Hamburg. Camron Reece pendelt für die Hamburg Towers und Rist Wedel zwischen sportlichen Extremen. Wieso er überhaupt noch in Hamburg ist.
Welches Ansehen sich Camron Reece inzwischen erarbeitet hat, untermauerte Benka Barloschky (36) am Montag exemplarisch. Als der Cheftrainer der Veolia Towers Hamburg aufzählte, welche Doppellizenzspieler an diesem Dienstag (19.30 Uhr/MagentaSport) in der Inselpark Arena im Basketball-EuroCup gegen U-BT Cluj-Napoca (Rumänien) für die zahlreichen verletzten Akteure (Keondre Kennedy, Zsombor Maronka, Niklas Wimberg, Kur Kuath, Benedikt Turudić) einspringen müssen, vergaß er Reece schlicht. Was ausdrücklich als Kompliment zu verstehen ist.
„Camron ist ein EuroCup-Spieler für mich“, sagt Barloschky. Faktisch ist das korrekt. Genauso richtig aber auch: Der 25-Jährige ist ein Drittligaspieler. Das geht, weil Reece beim Towers-Kooperationspartner SC Rist Wedel in der drittklassigen 2. Bundesliga ProB gemeldet ist, im Europapokal darf er unbegrenzt aushelfen, in der Bundesliga nur fünfmal.
Camron Reece pendelt zwischen EuroCup und 2. Bundesliga ProB
„Oh Mann“, entfährt es dem 2,01-Meter-Kraftpaket nur, als er auf die Unterschied der beiden Wettbewerbe angesprochen wird. „Das ist nicht mal annähernd das Gleiche. In der ProB spielst du auch mal gegen jüngere und physisch unterlegenere Spieler, im EuroCup wird jeder noch so kleine Fehler sofort bestraft“, sagt Reece.
Der Center selbst ist es wiederum, der für Wedel seine fast ausnahmslos athletisch überforderten Gegenspieler bestraft. Bereits in der vergangenen Saison war das so. Nichts schien einem Wechsel in eine höhere Liga im Weg zu stehen. Reece wurde von den Schleswig-Holsteinern bereits verabschiedet. Und dann war er plötzlich zur großen Überraschung wieder da.
„Die Leute in Wedel sind immer für mich da“
„Mir wurde nicht das angeboten, was ich mir erhofft hatte“, sagt Reece, der lediglich Offerten aus Österreich und Luxemburg kamen. Selbst in Wedel, wo niemand Reichtümer anhäuft, wird besser bezahlt. Das unerwartete Schicksal von Reece könnte an einer nicht idealen Vermarktung liegen oder aber daran, dass er mit 2,01 Meter etwas zu klein für einen Center geraten ist. Sonst gibt es keine triftigen Gründe.
„Seine Energie ist großartig, er steigert unser Trainingsniveau, ist zudem ein lustiger Kerl“, sagt Barloschky über Reece, der wöchentlich fast immer bei den Towers und zweimal beim SC Rist trainiert. In Wedel lieben sie ihn sowieso. Und Reece liebt Wedel, die Familiarität und Publikumsnähe. „Die Leute sind immer für mich da“, sagt der Kalifornier aus Oakland. Er dankt es mit durchschnittlich 15,3 Punkten und monströsen 14 Rebounds. In der Vorsaison lagen die Werte bei 16,1 und 11,5.
Kommenden Sommer ist ein größerer Vertrag drin
Wedels Trainer Hamed Attarbashi, von 2014 bis 2019 an der Seitenlinie der Towers, schaut sich die EuroCup-Begegnungen seines Schützlings an, meint: „Wenn man nicht weiß, wer auf dem Feld der Drittligaspieler ist, würde man das nie im Leben erraten.“ Der 48-Jährige nennt Reece „Coach“, „weil ich unseren Youngstern Tipps gebe“, sagt der angesprochene Autofreak. Sein innerer Motor sei dementsprechend seine größte Stärke: „Jeder spielt gern mit mir zusammen, weil ich immer 100 Prozent gebe.“
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Auch gegen Cluj wieder. Mit weiteren starken Auftritten wird Reece dafür sorgen, dass ihn kommenden Sommer kein höherklassiger Verein und kein Trainer mehr vergisst.