Hamburg. Fehlende Kommunikation? Keine Aggressivität? Die Hamburger Bundesligahandballer müssen ihre Abwehrproblem in Wetzlar lösen

Es war eine ungewöhnlich Auswärtsreise, die die Bundesligahandballer des HSV Hamburg (HSVH) am Freitagnachmittag auf sich nahmen. Direkt nach dem Abschlusstraining im Volkspark bestieg das Team nicht wie gewohnt den Mannschaftsbus, sondern eine S-Bahn. Mit der S3 ging es unter anderem für Torhüter Johannes Bitter, Star-Linksaußen Casper Mortensen und Kapitän Niklas Weller nach Harburg, wo der gewohnte Mannschaftsbus für das Spiel bei der HSG Wetzlar wartete. Durch die Sperrung der A7 und dem Verkehrschaos auf den Elbbrücken waren die öffentlichen Verkehrsmittel der schnellste Weg aus der Stadt.

Defensivschwäche: Gegner des HSVH bestraften technische Fehler

An diesem Sonnabend (20.30 Uhr/Sky) soll es auch in Wetzlar eng werden. Nicht auf den Straßen, sondern in der Hamburger Abwehr. „Wir müssen schneller in unsere Positionsabwehr kommen, damit sich der Gegner die Tore härter erarbeiten muss“, sagt Kapitän Weller. Zuletzt gelang das nicht, in den vergangenen drei Spielen kassierte der HSVH insgesamt 109 Gegentore. Die Füchse Berlin bestraften beim 28:37 am vergangenen Wochenende vor allem viele technische Fehler im Angriff gnadenlos. „Ich kann mir das nicht erklären“, sagte Trainer Torsten Jansen zu den vielen Ballverlusten. „Ich kann den Jungs ja nicht sagen, dass sie den Ball bitte nicht zum Gegner spielen sollen, weil das schlecht ist. Das sollten sie wissen.“

Abwehrchef Weller hat nach der intensiven Aufarbeitung unter der Woche die größten Schwachstellen im Ablauf nach offensiven Ballverlusten ausgemacht. „Im Rückzug ist nicht die Schnelligkeit oder Bereitschaft das Problem, sondern die Abstimmung“, sagt er. „Viele unserer Probleme können mit Kommunikation gelöst werden. Wenn man als Abwehr über Jahre zusammenspielt, kann man auf die eine oder andere Absprache verzichten. Wir können das noch nicht.“

Betrachtet man alleine den derzeitigen Stamm-Mittelblock, muss man zumindest entgegenhalten, dass Dominik Axmann und Weller bereits seit Drittligazeiten zusammen verteidigen. Mit Azat Valiullin (kam im Sommer 2021) und Andreas Magaard (Sommer 2022) sind allerdings zwei neue Spieler dabei. Anders als die Füchse, die mit Marko Kopljar und Mijaljo Marsenic einen eingespielten Mittelblock zur Verfügung haben, gibt es beim HSVH keine unumstrittenen Stammkräfte in der Abwehr.

HSVH-Kapitän Weller fordert "Geilheit" auf Kommunikation

Wie wichtig diese über Jahre gewachsene Abstimmung sein kann, haben auch Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler in den vergangenen Jahren in der deutschen Nationalmannschaft und bei Rekordmeister THW Kiel gezeigt. „Es müssen alle noch geiler darauf sein, miteinander auf dem Spielfeld zu sprechen. Man kann nicht nebeneinander am Kreis stehen und hoffen, dass es gut geht, sondern muss Spieler übergeben und manchmal auch aggressiver rausrücken“, sagt Weller.

Darüber hinaus, weiß der 29-Jährige, muss das Jansen-Team auch mehr Fouls einstreuen. Das ist im Handball nicht unsportlich, sondern ein übliches Stilmittel, um dem Gegner Tempo und Rhythmus zu nehmen. „Wir müssen teilweise noch gezielter foulen“, sagt Weller. „Durch Stopp-Fouls stört man den gegnerischen Angriff.“ Ist der Gegner einmal im Positionsangriff und muss langsam am Kreis aufbauen, steht der HSVH sicher.

HSV Hamburg warnt vor HSG Wetzlar

Die HSG musste im Sommer den Abgang von Rückraumspieler Olle Forsell Schefvert (Rhein-Neckar Löwen) verkraften, zudem riss sich bereits im Juni Toptorjäger Stefan Cavor das Kreuzband. Da mit Lenny Rubin (50 Saisontore) und Vladan Lipovina (42) aber immer noch potente Distanzschützen dabei sind, bleibt Wetzlar gefährlich. „Sie haben Spieler, die gerne mal einen Wurf aus der Distanz nehmen. Das wissen wir“, sagt Weller. Dass HSVH-Torhüter Bitter am liebsten bedrängte Rückraumwürfe abwehrt, ist kein Geheimnis.

Setzt der HSVH Jansens Vorgaben um, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er hinten an diesem Wochenende ähnlich dicht ist wie der Hamburger Verkehr.