Hamburg. Towers-Sportchef Marvin Willoughby spricht nach der Niederlage in Tübingen über die anstehenden Play-offs. Erster Gegner ist Rostock.

Die Hamburg Towers haben im letzten Punktspiel der 2. Basketballbundesliga ProA eine gute Ausgangsposition für die anstehenden Aufstiegsspiele zur Bundesliga verworfen; einmal mehr in einem Auswärtsspiel. Nach der 100:104 (39:52)-Niederlage bei den Tigers Tübingen fielen die Hamburger vom zweiten auf den vierten Tabellenplatz zurück. Bester Towers-Werfer war Beau Beech mit 20 Punkten. Bei Punktgleichheit (alle 19:11 Siege) entschied der schlechtere Dreiervergleich mit Heidelberg (0:2 Siege) und Nürnberg (1:1) über das finale Ranking. Im Play-off-Viertelfinale (best of 5) treffen die Towers nun auf die Rostock Seawolves. Drei Siege sind zum Weiterkommen nötig.

Tip-off am Sonnabend

Tip-off für das erste Spiel ist am kommenden Sonnabend (19.30 Uhr) in der Wilhelmsburger edel-optics.de-Arena, in Rostock müssen die Towers dann am 9. April (19.30 Uhr) antreten, die dritte Begegnung findet am Freitag, 12. April (19.30 Uhr), wieder im Inselpark statt. Die möglichen Spiele vier und fünf sind momentan für den 15. April in Rostock und am 17. April in Hamburg angesetzt.

Sollten sich die Hamburger gegen den ebenfalls ambitionierten Nordrivalen reüssieren, wäre im Halbfinale der Sieger des Duells Chemnitz (1.) gegen Karlsruhe (8.) der Gegner. Setzten sich die Chemnitzer durch, hätten die Towers in dieser Serie maximal in zwei Spielen Heimrecht. Die beiden Halb­finalsieger steigen in die Bundesliga auf.

Towers-Sportchef Marvin Willough­by (41) hatte eine kurze Nacht. Gegen sechs Uhr war er im Mannschaftsbus aus Tübingen zurückgekehrt, um elf Uhr saß er schon wieder in der edel-optics.de-Arena auf der Tribüne und verfolgte das Play-off-Achtelfinale in der Jugend-Bundesliga zwischen den Piraten Hamburg und dem TuS Lichterfelde Berlin. Der Towers-Nachwuchs siegte 69:51 und darf auf den Einzug ins Viertelfinale hoffen.

Hamburger Abendblatt: Herr Willoughby, vor der Saison hatten Sie das Ziel ausgegeben, in der Abschlusstabelle unter die ersten vier zu kommen und die zweite Runde der Play-offs zu erreichen. Sie sollten zufriedener sein, als Sie gerade aussehen.

Willoughby: Momentan überwiegt die Enttäuschung, den zweiten Platz, eine noch bessere Ausgangsposition für die Play-offs verpasst zu haben. Als Geschäftsführer der Towers wiederum bin ich rundrum zufrieden. Bei 13 von 15 Heimspielen waren wir ausverkauft, wir haben zusätzliche Sponsoren gewonnen, unser Image verbessert. Mit dem von unserem Hauptgesellschafter Tomislav Karajica geplanten Elbdome als Spielstätte für bis zu 9000 Zuschauer erhalten wir eine großartige Perspektive, und wir haben, das dürfen wir bei aller aktuellen Enttäuschung nicht vergessen, sportlich das beste Ergebnis seit unserer Vereinsgründung vor fünf Jahren erzielt.

Das Ziel Bundesliga-Aufstieg scheint jetzt aber gefährdet, weil Sie in der entscheidenden zweiten Play-off-Runde wahrscheinlich mit den Niners Chemnitz auf die beste Mannschaft der Punktrunde treffen würden, gegen die Sie in dieser Saison zweimal verloren haben, zuletzt vor einer Woche.

