Hamburg. Über Nordmazedonien und Litauen landete Brae Ivey im Winter bei Hamburgs Basketballern. Die deutsche Kultur kennt er aus dem Studium.

Zu seinem ersten Pressetermin erscheint Brae Ivey, Winterneuzugang der Veolia Towers Hamburg, mit knapp 45 Minuten Verspätung. Schuld daran trägt er aber nur bedingt. „Ich habe ihm nur ‚opera house‘ geschrieben“, muss Towers-Sprecher Florian Eisebitt etwas kleinlaut zugeben. „Und jetzt steht er vor der Staatsoper.“ Blöd nur, dass der Termin auf der Plaza der Elbphilharmonie stattfinden sollte.

Oben angekommen staunt der US-Amerikaner über die Aussicht: „Ich wusste nicht, dass dieser Ort existiert. Der Blick ist beeindruckend.“ Allzu viel Zeit hatte der Basketballprofi auch noch nicht, um Hamburg zu erkunden. Nach seiner Ankunft vor elf Tagen ging es mit der Mannschaft direkt zum Auswärtsspiel nach Ulm (70:83), und zu allem Überfluss machte ihm zu Beginn auch noch ein Magen-Darm-Infekt zu schaffen. „Seit dieser Woche habe ich meine Koffer aber endlich ausgepackt und freue mich, alle besser kennenzulernen.“

Towers-Neuzugang Ivey: „Das ist genau das, was ich brauche“

Das war bislang vor allem deshalb schwierig, weil die meisten seiner Mitspieler nach dem Spiel in Ulm die zehn freien Trainingstage nutzten, um wegzufahren. Wegen der ungewöhnlich langen Spielpause von fast vier Wochen gönnte Trainer Benka Barloschky seiner Mannschaft Urlaub – nur Ivey blieb allein zurück. Prinzipiell kommt ihm die Pause gelegen: „Es ist super, dass wir jetzt eine Art Trainingslager haben, bevor die Spiele wieder losgehen. Das ist genau das, was ich brauche, um mein Team kennenzulernen und wieder richtig fit zu werden.“

Für Ivey gilt es, die Pause zu nutzen, um den Spielstil seines Trainers zu verinnerlichen. Der verspricht sich von seinem neuen Guard vor allem eine höhere Qualität in der Breite des Kaders. „Der Coach will schnell spielen und aggressiv verteidigen. Das sind Dinge, die ich gut umsetzen kann“, meint Ivey. „Er erwartet von mir, dass ich die Mannschaft in der Defensive führe und vorne Möglichkeiten kreiere – für mich und meine Mitspieler.“ Offensiv soll der 27-Jährige dabei helfen, die hohe Zahl der Turnover, also Ballverluste jeglicher Art, zu verringern. In Ulm waren es 24, vier davon unterliefen Ivey.

Ivey servierte in den USA schon deutsches Bier und Schnitzel

Die Towers sind für Ivey bereits der sechste Verein in zweieinhalb Jahren. Zuletzt stand er in der spanischen Topliga bei Bàsquet Girona unter Vertrag. Nach einem Trainerwechsel hatte man dort aber keine Verwendung mehr für ihn, also schnappte Towers-Geschäftsführer Marvin Willoughby, der Ivey schon zuvor auf dem Zettel hatte, zu. Für den Spieler selbst sind die vielen Vereine – er spielte unter anderem in Nordmazedonien und Litauen – kein Problem: „Ich habe als Kind immer davon geträumt, andere Länder und Kulturen kennenzulernen. Und jetzt habe ich an Orten gespielt, von denen ich vorher nicht mal wusste, dass sie existieren." Wie zum Beispiel die Elbphilharmonie.

Die deutsche Kultur hat er zumindest in Ansätzen schon in den USA kennengelernt. Da kellnerte er als Collegestudent in einem deutschen Restaurant, weil es dort ein sagenhaftes Trinkgeld geben sollte, wie ihm eine befreundete Volleyballerin berichtet hatte. Und so servierte er Schnitzel und Bier in Maßkrügen, ohne es aber selbst zu probieren: „Ich war zu der Zeit Veganer.“ Diese Ernährungsweise sei aber mit seinem Wechsel nach Nordmazedonien schnell vorbei gewesen, berichtet Ivey.

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Nach den chaotischen ersten Tagen genießt Ivey aber zunächst einmal die Ruhe des Bergedorfer Vorstadtlebens. Dort hat er eine Wohnung bezogen: „Ich war hier schon ein paar Mal spazieren und habe die wunderschöne Altstadt entdeckt. Sowas gibt es in den USA nicht“, schwärmt er von dem Stadtteil, der erst einmal bis zum Sommer seine neue Heimat sein wird.

Dann läuft sein Vertrag aus, doch Ivey könnte sich vorstellen, länger zu bleiben. Wenn er bis dahin sein persönliches Saisonziel – die Teilnahme an den Play-offs – erreicht, dürften seinen Chancen auf einen längeren Verbleib steigen.