Hamburg. Als “bester Coach der Welt“ wird Tuomas Iisalo angesehen. Was den Finnen in Diensten von Paris auszeichnet und von anderen abhebt.

Tuomas Iisalo wurde mit einem wunderbaren Timbre beschenkt. Wer dem ungemein freundlichen Finnen lauscht, dürfte bereit sein, Geld dafür zu zahlen, ihn als Gute-Nacht-Geschichtenerzähler zu engagieren.

Nur Iisalo selbst kommt nicht zum Träumen. „Dazu habe ich keine Zeit. Was ein Segen ist, denn die Probleme beginnen, sobald man zu sehr in der Zukunft lebt“, sagt der Cheftrainer, der mit Paris Basketball an diesem Mittwoch (20.30 Uhr/MagentaSport) die Veolia Towers Hamburg im EuroCup empfängt.

Tuomas Iisalo gilt einigen als bester Trainer der Welt

Einen Traum hat aber wohlgemerkt sein neuer Arbeitgeber, der bereit war, Unsummen für den 41-Jährigen zu zahlen – nicht, um ihn als Geschichtenerzähler zu holen, sondern als Titeltrainer. Iisalo gilt als Spitzencoach in Europa, einige Stimmen sprechen gar vom besten Trainer der Welt. „Er hat mein Leben verändert, mir die Augen geöffnet, wie Basketball funktioniert“, sagt TJ Shorts, 2020/21 Spielmacher bei den Towers.

"Die persönliche Wertschätzung von TJ bedeutet mir viel, wie mich andere von außen sehen, kann ich nicht beurteile. Ich hätte gar nicht die Zeit, das richtig einzuordnen. Wir spielen andauernd, für den Genuss von Siegen bleibt ebenso wenig Zeit wie für den Ärger über Niederlagen oder die Freude über individuelle Auszeichnungen", sagt Iisalo, der im Sommer gemeinsam mit Shorts von den Telekom Baskets Bonn, mit denen das Erfolgsduo die Champions League gewann, zu den aufstrebenden Franzosen gewechselt war.

Paris Basketball spielt bald in der EuroLeague

Dort soll als Topfavorit der Triumph im EuroCup folgen, am besten gleich in der französischen Liga hinterher. Nächste Saison geht es in EuroLeague, die eine Wildcard an Paris vergeben dürfte.

Und Iisalo? Liest vor. „Ruhig bleiben, als Trainer kannst du innerhalb von sechs Monaten vom Genie zum Idioten werden“, zitiert der in Helsinki geborene zweifache Bundesligatrainer des Jahres aus „Furios George“ vom ehemaligen NBA-Übungsleiter George Karl. Also doch ein Geschichtenerzähler. Ein Erfolgsgeschichtenerzähler.

Lesen ist die Leidenschaft des Starcoaches

Lesen ist nicht nur Leidenschaft für den Familienvater, sondern Grundlage für sein Coaching. „Ich interessiere mich für viele Themen und versuche dann, so viele Bücher darüber wie möglich zu finden, die mir neue Perspektiven geben“, sagt Iisalo.

Eine neue Perspektive während des Jobs wird er am Februar erhalten. Dann ziehen die Hauptstädter in die brandneue Adidas-Arena. "Dann haben wir ein richtiges Zuhause. Bis dahin müssen wir uns aber alle noch an die Standards gewöhnen, die wir benötigen, um erfolgreich zu sein", sagt Iisalo.

Gleiche Identität, neuer Prozess

Auch er musste sich erst an Paris gewöhnen, an die neuen Umstände verglichen zu den Jahren in Bonn und zuvor Crailsheim. "Wegen der vielen Spiele und mangelnden Trainingszeit mussten wir unseren Prozess zielgerichteter ausrichten. Unsere Identität ist ähnlich wie die meiner Teams in den Jahren zuvor. Wie wir dorthin gelangen, hat sich verändert", sagt Iisalo, dessen Team derzeit Vierter der französischen Liga ist und die EuroCup-Gruppe A souverän anführt.

Wie sich der Wettbewerb in Frankreich von dem in Deutschland unterscheidet, hat der zeitweise in Ostberlin aufgewachsene Startrainer bereits eingehend analysiert. Drei maßgebliche Faktoren nennt er.

Wie sich die französische von der deutschen Liga abhebt

Erstens: Das Talentlevel der einheimischen Spieler sei höher, die Akteure seien athletischer, größer, technisch versierter. "Dadurch haben alle Teams viel mehr Tiefe", sagt Iisalo. Zudem sei, zweitens, auch das Niveau der Ausländer etwas höher, da wegen eines anderen Steuersystems bis zu 40 Prozent mehr des Teambudgets in Importspieler investiert werden können, so Iisalo, dessen Club hinter den EuroLeague-Mannschaften AS Monaco und Asvel Lyon-Villeurbanne den drittgrößten Etat besitzt.

Unterschied Nummer drei: "Es gibt unterschiedliche Coachingstile. Deutschland ist sehr beeinflusst von den vielen früheren jugoslawischen Trainern sowie der Arbeit Andrea Trinchieris und Aitos. In Frankreich ist die Varianz größer, was nicht besser oder schlechter, sondern einfach nur anders und daher gewöhnungsbedürftig ist", sagt Iisalo.

Iisalos Pariser gegen die Veolia Towers Hamburg hoher Favorit

Der sich selbst Inspiration von anderen Trainern holt. Gerade hat er „Run to daylight“ von American-Football-Ikone Vince Lombardi verschlungen, davor „Maniac“ Benjamín Labatut. „Ein super Weihnachtsgeschenk“, empfiehlt Iisalo.

Geschenke gegen die Towers wird der ultra ehrgeizige Iisalo nicht verteilen. Er bekommt sie lieber, so wie zum Champions-League-Sieg von einem Fan eine Flasche des finnischen Minzschnapses Minttu (50 Prozent Alkoholgehalt). „Der schmeckt jedem, ich spüre ihn förmlich auf meiner Zunge“, sagt Iisalo und kommt dann doch mal ein wenig ins Träumen.