Hamburg. Hamburgs Bundesligahandballer müssen nach Jacob Lassen wohl auch auf Nicolai Theilinger verzichten. Welcher Rechtshänder einspringt.

Als die 3150 Zuschauer die Sporthalle Hamburg am späten Sonnabend bereits verlassen hatten, blieb Nicolai Theilinger alleine auf dem Spielfeld zurück, sein Blick zeigte eine Mischung aus Schmerz und Enttäuschung. „Das Einzige, was mir momentan helfen würde, wäre Ruhe. Die kann ich mir im Moment nicht gönnen“, sagte der Rückraumrechte des HSV Hamburg (HSVH), der bei der 28:32 (12:15)-Niederlage von Hamburgs Bundesligahandballern gegen den TBV Lemgo Lippe nach einem Sturz mit Schmerzen an der rechten Hüfte in der ersten Halbzeit ausgewechselt werden musste.

Seit Wochen plagen den Vertreter des etatmäßigen Halbrechten Jacob Lassen (Saisonaus nach Schlüsselbeinbruch) Probleme an der Hüfte, zuletzt spielte er mit zusammengebissenen Zähnen und Schmerztabletten. „Es hat keinen Sinn gemacht, sich noch mehr durchzubeißen und es noch schlimmer werden zu lassen. Es ging wochenlang gut, in den vergangenen zwei Wochen dann nicht mehr“, sagte Theilinger, der sich bereits beim 24:21-Sieg gegen die HSG Wetzlar eine Woche zuvor durchgequält hatte.

Handball: Theilingers Einsatz in Hamm ist ungewiss

Ein Einsatz am Donnerstag (19.05 Uhr) beim bereits als Absteiger feststehenden Tabellenletzten ASV Hamm-Westfalen ist ungewiss. „Es ist ziemlich nervig. Man hat es mir in der vergangenen Woche schon angesehen, dass ich Probleme habe. So lange ich mich gut bewege und nicht drauffalle, ist es kein Problem. Handball ist aber leider ein Kontaktsport. Da ist das Risiko groß“, sagte er.

Nun war die verdiente Niederlage gegen die Ostwestfalen nicht allein an den fehlenden Rückraum-Linkshändern beim HSVH auszumachen. Die Hamburger wirkten insgesamt zu pomadig, ließen defensiv viel zu viele Lücken und ihre Torhüter Jens Vortmann (vier Paraden) und Alexander Pinski (drei) im Stich. „Wir waren sehr löchrig in der ersten Halbzeit, Lemgo konnte fast kontaktlos durchmarschieren“, sagte Theilinger. „Wir hatten Abstimmungsprobleme, waren nicht so aggressiv, wie wir es uns vorgenommen haben.“

Tissier und Magaard mit Comebacks

Im Angriff waren die Comebacks von Spielmacher Leif Tissier (nach Handbruch) und Kreisläufer Andreas Magaard (nach Knieproblemen) die größten Mutmacher, ansonsten mangelte es an Präzision und Konzentration. Kein HSVH-Akteur warf mehr als drei Tore.

Symbolisch für den schwachen Auftritt, der den Hausherren die erste Heimniederlage seit November 2022 bescherte, stand Linksaußen Casper Mortensen. Seine schwache Bilanz: Drei Siebenmetertore, dazu drei Fehlwürfe, einer davon am leeren Tor vorbei – und ein Streit mit Torsten Jansen. Als der Trainer den Dänen auswechseln wollte, ging dessen Blick durch die gesamte Halle, nur nicht in Richtung Ersatzbank.

Mortensen-Streit mit Trainer Jansen

Auch einen Hinweis von Mitspieler Dani Baijens ignorierte Mortensen, um kurz darauf dann doch zur Bank zu sprinten und Jansen als i-Tüpfelchen den Handschlag zu verwehren. „Ich will immer spielen. Es war seine Entscheidung und das muss ich akzeptieren“, sagte Mortensen, der Jansen dann doch noch den Handschlag gab – nachdem dieser ihn lautstark eingefordert hatte. „Man kann nur mutmaßen, ob er es nicht gesehen oder gehört hat“, sagte Jansen.

Deutlich mehr Sorgen als der kleine Zwist bereitet dem Coach derzeit ohnehin die personelle Lage. Gegen Lemgo musste in erster Linie Rechtshänder Dominik Axmann für Theilinger einspringen – mit mäßigem Erfolg. „Es tut uns extrem weh, dass gleich beide Linkshänder im Rückraum verletzt sind“, sagte das Eigengewächs. „In der Zweiten Liga habe ich oft auf der Position gespielt, deshalb kenne ich das. Trotzdem muss ich jetzt erstmal wieder reinkommen, den Durchbruch im Training noch ein paar Mal üben. Grundsätzlich spiele ich aber, wo ich gebraucht werde.“

Theilinger könnte "Tage oder Wochen" ausfallen

Wie lange Theilinger ausfällt, ist kaum zu prognostizieren und von seinem Schmerzempfinden abhängig. „Als ich ihn gefragt habe, ob er Donnerstag wieder spielen kann, hat er müde gelächelt“, sagte Jansen. Es könnte sein, dass wir die nächsten Tage oder Wochen ohne ihn spielen müssen.“ Auch Theilinger selbst klang nicht wirklich optimistisch. „Die Problematik wird sich noch mindestens bis Saisonende ziehen“, sagte der 31-Jährige.

Beißt sich Theilinger, der im Sommer ausgerechnet nach Lemgo wechseln wird, nicht weiter durch, geht dem HSVH offensiv noch mehr Variabilität verloren. Insbesondere Kreuzbewegungen wären kaum mehr möglich. „Ohne Linkshänder haben wir das eine oder andere Problem in der Spielgestaltung“, sagte Jansen, der der Niederlage angesichts der Debatte um Platz sechs und eine mögliche Europapokalqualifikation doch noch etwas Positives abgewinnen konnte: „Ich bin auch ganz froh, dass wir mal wieder ein Spiel verloren haben. Das holt alle mal wieder ein bisschen auf den Boden zurück.“

Tore HSVH: Andersen 3/3, Baijens 3, Bergemann 3, Mortensen 3/3, Weller 3, Axmann 2, Magaard 2, Theilinger 2, Tissier 2, Valiullin 2, Schimmelbauer 1, Vortmann 1.

Tore Lemgo: Versteijnen 8, Zerbe 6/1, Guardiola Villaplana 5, Hutecek 5, Zehnder 3/3, Brosch 2, Laerke 2, Suton 1.

Schiedsrichter: Zupanovic/Thöne (Berlin).