Hamburg. Nach Krisen und Abstiegen sind die einstigen Handball-Giganten wiedererstarkt. Am Dienstag kommt es in der Bundesliga zum Duell.
Wer verstehen will, welche Bedeutung der VfL Gummersbach in Handballdeutschland besitzt, muss nur ein paar Zeitungsartikel aus dem Juni 2019 heraussuchen. Es war das Jahr, in dem der Traditionsverein nach 53 Jahren erstmals aus der Bundesliga abstieg. „Der Hamburger SV des Handballs“, titelte damals etwa die „Stuttgarter Zeitung“. Der bereits viele Jahre wankende Handball-Dino war wie sein fußballerisches Pendant gestürzt.
Für den einst erfolgreichsten Handballverein der Welt, der zwölf Meisterschaften, fünf Pokalsiege und elf Europacup-Triumphe feierte, hatte sich der Absturz in die Zweitklassigkeit – wie ein Jahr vorher beim HSV – lange Zeit angebahnt. Sportlich und finanziell hatte der Club schon lange den Anschluss verloren, die Erstligalizenz war gleich mehrfach in Gefahr. Beim Abstieg 2019 hatte der VfL vier Millionen Euro Schulden.
Gummersbach konnte sich in der 2. Handball-Bundesliga sanieren
Dreieinhalb Jahre später ist Gummersbach wieder da. „Der Vulkan ist aktiv“, titelte die „Süddeutsche Zeitung“ im September dieses Jahres, drei Monate nachdem der Verein den Wiederaufstieg geschafft hatte. Die Zweite Liga hatte für Gummersbach eine reinigende Wirkung. Großzügige Sponsoren und Anteilseigner tilgten etwa drei Viertel der Schulden, der Etat wurde radikal gekürzt.
Der isländische Trainer Gudjon Valur Sigurdsson setzte konsequent auf junge Spieler, vor allem mit der Verpflichtung von Ausnahmetalent Julian Köster (22) lag Sigurdsson bei seinem Amtsantritt im Sommer 2020 goldrichtig. Noch als Zweitligaprofi debütierte Köster vor rund einem Jahr in der deutschen Nationalmannschaft.
Niklas Weller ist die Wucht des VfL Gummersbach bewusst. Die Schwalbe Arena wird an diesem Dienstag (19.05 Uhr/Sky) wieder ausverkauft sein, wenn Weller und der HSV Hamburg (HSVH) in der oberbergischen Kreisstadt gastieren.
HSV Hamburg und Gummersbach: Die Geschichten ähneln sich
Die Geschichten beider Clubs ähneln sich. Auch Hamburgs Handballer spielten einst um Titel, stürzten dann durch finanzielle Probleme 2016 ab, verloren die Bundesligalizenz und schafften mit neuer Demut den Wiederaufbau.
„Wie wir sind sie nach dem Aufstieg als Kader zusammengeblieben. Man hat das Gefühl, dass sie sich nur schwer aus der Ruhe bringen lassen“, sagt Weller über Gummersbach. Neben Köster überzeugt in dieser Saison im VfL-Rückraum vor allem Spielmacher Dominik Mappes (28), gekommen von Zweitligist TV Hüttenberg. Der VfL hat den jüngsten Kader der Liga, auch der Etat ist einer der kleinsten. An die rund fünf Millionen Euro des HSVH kommt der Club nicht heran.
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Mit jeweils einstelligen Tabellenplätzen liegen beide Vereine trotz der im Vergleich zu früheren Zeiten deutlich geringeren finanziellen Möglichkeiten über den Erwartungen. „Sie sind gut in die Saison reingekommen, reiten momentan ein bisschen auf dieser Euphoriewelle“, sagt Weller. Egal wer das letzte Spiel dieses Jahres gewinnt, ist bereits klar: Die einst gestürzten Schwergewichte sind zurück.