Hamburg. Die Wilhelmsburger Basketballer triumphieren beim Mitteldeutschen BC Weißenfels. Die logische Folge einer konsequenten Entwicklung.
Von der Auslosung der Gruppenphase der Fußball-EM 2024 bekamen die Veolia Towers Hamburg nichts mit. Während der europäischen Sportwelt am Sonnabendabend in der Elbphilharmonie die größtmögliche Bühne geboten wurde, mussten sich die Wilhelmsburger Basketballer stattdessen auf einer der kleinsten der Bundesliga bewähren, beim Syntainics MBC. Weißenfels statt Schweiz, Schottland oder Ungarn; Graubrot statt Sterneküche.
Doch die Mannschaft von Cheftrainer Benka Barloschky ließ es sich munden. Mit der Volatilität von Losglück, auf das parallel die EM-Teilnehmer hofften, hatte das auch wenig zu tun, was die Towers in der 33.000-Einwohner-Stadt in Sachsen-Anhalt präsentierten. Der 86:81 (21:23, 30:15, 16:17, 19:26)-Sieg ist vielmehr die logische Konsequenz einer stetigen Entwicklung, die zumindest unmittelbar nach Spielende vorübergehend auf Platz sieben der Tabelle gipfelte.
Veolia Towers Hamburg besiegen Mitteldeutschen BC aus Weißenfels
Das Match verlief wie ein Aufstieg in den Schweizer Bergen. Die Hamburger begannen ganz weit unten, leisteten sich unnötige Ballverluste und warfen Fahrkarten aus dem Zweipunktebereich, die für ein ganzes Abteil im Glacier-Express gereicht hätten.
Den frühen Turnovern – im Basketball mit „TO“ abgekürzt – folgte die frühe Timeout, ebenfalls unter „TO“ firmierend. Diese sollte liefern, was das Spiel bis dato nicht zu bieten hatte: einen Spannungsmoment. Nachdem Barloschky wegen seines Ausbruchs in einer Auszeit gegen die Niners Chemnitz („Fuck them“) von der Liga zu einer Geldstrafe von 2000 Euro verdonnert worden war, hatte der 35-Jährige angekündigt, künftig keine Tonaufnahmen während seiner Ansagen zu gestatten, was allerdings weitere Strafen nach sich gezogen hätte.
Barloschky bleibt in Auszeit diesmal gelassen
So blieb der Coach nicht nur im Gespräch mit seinen Spielern gelassen, sondern ließ sich das TV-Mikrofon in Ruhe. Die einminütige Besprechungspause konnte unter dem Motto „ohne besondere Vorkommnisse“ ad acta gelegt werden.
Die Partie indes wollten die Towers nach ihrem schwachen Start (12:21/9.) nicht vorzeitig zu den Akten legen. Das Rezept dazu war recht simpel: Bereits zuvor hatten sich die Gäste gute Würfe herausgespielt, diese lediglich zu selten getroffen. Zu Saisonbeginn wäre dies noch darunter verbucht worden, dass es der Mannschaft an individueller Qualität mangelt.
Wohlfarth-Bottermann liefert sich Oldie-Duell mit MBC-Center Bryant
Eine Fehlannahme, wie sich längst herausgestellt hat. Und wie in dieser Spielzeit offenbarten sich die Towers auch in dieser Begegnung als Spätstarter. Sinnbildlich dafür stand Spielmacher Aljami Durham, der sich erst im zweiten Viertel zum Punktedienst meldete, per Dreier aber für die Führung sorgte (32:31/13.).
Die Rückspiegel für den Blick zum ins Hintertreffen geratenen Kontrahenten montierte allerdings Jonas Wohlfarth-Bottermann vom Hamburger Express ab, der nun gewaltig an Fahrt aufnahm. Im Duell zweier der erfahrensten Center der Bundesliga gegen John Bryant (36), einst zweifacher wertvollster Spieler, dominierte der 33-Jährige unter den Körben. Unter beiden wohlgemerkt, denn Wohlfarth-Bottermann löste damit auch das anfänglich größte Problem der Wilhelmsburger, die sich viel zu selten die Rebounds nach gegnerischen Fehlwürfen gesichert hatten.
Nichts erinnert an das Debakel der Vorsaison
Der Mitteldeutsche BC, der das vergangene Aufeinandertreffen in der Stadthalle Weißenfels noch mit 123:80 dominiert hatte, gab sich nicht vorzeitig geschlagen. Die Towers wurden beim Ballvortrag unter Druck gesetzt, wann immer die Nachwuchskräfte Leif Möller oder Niklas Krause den Spielaufbau übernahmen.
Allerdings hatte Hamburg eine lässige Antwort parat, half den Doppellizenzspielern des Drittligisten SC Rist Wedel, indem Seth Hinrichs, Mark Hughes und Will Christmas als sekundäre Gestalter unterstützten. Darüber hinaus stand die Eins-gegen-eins-Verteidigung gegen die einfallslose MBC-Offensive sicher, Stopps wurden von der Bank aus gefeiert, wie schottische Fußballfans ihr Nationalteam bejubeln – minus Bier und Gesang.
Durham und Dziewa überzeugen in der Schlussphase
Um sich mit Siegesgetränken zu belohnen, mussten die Towers allerdings noch etwas malochen. Weil die Anzahl der Ballverluste erneut in die Höhe schoss wie die Promillezahl wie bei einem ungarischen Palinka, kamen die Ostdeutschen noch mal gefährlich auf und mehrfach bis auf fünf Zähler heran.
Für Barloschkys Team mussten es nun die nominell richtig großen Jungs richten. Neben Center Aleksander Dziewa übernahm vor allem Durham die Offensive in der Schlussphase und punktete verlässlich genug, um den sechsten Saisonsieg im zehnten Bundesligaspiel einzufahren.
Fünf Hamburger Spieler punkten zweistellig
„Dass wir im zweiten Viertel sehr gut verteidigt haben und dadurch zu einfachen Punkten gelangt sind, war ausschlaggebend für den Erfolg“, sagte Dziewa. Basketball in Hamburg wird langsam, aber sicher wieder sexy. Auch ganz ohne Stöhngeräusche bei der Auslosung in der Elphi.
Veolia Towers Hamburg: Dziewa (17 Punkte), Durham (13), Hughes (13), Wohlfarth-Bottermann (12), King (11), Christmas (7), Hinrichs (6), Brauner (6), Meisner (1), Möller, Krause.