Hamburg. Hamburger Basketballer bezwingen Bamberg mit 94:90. Ein neuer Spielmacher soll jetzt kommen.

Hätte es eines statistischen Beweises bedurft, dass die Veolia Towers in den vergangenen Wochen eine rasante sportliche Entwicklung genommen haben, lieferten ihn die Hamburger Basketballer jetzt gegen die Bamberg Baskets. Hatten sie 34 Tage zuvor im Achtelfinale des deutschen Pokals noch mit 64:80 gegen die Franken „ein Spiel zum Wegschauen“ verloren, wie das Abendblatt damals schrieb, erzielten sie nun beim 94:90 (27:22, 16:20, 19:23, 32:25)-Sieg in der Bundesliga (BBL) gegen denselben Gegner höchst sehenswerte 30 Punkte mehr.

Hamburg Towers: Drei Siege in acht Tagen

Gehörten die Offensivleistungen der Towers zu Anfang dieser Saison zu den numerisch schwächsten in der BBL, ist die Mannschaft inzwischen auch bei ihrer Korbjagd dort angekommen, wo sie tabellarisch steht: auf einem Play-in-Platz (sieben bis zehn). 3400 Zuschauer in der nach einiger Zeit wieder mal ausverkauften edel-optics.de Arena feierten minutenlang den vierten Bundesligasieg in Folge, mit dem 86:83 am vergangenen Mittwoch im EuroCup im slowenischen Ljubljana den dritten Erfolg innerhalb von acht Tagen.

Solche Serien gab es zuletzt in der Ära des spanischen Cheftrainers Pedro Calles (2020 bis 2022), als die Towers als Tabellensiebter zweimal hintereinander die K.-o-Runden erreichten. Calles (40) verließ den Verein im Sommer des vergangenen Jahres wegen der besseren finanziellen und sportlichen Möglichkeiten zum Bundesligarivalen EWE Oldenburg.

Benka Barloschky auf den Spuren von Pedro Calles

Benka Barloschky (35), der junge Cheftrainer der Towers, könnte in die Fußstapfen seines Freundes treten. Beide telefonieren regelmäßig miteinander, schätzen sich. Barloschky war in Hamburg Calles’ Assistent. Nach einem holprigen Saisonstart mit zwischenzeitlich wettbewerbsübergreifend acht Niederlagen in Folge hat das neu zusammengestellte Team eine Entwicklung genommen, die nach den anfänglichen Auftritten nicht zwangsläufig zu vermuten war. Barloschky, ein akribischer Arbeiter, hatte immer an diese geglaubt – und um Geduld gebeten.

„Ich bin sehr glücklich über den Prozess, den das Team macht“, sagte er nach dem Bambergspiel. In den entscheidenden Phasen habe die Mannschaft ihre Widerstandsfähigkeit präsentiert und es geschafft, „aus sich heraus das gewisse Etwas herauszuholen“. Dazu sei im vierten Viertel, als die Towers mit neun Punkten zurücklagen, 66:75 in der 34. Minute, „unfassbar viel Energie von den Rängen gekommen. Das hat uns noch mal gepusht.“

Hamburg Towers: Jetzt soll ein Combo Guard kommen

Die Towers, auch das sprach Barloschky an, sind aber weiterhin nicht in der Lage, ihr Niveau über 40 Minuten konstant zu halten: „Wir hatten ein paar schöne Situationen, aber auch einige Szenen, in denen es arg gerumpelt hat. Das müssen wir uns anschauen und besser werden.“

Unbedarft wirkende, wenig zielgerichtete Einzelaktionen besonders im letzten Viertel zeigten, warum Barloschky und Towers-Sportchef Marvin Willoughby (45) nach Verstärkungen suchen. Konkret soll es sich dabei nach Abendblatt-Informationen um einen sogenannten Combo Guard handeln, der den Spielaufbau übernimmt, aber auch ohne Ball Gefahr ausstrahlt. Der US-Amerikaner Terrell Gomez, dem diese Aufgabe einst zugedacht war, hatte sich als Fehlbesetzung erwiesen. Er ist seit zwei Wochen freigestellt.

Wohlfarth-Bottermann musste kurz auf den Parkplatz

Topscorer Aljami Durham übernahm zuletzt diese Rolle, allein kann er es auch nicht richten, zumal er sich eine leichte Blessur am rechten Knie zuzog und die letzten sechs Minuten des Spiels von der Bank aus verfolgte. Von diesem Moment an bestimmten die Erfahrenen den Rhythmus; allen voran Center Jonas Wohlfarth-Bottermann, der sich unter dem Korb schindete, längst verloren geglaubte Rebounds einsackte, alle seine Würfe verwandelte, vier aus dem Feld, zwei von der Freiwurflinie.

Zwischendurch fehlte ihm indes der Durchblick, er hatte eine Kontaktlinse auf dem Feld verloren. Ersatz sollte ihm ein Betreuer verschaffen, der fand die Schachtel in Wohlfarth-Bottermanns Auto jedoch nicht. Also machte er sich im Regen selbst auf den 120 Meter langen Weg zum Parkplatz – mit Erfolg. Erst für ihn, dann für die Towers.

Hamburg Towers: Zittern in den Schlusssekunden

Ihm zur Seite standen am Ende Lukas Meisner und Nico Brauner, die per Dreier einen 10:0-Lauf zum 85:82 (38.) komplettierten, sowie das nun frenetische Publikum. Das war wahrlich Basketball zum Hinsehen. Wenn überhaupt, dann mussten zarter besaitete Towers-Fans in der finalen Minute vor lauter Nervosität wegschauen. Spätestens der spektakuläre Dreier Meisners zum 94:86 16 Sekunden vor Schluss löste dieses Problem, auch wenn den Towers in den letzten elf Sekunden ihr Ballbesitz zweimal wegen offensiven Foulspiels weggepfiffen wurde.

Am Dienstagabend (19.30 Uhr/MagentaSport) wollen die Towers im Inselpark ihre Erfolgsserie im EuroCup fortsetzen. Gegner ist dann der BC Wolves aus der litauischen Hauptstadt Vilnius. "Jedes Spiel hilft dieser Mannschaft", sagt Barloschky.