Insolvenzverwalter rechnet mit Auflösung der Mannschaft. Womöglich muss Lizenz entzogen werden. Auch Insolvenzverschleppung denkbar.
Hamburg. Als Gideon Böhm am Freitag mit finsterer Miene vor die Presse trat, wurde es ruhig im Mercure Hotel. „Die finanziellen Mittel reichen nicht aus, um den Spielbetrieb des HSV Hamburg bis Saisonende sicherzustellen“, sagte der Insolvenzverwalter, der zugleich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verkündete. Damit stehen die Handballer vor dem vorzeitigen Aus – das Horrorszenario wird immer wahrscheinlicher. „Und das trotz der zuletzt sportlich herausragenden Leistung“, sagte der Rechtsanwalt und seufzte.
Infolgedessen drohe nun auch die Mannschaft auseinanderzufallen. „Die Spieler sind sprachlos und beraten sich gerade in meinen Büroräumen, wie sie weiter vorgehen wollen“, sagte Böhm. „Sie sind heute nicht in der Lage zu trainieren.“ Es müsse zeitnah geklärt werden, ob die Mannschaft sich für das Training und das nächste Bundesligaspiel am 10. Februar in Flensburg bereit erklärt.
HSV-Profis können ablösefrei wechseln
Wegen des schwebenden Insolvenzverfahrens sei es momentan noch unklar, welcher Spieler beim Verein bleiben wolle. „Ich benötige ein Signal von der Liga und den Spielern, ob und mit welcher Mannschaft die Saison zu Ende gespielt werden darf“, erklärte Böhm, der im Falle einer Wechselflut eine Auffüllung der Mannschaft mit U-23-Spielern für nicht sinnvoll betrachte. „Der Spielbetrieb ist noch nicht endgültig eingestellt, aber ich gehe davon aus, dass wir das in Kürze mitteilen müssen. Wir sollten uns dann auf einen Neuaufbau für die kommende Saison konzentrieren.“
Kommentar: Ausverkauf ist leider bitter nötig
Bis zum 15 Februar, wenn das Transferfenster schließt, können die Spieler sich einen neuen Verein suchen. Nachdem zuletzt zwei Monatsgehälter ausgeblieben waren, dürfen die Profis ablösefrei wechseln. Es müsse deshalb innerhalb der nächsten 14 Tage geklärt werden, welche Spieler dem Verein treu bleiben wollen. „Im Anschluss müssen wir kalkulieren und mit allen Förderern besprechen, ob die dann wohl geringere finanzielle Lücke als die derzeit fehlenden zwei Millionen Euro zu schließen sei, oder eben nicht“, sagte Böhm.
Muss dem HSV die Lizenz entzogen werden?
Besonders pikant ist auch, dass die diesjährige HBL-Lizenz für den HSV womöglich einen Makel hatte. So behauptet Mäzen Andreas Rudolph, er müsse trotz seiner Patronatserklärung keine weiteren Zahlungen leisten. Wie das Abendblatt schon vor einigen Wochen berichtete, gibt es eine Einschränkung zu der Verpflichtungserklärung des Finanziers, die der HBL vor der Saison nicht klar war. „Wie die Liga das beurteilt, müssen wir abwarten“, sagte Böhm. Gegebenenfalls müsse den Handballern die Lizenz nachträglich entzogen werden. Selbst eine Insolvenzverschleppung sei denkbar. „Wir werden in Zukunft auch klären, ob der Insolvenzantrag rechtzeitig gestellt wurde“, so Böhm.
Trotz des drohenden Horroszenarios habe der Insolvenzverwalter „aufgrund der vielen positiven Gespräche mit allen Beteiligten große Hoffnungen, dass der Handballsport in Hamburg eine Zukunft hat.“ Allerdings sei es momentan schwierig, zusätzliches Geld bis Saisonende einzutreiben. Dennoch verbreitete Böhm zum Abschluss der Pressekonferenz Hoffnung. „Ich glaube aber daran, dass es in Zukunft möglich ist, Erstligahandball in Hamburg zu betreiben.“