Hamburg. Die Partie vor 12.000 Zuschauern in der Barclays Arena gegen den Pokalsieger wird erst in der Verlängerung entschieden.
Der entscheidende Moment war Willoughby vorbehalten. Natürlich. Auf den nun alle Augen der mit 12.000 Zuschauern ausverkauften Barclays Arena gerichtet waren, als er den Spielball zum Jubiläumsspiel der Veolia Towers Hamburg gegen den FC Bayern München in den Mittelkreis bringen durfte.
Und Marvin Willoughby, der den Vorläufer des Vereins 2006 als Sport ohne Grenzen gegründet hatte, den Club vor zehn Jahren in den professionellen Basketball geführt hatte, kostete diese Sekunden mit glänzenden Augen aus. Es war sein Baby. So bezeichnet er auch die Towers, die nun zum zehnten Geburtstag die größte Kulisse versammelte, die in Hamburg je zu einem Basketballspiel zusammengekommen war.
Veolia Towers Hamburg versammeln Rekordkulisse in Barclays Arena
Sekunden vorher war ein anderes Baby zur Welt gekommen, hatte der putzige Waschbär Willy, so benannt in Anlehnung an die Verwurzelung im Stadtteil Wilhelmsburg, als erstes Maskottchen der Vereinshistorie das Licht der Welt erblickt. Ein gewaschene Abreibung bekam an diesem Sonntagnachmittag allerdings niemand ab.
Stattdessen forderten die Gastgeber den haushohen Favoriten gewaltig, mussten sich letztlich nur hauchdünn mit 80:81 (17:12, 17:26, 14:18, 25:17, 7:8) nach Verlängerung geschlagen geben. Eine Leistung, die Hoffnung auf den Einzug der Mannschaft von Cheftrainer Benka Barloschky in die Play-ins macht.
Willy der Waschbär neues Towers-Maskottchen
Während Willy vor lauter Aufregung etwas überdreht wirkte, war den Towers die Nervosität vor der gigantischen Kulisse nicht anzumerken. Aljami Durham erzielte die ersten Punkte per Korbleger, leitete damit einen frühen 7:0-Lauf ein, dem ein spielerisch cleverer, vor allem aber defensiv leidenschaftlicher Auftritt folgte.
Gute Werbung vor dem Publikum, in dem sich neben eingefleischten Fans viele Ex-Spieler (Jannik Freese, Achmadschah Zazai, Daniel Hain, Justin Raffington, Vincent Kittmann), Lokalprominenz (Philipp Westermeyer) und vor allem Eventfans befanden. Was ausdrücklich positiv gemeint ist, weil diese unter Hardcore-Anhängern (die es im deutschen Basketball eigentlich nicht gibt) argwöhnisch betrachteten Zuschauer zwingend notwendig sind, um eine Sportart in der breiten Masse zu verankern. Insofern ist eine Begegnung im Kern der Stadt maßgeblich für die Towers, um ihre Sichtbarkeit für potenzielle Besucher sowie vor allem Sponsoren zu erhöhen und ihren Status als sportliche Nummer drei der Stadt zu zementieren.
Finanzsenator Dressel: „Sprung über die Elbe gut"
„Es ist gut, dass dieser Sprung über die Elbe nun einmal geklappt hat. Dass das Potenzial für 12.000 Zuschauer besteht, ist auch ein gutes Argument dafür, den Plan einer größeren Arena weiter zu verfolgen“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Die Stadt reserviere das Grundstück am Huckepackbahnhof, auf dem Towers-Hauptgesellschafter Tomislav Karajica den Elbdome bauen möchte. Der Ball liegt aber im Feld des Investors, dessen Unternehmensgruppe derzeit vor finanziell herausfordernden Zeiten steht.
Heimat der Towers bleibt bis auf Weiteres – und für Willy künftig – Wilhelmsburg. „Ich finde es wichtig, dass sie dort geerdet sind“, sagte Dressel. Die Stadt halte auch an ihrem „Commitment“ fest, den Bau eines Quartierssporthauses dort zu fördern.
Hamburg Towers wollen öfters in die Barclays Arena
Bis ein Elbdome gebaut oder eine andere Arena regelmäßig zur Verfügung stehen, wollen die Basketballer nun häufiger in die Barclays Arena ausweichen. Die Halle auszuverkaufen, erscheint mindestens auch gegen Alba Berlin möglich.
