Hamburg. Kreisläufer Niklas Weller vom HSV Hamburg ist vor dem Zweitliga-Heimspiel heute gegen Konstanz der Spieler der Stunde.

Seine Leistungen zum Saisonstart waren „eine einzige Sternstunde“, schreibt die 2. Handball-Bundesliga auf ihrer Website über den „Spieler des Monats September“. Mit 52 Prozent setzte sich Niklas Weller beim On­linevoting der Fans durch. Mit 59 Treffern – 8,4 pro Spiel im Schnitt – führt der Kreisläufer des Handball Sport Vereins Hamburg die Torschützenliste an. An fünf von sieben Zweitligaspieltagen warf er sich in die Mannschaft der Woche. Er freue sich zwar. Es sei jedoch „vielmehr eine Auszeichnung, für die persönliche Arbeit und die des Teams. Ich freue mich mehr über die Siege, die wir geholt haben“, sagt der Kapitän der Hamburger, die mit 9:5 Punkten Tabellensechste sind. „Ein Kabinenfest werde ich wohl noch geben müssen“, kündigt der 26-Jährige im Abendblatt-Gespräch an. Vielleicht ja schon nach einem Heimsieg an diesem Freitagabend, wenn der HSVH Aufsteiger HSG Konstanz (13./
5:9 Punkte) in der Sporthalle Hamburg (20 Uhr/Sportdeutschland.tv) empfängt.

Hamburger Abendblatt: Herr Weller, sind Sie böse auf Ihren Mitspieler Leif Tissier?

Niklas Weller: Nein, wieso sollte ich?

Mit Tissier hat Sie am vergangenen Spieltag beim Remis in Bietigheim (23:23) erstmals in dieser Saison ein Teamkollege als bester Hamburger Torschütze des Spiels abgelöst.

Weller: Ach so, nein, ganz im Gegenteil: Das freut mich für Leif. Er hat wie viele bei uns eine super Entwicklung genommen, ist derzeit auch sehr gut drauf. Dass ich die Torschützenliste anführe, ist dem geschuldet, dass ich die Siebenmeter werfe. Das darf man nicht vergessen.

Von der Strafwurflinie stehen Sie bei einer Erfolgsquote von 87 Prozent, vom Kreis bei 93 Prozent. Wie erklären Sie die Treffsicherheit? Sie waren eher als Abwehrchef denn als Haupttorschütze vorgesehen.

Weller: Das ist sicherlich eine Frage des Momentums. Das aber auch wieder kippen kann. Im Moment bin ich gut drauf, verletzungsfrei in die Saison gestartet. Wenn dann die Tore fallen, steigt das Selbstbewusstsein, und man trifft, ohne groß darüber nachzudenken.

Ohne nachzudenken? Ihre Wurfauswahl und -ausbeute sind deutlich verbessert zur vergangenen Saison.

Weller: Das stimmt. Ich treffe bessere Entscheidungen, schließe überlegter ab. Das ist ein Erfahrungswert. Zum einen hat sich unsere Trainingsintensität erhöht. Zum anderen habe ich ein Jahr Lernzeit in der Zweiten Liga hinter mir. Die gegnerischen Torhüter haben ein so hohes Niveau, die sehen genau, welcher Wurf aus einer bestimmten Situation noch möglich ist und halten den dann. Aus diesen Momenten habe ich gelernt, auch an meinem Repertoire gearbeitet. Früher hatte ich zwei, drei Standardwürfe. Jetzt bin ich variabler im Abschluss.

Es heißt, Sie haben in der Sommerpause viel trainiert, wirken trotz der Kreisläufermasse von 102 Kilo fitter als zur Vorsaison ...

Weller: Ich habe im Sommer mein Programm durchgezogen, war im Urlaub mit täglich ein bis zwei Lauf- und Krafteinheiten fleißig. Dazu kommt, dass ich Anfang des Jahres fünf Kilo abgenommen habe. Für meine Athletik und Schnelligkeit war das noch mal ein wichtiger Schritt. Ich lebe zwar ohne festen Ernährungsplan, muss aber darauf achten, was ich esse.

Es gibt aber wesentlich größere Brocken als Sie in der Zweiten Liga?

Weller: Ja, genau. Ich habe mit 1,89 Metern nicht das Zwei-Meter-Gardemaß im Innenblock. Die körperlichen Nachteile muss ich durch Schnelligkeit und Antizipation ausgleichen. Gegen die großen Kerle der Liga kann ich es in der Abwehr nicht zu defensiv an der Sechsmeterlinie lösen. Da muss ich offensiver verteidigen, schnell raustreten, den Gegner festmachen.

2012 kamen Sie zum Jurastudium nach Hamburg, über die Oberliga in Ellerbek 2015 dann zur zweiten Mannschaft des damaligen HSV. Fühlt sich Zweitligahandball für Sie an wie ein Traum?

Weller: Ich habe keinen Karriereplan im Handball, den ich als Hobby begonnen habe. Heute kann ich nach dem Ersten Staatsexamen promovieren und mir mein Studium mit Profihandball finanzieren. Ich hätte 2015 nie daran gedacht, dass ich einmal in der Zweiten Liga diese Rolle spielen kann, die ich im Moment ausfülle. Doch man kann sich auch mit 26 Jahren noch weiterentwickeln. Man muss es nur wollen. Das beweist mir die Auszeichnung zum Spieler des Monats. Mehr nicht.