Hamburg. Der Harburger Chris Hintermeier sammelt Originaldresse und hat ein Unternehmen zur Authentizitätsprüfung gegründet.

Es gibt absurde Serien, deren Aufrechterhaltung streng betrachtet nur für die jeweiligen Protagonisten von Bedeutung ist. Der Komiker Wigald Boning beispielsweise berichtete am Freitag vom 553. Tag in Folge, an dem er ein Freiluftbad genommen habe. Gute eineinhalb Jahre also. Chapeau. Oder eben auch egal.

Ein Lauf jedenfalls, der Chris Hintermeier nicht mal ein müdes Lächeln abringen würde. Der 36-Jährige wiederum blickt auf stolze 17 Jahre zurück – in denen er täglich ein Basketballtrikot getragen hat.

Basketballfan Chris Hintermeier sammelt Trikots

Und zwar nahezu immer. „Zum Schlafen ziehe ich es aus, und im Auto, wenn ich bei meinem Arbeitgeber parke. Ein bisschen professionell muss ich dort ja aussehen, aber nach Dienstschluss wird das Trikot wieder übergestreift“, sagt der Speditionskaufmann.

Hintermeier ist eine Erscheinung, die bei jedem Heimspiel der Veolia Towers Hamburg zu betrachten ist. Immer mit Basecap; seinem Diamant-besetzten Meisterschaftsring, den er sich nach dem NBA-Titel der Dallas Mavericks 2011 anfertigen ließ, an der Kette um den Hals; sowieso im Trikot – das dem knapp 1,70 Meter großen Schwaben stets deutlich zu groß ist.

Eine optische Erscheinung bei jedem Towers-Spiel

Denn Hintermeier, der auch bei der Bundesligapartie der Wilhelmsburger gegen die Basketball Löwen Braunschweig an diesem Sonnabend (18.30 Uhr/Dyn) in der edel-optics.de Arena sein wird, zieht ausschließlich Trikots an, die von Basketballprofis im Spiel original getragen worden sind. Rund 100 Stück davon liegen inzwischen sorgfältig gefaltet in Plastikboxen im heimischen Kleiderschrank und rauben seiner Frau den Platz.

Die Schuld an allem trägt Walsh Jordan. Denn über den US-amerikanischen Basketballer, der damals in seiner Heimatstadt Ludwigsburg spielte, verliebte sich Hintermeier in den Sport.

Das erste Dress war von Shaquille O'Neal

Schnell legte er sich das erste Trikot zu, ein gelbes der Los Angeles Lakers von Shaquille O’Neal. „Dann habe ich bemerkt, dass im Internet großer Handel damit betrieben wird, und bin eingestiegen“, sagt Hintermeier. Mehr als 30.000 Euro habe er mittlerweile in sein Hobby „versenkt“, allerdings durch Weiterverkäufe auch ähnlich hohe Einnahmen erzielt.

Im Bereich zwischen 150 und 3000 US-Dollar werden Originaltrikots in Onlinebörsen gehandelt. Bei Auktionen werden weitaus höhere Preise erzielt, ein Leibchen der verstorbenen Legende Kobe Bryant ging kürzlich für mehr als drei Millionen US-Dollar über den Tisch.

Vince-Carter-Trikot für 10.000 US-Dollar

Das wertvollste Exponat in Hintermeiers Sammlung ist ein Dress, das der als bester Dunker der bisherigen Geschichte geltende Vince Carter am 13. Januar 2012 für Dallas gegen die Milwaukee Bucks getragen hat. „Das ist gute 10.000 Dollar wert“, sagt der stolze Inhaber.

Allerdings haben Sammler wie er ein gravierendes Problem: Nicht jeder Trikotverkäufer ist seriös, selten lässt sich überprüfen, ob das Oberteil wirklich im Spiel getragen wurde oder es sich um eine Fälschung handelt. Aus der Not machte Hintermeier eine Tugend und gründete in „Pro Sports Photomatching“ sein eigenes Unternehmen zur Authentifizierung, das weltweit Kunden zählt.

Hintermeier überprüft Jerseys auf ihre Echtheit

Die Vorgehensweise wirkt simpel, ist aber nur etwas für geschulte Augen. Sobald Hintermeier einen Auftrag erhält, überprüft er hunderte hochauflösende Fotos vom Spiel, in dem der Spieler das erworbene Trikot getragen haben soll.

„Wie ein Forensiker“ gehe er dabei vor. „Ich suche mir spezielle Punkte heraus, an denen ich Trikot und Bild vergleiche. Manchmal hängt ein kleiner Faden an der Nummer, mal sind die Löcher im Stoff um Millimeter versetzt“, sagt der Harburger, der auch Gebrauchsspuren, selbst Schweißflecken aufspüren kann.

Fälschungen entgehen dem geschulten Auge nicht

Bereits zweimal wies er nach, dass sein Kunde in Begriff war, eine Fälschung zu erwerben. Entpuppt sich das Trikot als Original, darf Hintermeier ein Zertifikat ausstellen.

Am liebsten sei es ihm aber immer noch, selbst nach seltenen Exemplaren zu suchen. Die Optik übe dabei einen großen Reiz auf ihn aus.

Töchterchen Maria Leonor schon im Towers-Trikot

„Basketballtrikots haben einfach Stil, aber auch die Verbindung zum Sportler macht es für mich besonders“, sagt Hintermeier, der seine Kaufleidenschaft inzwischen etwas ruhiger angehen lasse. „Ich habe nun Familie“, sagt der Vater der dreijährigen Maria Leonor, die er bereits mit zwei Towers-Trikots ausgestattet hat.

Zumindest in Kindergröße und auch nicht für den täglichen Kindergartengang. Bis sie die Serie ihres Papas angreifen kann, wird noch Zeit vergehen.