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„Das Spiel hat gezeigt, was für uns als Organisation geht“, sagte Jan Fischer, kaufmännischer Geschäftsführer der Towers. Die persönliche Gefühlslage des 43 Jahre alten Mitbegründer des Vereins sah hingegen anders aus: „Mehr geht nicht! Ich kriege das alles noch gar nicht zusammen.“ Was die Fans für eine Atmosphäre erzeugen, „ist extrem beeindruckend“.
FC Bayern wird von Towers unter Druck gesetzt
Die Münchener, das mit Abstand stärkste Team der Bundesliga, wirkten von all dem anfangs allerdings ziemlich gelangweilt. In der EuroLeague spielen die vom spanischen Startrainer Pablo Laso gecoachten Bayern wöchentlich vor ähnlich großen oder noch größeren Kulissen.
Erst vergangenen Mittwoch in Valencia wieder sowie am Freitag daheim gegen Maccabi Tel Aviv. Wenn die Voraussetzungen für den vierten Heimsieg im vierten Heimspiel der Historie gegen den Pokalsieger also gegeben waren, dann an diesem Sonntagnachmittag.
Individuelle Klasse der Weltmeister zu hoch
In der Tat hielten die Hamburger die Partie lange offen, weil sie gut auf die Spielzüge der Gäste vorbereitet waren und dazu ungewöhnlich vorsichtig im Umgang mit dem Spielgerät waren, was nur zwölf Ballverluste bewiesen. Auch das Publikum tat lautstark sein Möglichstes. Für einen Erfolg gegen den mit dem fast fünffachen Etat ausgestatteten Ligakrösus muss jedoch ein perfekter Tag gelingen. Dies schien auch daran zu scheitern, dass der mit enormer individueller Klasse gespickte FC Bayern um die Weltmeister Isaac Bonga und Niels Giffey einen Gang hochschaltete, wenn es notwendig war.
Doch es war ein fast perfekter Tag. 5,8 Sekunden vor Schluss war der große Moment nicht Willoughby, sondern Brae Ivey vorbehalten, der per Dreier zum 73:73 ausglich. Barloschky hatte seinen Spielern in der Auszeit zuvor gesagt, sie „sollen an ihre zehn-, elfjährigen Ichs denken, die sich so etwas gewünscht haben, sie sollten dem zehnjährigen Jungen ein High-Five geben“.
78:73-Fühung reicht gegen Pokalsieger Bayern nicht
Auch die erwachsenen Türme hatten Freude. „So etwas zu erleben, war ein Grund für mich, nach Hamburg zu kommen. Hier geht mehr“, sagte der starke Jonas Wohlfarth-Bottermann.
Die Barclays Arena tobte, als es in die Verlängerung ging. In dieser reichte es für die Towers trotz zwischenzeitlicher 78:73-Führung (42.) nicht.
NBA-Star Ibaka blockt potenziellen Wurf zum Sieg von Durham
Der ehemalige NBA-Champion Serge Ibaka, der wohl imposanteste Spieler der Bundesliga, blockte den finalen Wurfversuch von Durham zum möglichen Sieg.
Die Zuschauer honorierten die Leistung trotzdem. „Es war ein wunderbarer Basketballtag, außer für uns“, sagte der „extrem frustrierte“ Barloschky mit Tochter Lola auf dem Arm.
Towers-Boss Willoughby: „Die Leute in Hamburg wollen uns"
Der 36-Jährige hoffte allerdings, an diesem Montag positiver zurückzublicken. Schließlich hatte er „Gänsehautmomente“ beim Coachen vor 12.000 Fans.
Willoughby hatte dennoch glänzende Augen: „Das war ein Meilenstein, der zeigt, dass wir noch nicht am Ende sind. Die Leute in Hamburg wollen die Towers, und wir sind froh, ihnen dieses Erlebnis geschenkt zu haben.“ Der 46-Jährige genoss. Vor allem die Eingangssequenz – in der hatte nämlich sein Sohn Henk Willoughby, sein Baby, den Ball zum Mittelkreis getragen und damit ein Fenster in die Zukunft der Towers geöffnet.
Veolia Towers Hamburg: Christmas (18 Punkte), King (17), Durham (13), Wohlfarth-Bottermann (8), Ivey (8), Meisner (6), Möller (5), Hinrichs (3), Dziewa (2), Brauner.