Istanbul. Wilhelmsburger Basketballer verlieren im Eurocup 78:90 bei Besiktas Istanbul. Trainer Barloschky ist trotzdem glücklich.

Ein wenig war es also ein Duell Hamburg gegen Hamburg, das am Mittwochabend in der Istanbuler BJK Emlakjet Sportsevent Hall ausgetragen wurde. Zumindest laut Aytekin. Der Besiktas-Ultra, der im Leben neben seiner Leidenschaft als Taxifahrer hupend im Stau der Metropole steht, hatte einen wirklich netten Vergleich dazu parat, wie sich die großen Sportclubs Istanbuls aus deutscher Sicht zuordnen lassen. „Galatasaray sind die Reichen, der FC Bayern. Fenerbahce ist das Lieblingsteam der meisten Türken, also Borussia Dortmund. Und Besiktas, das ist der FC St. Pauli, alternativer, von den Fans geprägt“, sagte er.

Veolia Towers verlieren in Istanbul

Und erfolgreich, hätte Aytekin noch ergänzen können. Denn die Basketballer von Besiktas folgten dem Beispiel der an der Tabellenspitze der Zweiten Liga stehenden Fußballer St. Paulis: sie gewannen. Leidtragende dessen waren die Veolia Towers Hamburg, die mit 78:90 (24:25, 20:23, 21:16, 13:26) ihre sechste Niederlage im sechsten Vorrundenspiel des EuroCups kassierten. Der Einzug in die Play-ins der besten sechs der zehn Teams der Gruppe wird immer unwahrscheinlicher.

Einen hätte es gefreut – wäre Besiktas Istanbul nun wirklich der FC St. Pauli, dessen bekennender Fan er ist. Aber da die Realität einerseits eine andere ist, und Justus Hollatz andererseits seine weltmeisterliche Karriere bei den Towers begründete, blickte er eher missmutig von den Tribüne. „Schade, das war wirklich gut von der Mannschaft über weite Strecken, der Aufwärtstrend ist erkennbar“, sagte der 22-Jährige, der seit dieser Saison für Anadolu Efes Istanbul spielt. Der den Namen einer Brauerei tragende Verein ist wiederum neben Fenerbahce der bedeutendste im türkischen Basketball.

Drei Ex-Türme waren mit dabei

Was Besiktas ausmacht, weiß Ismet Akpinar ganz genau. Der Hamburger begann seine Laufbahn durch alle Istanbuler Topadressen bei den Schwarz-Weißen. „Daher war es heute nostalgisch für mich. Meine Frau und ich haben uns auf der Fahrt zur Halle an unser erstes Jahr hier erinnert“, sagt der Spielmacher von Galatasaray. Besiktas sei ein Club mit extrem begeisterungsfähigen Anhängern, so der 28-Jährige, „und politisch sind sie ganz eindeutig links orientiert“, sagt Akpinar.

Passend dazu stand „Liberta – Ideas are bulletproof“ (Freiheit – Ideen sind kugelsicher) auf einem großen Transparent vor dem Ultrablock. Deren Insassen waren nahezu durchgängig mit Tanzen und Singen beschäftigt, rissen auch die Haupttribüne regelmäßig mit Wechselgesängen mit. Die Stimmung war zwar enthusiastisch, aber angenehm wenig feindselig. Das machte Eindruck. In James Woodard (29), der die vergangene Saison in Hamburg verbrachte und nun in der zweiten türkischen Liga für Esenler Erokspor ebenfalls in Istanbul wirft, bekam diesen sogar ein dritter Ex-Turm live vor Ort mit.

Dziewa bester Scorer mit 21 Punkten

Vor den Augen des Trios mussten die Towers dabei ohne den sich mit leichten Oberschenkelproblemen plagenden Center Jonas Wohlfarth-Bottermann auskommen, der beim nächsten Bundesligaspiel am Sonnabend bei der BG Göttingen allerdings wieder fit sein sollte. Auch der in den Planungen keine Rolle mehr spielende Aufbauspieler Terrell Gomez war nicht mit in die Türkei gereist und wird, solange er keinen neuen Verein gefunden hat, auch künftig nicht mehr zu europäischen Partien mitreisen, um Kosten zu sparen.

Kräftesparend hingegen war das nicht, was die Wilhelmsburger in der feurigen Atmosphäre veranstalteten. Die Gäste waren von Anfang an hellwach, verteidigten aggressiv und agierten im Angriff mit Köpfchen. Center Aleksander Dziewa wurde am Korb gesucht und war kaum zu stoppen. Auch Flügelspieler V. J. King überzeugte und scheint die großen Schwierigkeiten zu Saisonbeginn überwunden zu haben.

Barloschky „glücklich über Performance“

Hatte es im EuroCup bisher fast ausschließlich Klatschen gegeben, zeigte sich die Auswahl von Trainer Benka Barloschky gegen einen nominell und finanziell überlegenen Gegner konkurrenzfähig. Erst im Schlussviertel wurde es deutlich. Dass die Leistungskurve nach oben geht, wie Hollatz beobachtet hatte, ist nach den vergangenen Resultaten offenkundig.

„Ich bin glücklich über unsere Performance, wir haben gut ins Spiel gefunden, hatten am Ende nur keinen Wurfrhythmus mehr“, sagte Barloschky. Der 35-Jährige hatte sich selbst an der Seitenlinie komplett verausgabt, brüllte seine Freude über gelungene Aktionen mitunter derart inbrünstig heraus, als würde er die unerträglich laute Musik in der Arena übertönen wollen. Es blieb beim Versuch.

Aytekin hatte sich derweil im Ultrablock fix und fertig gesungen, bevor die Nachtschicht im Taxi begann – als Gewinner. Auch die Towers durften sich nach ihrem Auftritt ansatzweise als solche fühlen. Logisch, dass Hamburg gewinnt, wenn Hamburg gegen Hamburg spielt.

Veolia Towers Hamburg: Dziewa (21 Punkte), King (14), Hughes (9), Durham (9), Krause (7), Christmas (5), Meisner (5), Hinrichs (3), Brauner (3), Reece (2).