Hamburg. Der HSVH bietet dem Handballmeister Paroli. Verhinderten die Schiedsrichterinnen eine Hamburger Überraschung?

Der Blick, den Torsten Jansen nach der Schlusssirene in Richtung der Schiedsrichterinnen warf, trug eine Mischung aus Fassungslosigkeit und Hass in sich. Auch wenn sich der Trainer des HSV Hamburg (HSVH) nach der bitteren 28:30 (17:16)-Heimniederlage gegen den deutschen Handballmeister SC Magdeburg zu beherrschen versuchte, war seine tiefe Abneigung gegenüber den Entscheidungen der Unparteiischen spürbar.

„Es war am Ende ein bisschen wild mit Zweiminutenstrafen und Dingen, mit denen ich nicht einverstanden war“, sagte Jansen, als er nach einem klärenden Gespräch mit dem Schiedsrichterduo leicht verspätet zur Pressekonferenz erschienen war. „Wir haben das eben geklärt.“ Bester Hamburger Werfer war Rückraumschütze Jacob Lassen mit sieben Toren.

Der deutsche Meister aus Sachsen-Anhalt begann wie die Hallenshow vor dem Spiel: mit Schwierigkeiten. Wegen technischer Probleme beim Kampfgericht mussten Spieler und Publikum beim Warmmachen auf die musikalische Untermalung verzichten. Im Gegensatz zu den Gastgebern startete Magdeburg dementsprechend schläfrig, der HSVH führte schnell 3:0 (5.). Der für Tempohandball bekannte SCM schien zunächst überrascht zu sein, wie aggressiv die Hamburger verteidigten.

HSV Hamburg: Bitter heizt Fans mit Parade an

Schon nach wenigen Aktionen bekamen Kapitän Niklas Weller und Dominik Axmann für ihre Arbeit im Mittelblock Szenenapplaus von Trainer Jansen. Das zuletzt fehlerhafte Rückzugsverhalten hatte er seiner Mannschaft offenbar ausgetrieben, hellwach fanden die HSVH-Profis in ihre Abwehrpositionen.

Für den SCM war es nach Einsätzen in der Bundesliga, im DHB-Pokal und in der Champions League das vierte Pflichtspiel innerhalb von acht Tagen, der HSVH wirkte deutlich frischer. „Das hat uns heute die letzte Kraft gekostet“, sagte SCM-Trainer Bennet Wiegert nach dem Spiel.

Nach knapp zehn Minuten zündete HSVH-Torhüter Johannes Bitter die Halle stimmungsmäßig mit einer spektakulären Parade an. Großen Anteil an der zwischenzeitlichen Hamburger Viertoreführung (12:8/18.) hatte das dänische Außen-Duo Casper Mortensen und Frederik Bo Andersen, die im ersten Durchgang jeweils vier Tore bei vier Würfen erzielten. „Wir haben über weite Strecken eine gute Abwehr gespielt, gerade in der ersten Halbzeit decken wir sehr gut. Die Tore, die wir bekommen haben, waren größtenteils sehr gut rausgespielt“, sagte Weller.

HSV Hamburg nervt Meister Magdeburg

Der amtierende Club-Weltmeister aus Magdeburg war zunehmend genervt, Wiegert kochte erst innerlich, dann äußerlich, pestete immer wieder in Richtung der Schiedsrichterinnen und des Kampfgerichts. Auch Wiegerts Co-Trainer Yves Grafenhorst meckerte, bis er mit einer Gelben Karte verwarnt wurde.

Ärgerlich aus Hamburger Sicht: Anstatt mit einer Führung von zwei oder drei Toren in die Halbzeit zu gehen, kam Magdeburg Sekunden vor der Pausensirene noch mal heran, Rechtsaußen Tim Hornke ließ die 5387 Zuschauer mit einem sehenswerten Kempa verstummen. „Das 17:16 war für uns fantastisch zur Pause. Das hätte auch anders sein können“, sagte Wiegert.

Die rund 130 mitgereisten Magdeburger Fans waren lange Zeit ungewohnt leise. Erst als Topstar Omar Ingi Magnusson kurz nach der Pause erstmals ausglich (18:18/35.) und Hornke den SCM im nächsten Angriff in Führung brachte, gaben die Gästeanhänger lautere Lebenszeichen von sich. Die Partie blieb dramatisch, Magnusson und Mortensen setzten jeweils einen Siebenmeter neben das Tor.

HSV Hamburg verzweifelt an Magdeburgs Keeper

Mitte der zweiten Halbzeit sorgte dann einmal mehr Keeper Bitter (insgesamt zehn Paraden) dafür, dass der HSVH eine kritische Phase halbwegs unbeschadet überstand. Teils umstrittene Zeitstrafen gegen Tobias Schimmelbauer, Azat Valiullin (beide 45.) und Andersen (47.) brachten den HSVH in doppelte Unterzahl – und Teammanager Markus Groß so in Rage, dass auch er mit Gelb verwarnt wurde.

Die Stimmung in der Halle wurde immer giftiger, spätestens als SCM-Kapitän Christian O’Sullivan Hamburgs Rückraumschützen Dominik Axmann aus vollem Lauf niederstreckte, reagierten die Fans mit gellenden Pfiffen. Auch Wiegert tobte an der Seitenlinie, schwächte sein Team mit einer Zweiminutenstrafe.

HSV Hamburg hadert mit Schiedsrichterinnen

Der nun in doppelter Überzahl agierende HSVH verzweifelte allerdings an SCM-Schlussmann Nikola Portner, Magnusson brachte die Gäste erstmals mit drei Toren in Führung (25:28/57.). Die Unparteiischen waren der Intensität in dieser Phase nicht gewachsen, übersahen zunächst einen klaren Schrittfehler von Magdeburgs Gisli Kristjansson, bestraften dann auch die Hamburger Bank mit einer Zweiminutenstrafe, nachdem Jansen wild vor Wut an der Seitenlinie umhersprang.

„Es ist in der Abwehr sehr schwierig, wenn man von den Schiedsrichtern gar keine Unterstützung kriegt“, schimpfte Weller. „Die Regel lautet drei Schritte – und alle dürfen fünf machen. Es ist dann nicht mehr zu verteidigen.“ Als Jansen sich beruhigt hatte, wusste er die Leistung allerdings einzuschätzen. „Ich möchte meiner Mannschaft ein großes Kompliment machen“, sagte der Trainer. Trotz der Niederlage konnte ihm niemand widersprechen.

Die Statistik:

  • Tore HSVH: Lassen 7, Mortensen 5/3, F. B. Andersen 4, Weller 4, Axmann 3, Baijens 2, Valiullin 2, Magaard 1. Tore
  • Magdeburg: Magnusson 10/3, Hornke 3, Kristjansson 3, Mertens 3, Pettersson 3, Musche 2, Saugstrup 2, Weber 2, Meister 1, Smits 1.
  • Schiedsrichterinnen: Merz/Kuttler (Meckenbeuren). Strafminuten: 12/10.