Hamburg. Mit dem HSV Hamburg stieg der Profi des TVB Stuttgart einst bis in die Handball-Bundesliga auf. Was er über das Duell am Sonntag denkt.

Im Frühjahr 2016 wäre Jan Forstbauers Handballkarriere beinahe schon vorbei gewesen. Bei Bundesligist MT Melsungen wurde der Vertrag des damals 23-Jährigen, der nicht nur wegen seines Junioren-Weltmeistertitels 2011 als eines der größten Talente Deutschlands galt, nicht verlängert.

„Ich hatte schon überlegt, nach Stuttgart zurückzukehren und mich anstelle des Handballs voll auf mein Studium zu konzentrieren. Dann kam plötzlich der Anruf von Martin Schwalb“, erinnert sich Forstbauer, als er im Abendblatt-Podcast „Auszeit HSVH“ zu Gast ist. Nach sechs Jahren beim HSV Hamburg (HSVH) kehrt Forstbauer am Sonntag (16 Uhr/Sky) mit dem TVB Stuttgart zurück in die Sporthalle Hamburg.

Handball: Schwalb lockte Forstbauer nach Hamburg

2016, wenige Monate bevor Schwalb anrief, hatte der HSV Handball wegen seiner Insolvenz gerade die Lizenz für die Bundesliga verloren. Der frühere Erfolgstrainer Schwalb versuchte nun, den HSVH für einen Neuaufbau in der Dritten Liga aufzustellen. Forstbauer war anfangs etwas skeptisch, ließ sich dann aber schnell vom neuen Vizepräsidenten überzeugen, sich dem Projekt anzuschließen.

„Ich habe mich ein bisschen von Martin Schwalb belabern lassen“, sagt Forstbauer und lacht. „Alles, was mir erzählt wurde, klang für einen Verein, der ein paar Monate zuvor insolvent gegangen war, sehr vielversprechend.“

Forstbauers Entscheidung war richtig

Die Entscheidung, den Handball nicht aufzugeben, erwies sich als goldrichtig. Als Führungsspieler erlebte Forstbauer mit dem HSVH sechs größtenteils sehr erfolgreiche Jahre, stieg 2018 in die Zweite und 2022 in die Erste Liga auf. Im vergangenen Sommer schloss sich der Rückraumspieler dann seinem Jugendclub TVB Stuttgart an.

„Es war eine sehr schwierige Entscheidung, weil Hamburg mir in den letzten Jahren sehr ans Herz gewachsen ist. So etwas lässt man nicht gern zurück“, sagt Forstbauer. „Es wird am Sonntag auf jeden Fall merkwürdig sein, in der Sporthalle Hamburg in der falschen Kabine zu sitzen. Ich glaube, die ist auch ein Stockwerk tiefer als die Heimkabine.“

Stuttgarter vermisst seine Wohnung am Innocentiapark

Hamburg und insbesondere die schöne Wohnung am Innocentiapark nach sechs Jahren zu verlassen sei ihm schwergefallen, gibt der mittlerweile 30-Jährige zu. Mit HSVH-Spielern wie Niklas Weller hatten sich enge Freundschaften gebildet („Es wird vor dem Spiel vermutlich ein paar Sticheleien geben.“), auch das Verhältnis zu Trainer Torsten Jansen schätzte Forstbauer sehr. „Mit Toto kann man immer reden. Natürlich hat auch er klare Ziele und Prinzipien. Trotzdem habe ich immer die offene, freundschaftliche Atmosphäre geschätzt“, sagt er.

Am Ende überwog bei seiner Wechselentscheidung allerdings die Nähe zur Heimat sowie ein zweijähriger Kontrakt bis Sommer 2024. Beim HSVH hatte ihn Geschäftsführer Sebastian Frecke nach Abendblatt-Informationen nur einen Einjahresvertrag angeboten.

Tabellarisch gesehen war der Wechsel ein Rückschritt

Rein tabellarisch war der Wechsel vom HSVH zum TVB ein Schritt zurück. Während der HSVH als Tabellensiebter sogar auf einen Europapokalplatz hoffen darf, hat Stuttgart auf Platz 15 Abstiegssorgen.

„Wir haben nicht die nötige Konstanz. Wir schaffen es nicht, unsere beste Leistung in mehreren Spielen in Folge zu zeigen“, sagt Forstbauer, der auch persönliche Eingewöhnungsprobleme überstehen musste. „Ich hatte nach der Zeit in Hamburg ein paar Anpassungsschwierigkeiten. Mir ist es schwergefallen, mich auf das Offensivspiel hier einzustellen. Da gibt es noch gehörig Potenzial nach oben“, sagt er.

Seinem Ex-Club wünscht Forstbauer für die Saisonendphase maximalen Erfolg – aber erst nach dem Duell am Sonntag. „Ich würde es dem Verein wünschen, auf Platz sechs zu landen. Das wäre eine Riesensache, absoluter Wahnsinn zwei Jahre nach dem Aufstieg“, sagt Forstbauer. „Und wenn man so weit oben in der Tabelle steht, hat man sich den Europapokal dann auch verdient.“