Hamburg. Der Basketballer war bei den Hamburg Towers gescheitert, ehe er sein Leben änderte. Sonnabend gastiert er mit Chemnitz in Wilhelmsburg.
Kevin Yebo war am Tiefpunkt angelangt, als die Corona-Pandemie begann. Die Saison in der Basketball-Bundesliga wurde unterbrochen, seinem Job als Profi bei den Hamburg Towers konnte er bis auf Weiteres nicht mehr nachgehen.
Viel schlimmer aber: Die Nachtclubs mussten schließen, Partys fanden nicht mehr statt. In der Bundesliga zu spielen, hatte dem heute 28-Jährigen 2020 nicht viel gegeben.
Basketball: Kevin Yebo wird vom Partykönig zum Europapokalsieger
„In Hamburg habe ich nur Basketball gespielt, um den falschen Leuten zu gefallen. Ich wollte gesehen werden, weil ich mich selbst nicht gesehen habe“, sagt Yebo. Er konnte sich damals selbst nicht sagen, „dass ich toll bin, also mussten es mir andere sagen“. Bei Events und beim Feiern funktionierte das.
Dass der 2,07-Meter-Modellathlet an diesem Sonnabend (20 Uhr/Dyn), vier Jahre nach dem Tiefpunkt, auf dem bisherigen Höhepunkt seiner Karriere mit den Niners Chemnitz bei den Veolia Towers Hamburg spielt, hat auch mit einer großen Party zu tun. Der nach dem Gewinn des Europe Cups, des vierthöchsten europäischen Clubwettbewerbs, den die Sachsen am vergangenen Sonntag mit 10.000 Fans auf dem Rathausplatz feierten. Yebo war maßgeblich daran beteiligt, ist für den Tabellendritten auch in der Bundesliga in dieser Saison zum besten deutschen Spieler hinter Weltmeister Johannes Thiemann (30/Alba Berlin) aufgestiegen.
Towers-Trainer Barloschky: „Kevin war in einer schwierigen Situation"
Wie war das möglich? Die Towers hatten 2020 den Glauben an ihn verloren, lösten seinen eigentlich bis Sommer 2021 dotierten Vertrag vorzeitig auf.
Yebo machte einen Rückschritt in die 2. Bundesliga ProA zu den Eisbären Bremerhaven. „Das war für Kevin eine schwierige Situation in einer dysfunktionalen Gruppe. Ich war mir allerdings sicher, dass es im richtigen Umfeld knallen kann“, sagt Hamburgs Cheftrainer Benka Barloschky (36), damals noch Co-Trainer.
Sohn Simba verändert die Lebenseinstellung des Basketballers
Das richtige Umfeld fand Yebo bei seiner Partnerin Mala, die ihm am 31. August 2021 Sohn Simba schenkte. „Spätestens da war ich in die Ecke gedrängt, mein Leben dringend zu ändern“, sagt der stolze Vater, dessen eigene Kindheit zeitweise schwierig war.
Fortan trennte er sich von falschen Freunden, entsagte dem Alkohol, lernte Nein zu sagen. „Es war sehr, sehr, sehr hart, wie ein Entzug“, erinnert er sich.
Wie Yebo den Sinn im Basketball zurückfand
Seitdem liest Yebo auch regelmäßig. Das erste Werk: „Wie bin ich ein guter Vater?“ Seinem Sohn wollte er schließlich ein Vorbild sein.
Als Yebo merkte, von Simba nicht als Basketballer, sondern als Papa geliebt zu werden, „habe ich verstanden, dass Glück nicht von außen kommt, sondern dass ich es selbst erschaffen muss“. Der Sinn im Basketball kam zurück.
Niners-Coach Pastore antwortete erst nicht und bot dann einen Vertrag an
„Nicht, um berühmt zu werden, sondern um meine Botschaft zu versenden“, sagt Yebo. Die Niners bieten ihm diese Bühne und eine solide, ruhige Umgebung zugleich.
Um in Chemnitz unterzukommen, war der gebürtige Bonner zu einem finanziellen Investment bereit, wollte gegen Bezahlung im Sommer 2022 zum Probetraining kommen. Niners-Trainer Rodrigo Pastore (51) übersah die Kurzmitteilung allerdings und meldete sich wochenlang nicht – bis er sich meldete, weil er kurioserweise selbst vorhatte, Yebo zu verpflichten.
Yebo versucht den Sprung in die NBA
An Offerten dürfte es dem Rheinländer mit Wurzeln in der Elfenbeinküste im Sommer nicht mangeln. Mit 17,2 Punkten im Schnitt ist er fünftbester Schütze der Bundesliga und der beste mit deutschem Pass.
Der Center will dann zunächst versuchen, seine geringe Chance in der nordamerikanischen Topliga NBA zu nutzen, bei Trainingscamps vorspielen. Scouts aus den USA haben ihn bereits beobachtet.
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Wahrscheinlicher ist aber der Wechsel zu einem deutschen Spitzenclub – weswegen übrigens auch ein Verbleib bei den Niners möglich ist, die sich inzwischen an der Spitze etabliert haben. „Meine Familie und ich fühlen uns sehr wohl“, sagt Yebo über den Gipfelpunkt seines Lebens.