Hamburg. Die Schwestern stehen sinnbildlich für die Entwicklung des deutschen Damenbasketballs, der sich in Hamburg gegen Italien präsentierte.

Es gehe darum, Geschichten zu erzählen. Es war einmal, das war einmal. Es ist und wird einmal. So sollen sie beginnen. „Und nicht nur von uns beiden handeln“, sagt Satou Sabally (25), „der deutsche Damenbasketball hat noch so viel mehr zu bieten.“

Aber er hat nun mal auch eine der besten fünf Spielerinnen der Welt zu bieten sowie deren Schwester Nyara (23). Und daher, so ungern man den Saballys einen Wunsch ausschlagen mag, handelt auch diese Geschichte vom Sister’s Act der Berlinerinnen.

Deutschland verliert in Hamburg gegen Italien

Der Kern der Aussage der in der US-amerikanischen Eliteliga WNBA für die Dallas Wings (Satou) und Vizemeister New York Liberty (Nyara) aktiven Nationalspielerinnen stimmt allerdings. Die deutschen Basketballerinnen schafften auch ohne das Duo mit Rang sechs bei der EM im Sommer die beste Platzierung seit mehr als einer Dekade.

In Leonie Fiebich, Marie Gülich sowie Svenja Brunckhorst gibt es charismatische Akteurinnen, die allesamt eine eigene Story wert sind. Das Hamburger Kapitel ihrer Geschichte erzählte die deutsche Damen-Nationalmannschaft am Sonntagabend in der mit 3400 Zuschauern ausverkauften Wilhelmsburger edel-optics.de Arena im Testspiel gegen Italien, das mit 53:70 (8:21, 19:15, 12:12, 14:22) verloren wurde.

Zuschauerinteresse an deutschen Damen steigt

Das Zuschauerinteresse ist beachtlich für ein Spiel der Damen. „Es zeigt, wie krass deutscher Basketball geworden ist“, sagt Satou Sabally.

Nyara hat „eine Veränderung in der Aufmerksamkeit durch die Fans“ festgestellt. Heimspiele von Bundesligist Alba Berlin in ihrer Heimatstadt verfolgen mittlerweile regelmäßig mehr als 1000 Besucher.

Sabally-Schwestern sind mündige Athletinnen

Erwachsen ist daraus dennoch zu wenig. „Es ist schade, dass es für die Topnationalspielerinnen keine persönlichen Hauptsponsoren gibt. Das wäre in den USA anders“, sagt Satou Sabally.

Sie und ihre Schwester gehören einer jungen Generation mündiger Athletinnen an, die sich elaboriert zu sportlichen, aber auch gesellschaftlichen Themen äußern, die inspirieren wollen. Satou setzt sich mit Hingabe für die Gleichberechtigung ein, für Umweltthemen und gegen Rassismus. Das war schon an der University of Oregon so, hat sich für die studierte Sozialwissenschaftlerin seitdem nicht geändert.

Satou Sabally verteidigt Wechsel nach China

Die nächste Etappe ihrer bemerkenswerten Reise durch den weltweiten Spitzenbasketball führt Satou Sabally nun zu einer daher auf den ersten Blick kontroversen Destination. Da die WNBA im Sommer ausgespielt wird, um nicht mit dem Spielplan der um ein Vielfaches beachteten NBA zu kollidieren, ist es üblich, dass die Spielerinnen im Winter außerhalb Nordamerikas eine zweite Saison innerhalb eines Jahres absolvieren. Bei Sabally war das in den vorigen drei Jahren bei Fenerbahce Istanbul der Fall, wo sie dreimal türkische Meisterin wurde und in diesem Frühjahr die EuroLeague gewann.

Für die anstehende Winterspielzeit ist die Tochter eines Gambiers und einer Deutschen allerdings nach China zu den in der 400.000-Einwohner-Stadt Penglai, „einem kleinen Dorf“, wie sie sagt, ansässigen Shandong Six Stars gewechselt. Dafür musste sie sich Kritik gefallen lassen.

Angebot aus Xinjiang wurde abgelehnt

Wie könne denn ausgerechnet eine Menschenrechtsaktivistin in einem diktatorisch regierten Land spielen? Ihre anfängliche Begründung, „Money talks“ (Geld stinkt nicht), ließ die Rezensenten nicht verstummen. Gegenüber dem Abendblatt äußert sich Sabally, die ein Lächeln der Güteklasse „mitreißend“ besitzt, nun aber wesentlich dezidierter und nachvollziehbarer zu dieser Entscheidung.

„Ich wollte mir mein eigenes Bild von China machen. Wie können wir als westliche Nation ein ganzes Land nur wegen dessen Regierung verurteilen?“, fragt sie – ohne dabei außer Acht zu lassen, welche Missstände in der Volksrepublik existieren. Als ihr im vergangenen Jahr ein Vertrag in der Provinz Xinjiang angeboten worden war, in der die ethnische Minderheit der Uiguren brutal unterdrückt wird, lehnte sie dieses Angebot konsequenterweise ab.

Verantwortung, die eigene Plattform zu nutzen

„Ich weiß, was abgeht, maße mir aber keine Kritik an der Bevölkerung an, weil ich mit der Regierung nicht einverstanden bin“, sagt Sabally. Schließlich werden auch in den USA, konkreter sogar in Texas, dem Heimatstaat der Dallas Wings, „Kinder in Schulen wegen Waffengewalt abgeschlachtet, es gibt Brutalität gegen Schwarze, damit kann ich mich überhaupt nicht identifizieren“.

Umso mehr gehe es darum, eine eigene, informierte Perspektive zu entwickeln. „Ein wenig ist es auch unsere Verantwortung als Profisportlerinnen, unsere Plattform zu nutzen und Missstände anzusprechen. Gleichgültigkeit ist sehr gefährlich“, sagt Nyara Sabally und ergänzt: „Es ist aber extrem wichtig, sich wirklich gut in die Themen hineinzuarbeiten. Man muss auch wissen, was man sagt.“

Saballys wollen Basketballerinnen inspirieren

Auch dafür spielen die Saballys, die fünf weitere Geschwister haben, erstmals gemeinsam im Nationalteam. Nicht nur, um jungen Mädchen Vorbild zu sein, sondern ihnen ein Fundament zu erarbeiten.

„Mit einer möglichen Olympia-Teilnahme, der Heim-EM 2025 und Heim-WM 2026 ist mein Fokus in den kommenden drei Jahren, einen Deckel auf den alten Topf zu setzen und in einem anderen etwas Neues zu kreieren, dass alle mitnimmt“, sagt Satou Sabally und meint damit eine Umgebung, in der Basketballerinnen eine Perspektive geboten wird, mit der sie ihren Lebensunterhalt verdienen können und sich wertgeschätzt fühlen – was ihr in China übrigens zuteilwird.

Nyara Sabally deutsche Topscorerin

Gelingt das, werden künftig ganz viele Geschichten vom deutschen Damenbasketball geschrieben. Sie werden dann nicht nur von den Saballys handeln.

Deutschland: N. Sabally (12 Punkte), S. Sabally (11), Fiebich (10), Gülich (8), Brunckhorst (7), Wilke (3), Geiselsoder (2), Hartmann, Crowder, Simon.