Hamburg. Die Hamburger Basketballer setzen auf allen Ebenen auf Nachhaltigkeit. Das schließt Wachstum im sportlichen Bereich jedoch nicht aus.
Nun macht der Nachhaltigkeitswahn der Veolia Towers Hamburg nicht mal mehr vor dem sportlichen Bereich Halt. Spieler raus, Spieler rein, was zählen schon Verträge – ganz nach den guten alten Gepflogenheiten der Basketball-Bundesliga. Aber nicht in Wilhelmsburg.
Der Beinbruch des nominellen Topspielers Jan Niklas Wimberg sei bitter, sagt auch Sportchef Marvin Willoughby. „Aber Basketball ist ein Teamsport, der Ausfall eines Einzelnen wirft uns nicht aus der Bahn.“ Ganz klar, wer auf Nachhaltigkeit bedacht ist, bleibt ja auch lieber in der Bahn.
Basketball: Veolia Towers Hamburg müssen sich in der Bundesliga nicht mehr verstecken
Schwacher Gag zum Einstieg, aber in der Tat dreht sich bei den Towers vieles darum, sich ökologisch, ökonomisch und auch sportlich langlebiger aufzustellen. „Wir haben unsere Flotte für die Spieler und Angestellten komplett auf Elektromobilität umgestellt, konnten unseren CO²-Abdruck dadurch halbieren“, sagt Jan Fischer (43), kaufmännischer Geschäftsführer des Clubs, bei der Saisoneröffnungspressekonferenz am Mittwoch stolz. Die Bundesliga knüpft ihre Lizenzvergabe mittlerweile an Nachhaltigkeitskriterien. Die Hamburger nahmen diese Hürde mühelos.
Noch eindrucksvoller ist, dass es dem Tabellenneunten der Vorsaison nun auch gelingt, die Kaderstruktur mittelfristig aufzubauen. Nach Jahren, in denen Willoughby fast ausschließlich mit Einjahresverträgen hantieren musste, wurden in diesem Sommer fünf der zehn Neuzugänge mehrjährige Arbeitspapiere ausgehändigt, in Kur Kuath auch einem Importakteur, was selten vorkommt.
Sponsoringbudget der Wilhelmsburger steigt um 30 Prozent
„Am liebsten würde ich allen Fünfjahresverträge geben, aber das zeigt schon, dass sich die Firma in die richtige Richtung entwickelt. Unsere gute Arbeit beim Sponsoring und Ticketing macht es möglich. Wir müssen uns nicht mehr verstecken“, sagt Willoughby. 75 Unterstützer zählt der elf Jahre alte Verein inzwischen. Das Partnerbudget stieg im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent, wobei hier vor allem der im April beschlossene Deal mit Hauptsponsor Nexperia hinein zählt.
Der Gesamtetat liegt bei gut 6,3 Millionen Euro. „Im Bereich der kleineren und mittleren Sponsoren haben wir noch Potenzial“, sagt Fischer. Die Anzahl der verkauften Dauerkarten für die Heimbegegnungen in der Inselpark Arena erhöhte sich um rund 30 auf knapp 800.
Benka Barloschky: „Eine Frage der Kultur, dass wir demütige Akteure wollen“
Die können sich in den Partien in der Bundesliga und im EuroCup vor allem eines sicher sein: „Dass sich die Jungs auf dem Feld anstrengen werden. Man wird sich mit ihnen identifizieren können“, verspricht Willoughby. Bei der Auswahl achteten der 46-Jährige und Cheftrainer Benka Barloschky (36) penibel darauf, charakterlich unbedenkliche Profis zu akquirieren.
„Das ist bei uns eine Frage der Kultur. Wir wollen Charaktere, die demütig sind und ihre Rolle verstehen“, sagt Barloschky. Die Eindrücke der Kennenlernphase aus zwei Wochen Vorbereitung bestätigen, dass die Transfers gelungen sind. „Hier zieht jeder super mit und hilft dem anderen, ich sage das nicht nur so dahin“, sagt Keondre Kennedy, der aus der zweiten italienischen Liga aus Turin kam. Als „menschlich bestes Team, in dem ich bislang gespielt habe“, bezeichnete Rückkehrer Osaro Jürgen Rich die Kollegen.
Verletzung von Jan Niklas Wimberg bringt Hierarchie durcheinander
Eine erste Hierarchie habe sich in einer „lauten Truppe“, so Barloschky, herausgebildet. Vor allem Benedikt Turudic und Wimberg taten sich hervor. Die Verletzung Wimbergs habe einiges durcheinandergebracht. Schlimmstenfalls fehlt der 28-Jährige ein halbes Jahr. Noch wollen die Towers eine Untersuchung nach abgeklungener Schwellung abwarten, bevor sie auf dem Spielermarkt aktiv werden.
„Wenn, dann würden wir am liebsten einen Deutschen für ein paar Monate verpflichten. Das ist angesichts der Marktlage schwierig“, sagt Willoughby. Sportlich, so war aus dem Team zu hören, haben bislang vor allem Rich, Center Kuath mit seiner defensiven Präsenz sowie in Brae Ivey der einzig aus der Vorsaison verbliebene Ausländer überzeugt.
Hamburg Towers sehen sich als Ausbildungsverein
Das Trio zählt auch zur Fraktion der Türme mit besonders nachhaltiger Physis. Die neue Mannschaft soll mit einem athletischen Spielstil bestechen. „Durch die Doppelbelastung entsteht eine Menge Stress für den Körper. Wir brauchten Jungs, die an einem Zeitpunkt ihrer Karriere stehen, an dem sie damit zurechtkommen“, sagt Barloschky. Zudem legt der gebürtige Bremer weiter viel Wert auf eine aggressive Defensive. „In dieser Saison dürften wir in der Lage sein, noch variabler zu verteidigen als zuvor“, meint er.
Barloschky wird allem Terminkalenderstress zum Trotz versuchen, immer wieder Talente wie Spielmacher Darren Egbe (17) und Center Mika Tangermann (18) ins Training einzubinden. Sie sind Teil der nachhaltigen Ausbildungsphilosophie. Mit dem gewachsenen Budget stellten die Towers einen weiteren hauptamtlichen Trainer für den Nachwuchs ein.
Zweites Testspiel der Vorbereitung gegen Rasta Vechta
„Es ist unser Wunsch, in diesem Bereich zu wachsen. Wir sehen uns als Ausbildungsverein“, sagt Willoughby. Die Blaupause liefert Rich, der seine Qualitäten in Wilhelmsburg erlernte, sich, so Barloschky, „alles knüppelhart erarbeitet hat“.
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An die Arbeit machen sich bis zum Saisonstart auch Handwerker, die den VIP-Raum der Arena zeitgemäß gestalten. Der nächste Job der Mannschaft steht an diesem Donnerstag (17 Uhr) im Test gegen Bundesliga-Rivalen Rasta Vechta an. Die Spieler haben sich Ergebnisziele gesetzt, für Barloschky steht der Prozess im Vordergrund. „Resultatswünsche verpflichten zu Prozessen“, sagt er. All das mit einem großen Ziel: Die nachhaltig erfolgreichsten Towers zu werden.