“
Nach Abendblatt-Informationen wird dies wegen des bereits ausgereizten Spieleretats auch bei einer Qualifikation für die European League so bleiben. Falls sich allerdings doch noch ein Budget auftun sollte, stünden Gerster und Sports Impuls bereit.
Vor dem Heimspiel des HSVH gegen den THW Kiel tragen die U-17-Teams beider Clubs ihr Halbfinale um die deutsche Meisterschaft (18 Uhr) ebenfalls in der Barclays Arena aus.