Willoughby: Noch stehen alle Spiele 0:0, und im bisherigen Saisonverlauf gab es zahlreiche Überraschungen, jeder konnte jeden schlagen. Mit Hagen und Tübingen haben zwei Mannschaften die Play-offs verpasst, die wegen Budget und Kader von allen Experten unter den ersten acht erwartet wurden. Wir haben weiter alle Möglichkeiten aufzusteigen, unsere Mannschaft hat dafür das Potenzial, die notwendigen sechs Siege zu erringen. Um es ein für alle Mal klarzustellen: Wir würden gern aufsteigen, aber wir müssen es nicht. Anderes ist es nie von uns kommuniziert worden. Natürlich sind im Laufe dieser Spielzeit die Erwartungen gestiegen, auch intern, und gemessen an den gewachsenen Ansprüchen herrscht jetzt eine gewisse Ernüchterung.

Woher nehmen Sie Ihren Optimismus, dass es mit dem Aufstieg klappen könnte. Nach 8:2 Siegen zum Saisonstart fiel die Bilanz danach mit 11:9 Siegen eher mittelmäßig aus. Der Trend scheint nicht Ihr Freund.

Willoughby: Die Anfangserfolge haben uns in der Liga in eine Art Favoritenrolle versetzt, mit der die Mannschaft nicht immer vorteilhaft umgegangen ist. Vielleicht ist diese Phase ein Teil des heutigen Problems. Ich hätte mir schon in dem einen oder anderen Spiel mehr Einsatzbereitschaft und Kampfgeist gewünscht. Manchmal hatte ich den Eindruck, da herrschte im Team die Mentalität „das kriegen wir irgendwie noch hin, notfalls werfen wir am Schluss ein paar Dreier“. Bei den Niederlagen zu Hause gegen Chemnitz und jetzt in Tübingen waren wir vor allem in der Verteidigung zu nachlässig, da fehlte mir die physische Präsenz. Verteidigen wir so aggressiv wie bei unserem Auswärtssieg Anfang Februar in Rostock, mache ich mir keine Sorgen. Die hätte ich, wenn ich taktische Defizite wahrnehmen würde. Die wären in kurzer Zeit nicht mehr aufzuarbeiten.

Die Einstellung des Teams aber lässt sich so schnell ändern?

Willoughby: Die war ja in weiten Teilen der Saison vorbildlich vorhanden. Basketball ist ein Spiel selektiver Wahrnehmung. Du solltest dich nur an positive Dinge erinnern, also an jene Würfe, die du getroffen, und nicht an jene, die du verworfen hast. Sonst plagen dich ständige Selbstzweifel. Wie gesagt: Die Mannschaft kann in dieser Spielzeit auf viele positive Erlebnisse zurückgreifen. Wir werden sie in dieser Wahrnehmung bestärken. Es gibt keinen Grund, an ihr zu zweifeln. Und wenn überhaupt, müsste ich mich infrage stellen, denn ich habe den Kader zusammengestellt und ihn zu verantworten. Wir haben zudem im Winter mit den Verpflichtungen von Max Montana und Carlton Guyton nachjustiert, das mag zwischenzeitlich den Rhythmus ebenfalls etwas gestört haben.

Wäre es für den Verein nicht sogar besser, die Towers würden erst in zwei, drei Jahren in die Bundesliga aufsteigen? Dann bekämen Sie vielleicht einen weit höheren Etat zusammen, mit dem Sie im Oberhaus nicht ums sportliche Überleben kämpfen müssten.

Willoughby: Nach dem Motto: Lieber die Helden in der Zweiten Liga als die Deppen in der Bundesliga? Das sind berechtigte Überlegungen, und ich höre jetzt immer wieder von meinen Kollegen, wie schwer es doch sei, einen Negativlauf emotional durchzustehen. In der Bundesliga kann es sein, dass du nur vier oder sechs von 34 Spielen gewinnst. Das ist schon eine Herausforderung an das gesamte Umfeld. Wir würden jedoch nie auf den Aufstieg verzichten. Wir haben in den vergangenen Jahren bei den Towers Strukturen geschaffen, die bei einem möglichen Abstieg so stabil sein sollten, dass das gesamte Projekt nicht gefährdet ist. Das war stets unser Anspruch. Und es könnte uns ja Ähnliches glücken wie in dieser Saison Rasta Vechta, die sich nach dem Aufstieg im vergangenen Jahr in der Bundesliga einen Platz in den Play-offs sichern konnten. Im Sport solltest du immer die Chance sehen und dich nicht von zu vielen Bedenken leiten lassen.