Rostock. Zweitligist gewinnt Topspiel in Rostock – auch dank Center Raffington. Ausgelassene Jubelszenen nach dem Abpfiff.

Zwölf Sekunden vor Schluss waren sich auch die 75 mitgereisten Towers-Fans unter den 4579 Zuschauern in der ausverkauften Rostocker Stadthalle sicher. „Auswärtssieg! Auswärtssieg!“, schallte es gut hörbar von der Tribüne – und sie sollten recht behalten. Mit 74:68 (14:19, 22:24, 19:12, 19:13) gewannen die Hamburger bei den Rostock Seawolves zum fünften Mal in dieser Saison in der Fremde, zudem bei einem direkten Konkurrenten um die ersten vier Play-off-Plätze, und rückten in der 2. Basketballbundesliga ProA mit jetzt 14:7 Siegen wieder auf den zweiten Tabellenplatz vor. Für die Rostocker war es bereits die siebte Heimniederlage, auswärts hatte der ambitionierte Aufsteiger bisher nur das Hinspiel in Wilhelmsburg verloren.

Towers tanzen um Sportchef Willoughby herum

Nach der Schlusssirene tanzten die Towers ausgelassen auf dem Spielfeld, nahmen Sportchef Marvin Willoughby in ihre Mitte, schrien ihre Begeisterung heraus. Flügelspieler Malik Müller schlug Center Justin Raffington immer wieder die Hand an dessen Brust, schüttelte den Kopf und grölte: „Unglaublich, einfach unglaublich.“ Raffington hatte eines seiner besten Spiele im schwarzen Towers-Trikot geliefert, in der Verteidigung vier Bälle geblockt, drei im Zweikampf erobert, insgesamt sieben Rebounds geholt und im Angriff zwölf Punkte, darunter acht von zehn verwandelten Freiwürfen, zum Erfolg beigesteuert. Eine herausragende Bilanz. „Das lief heute ganz gut bei mir“, meinte der 27 Jahre alte gebürtige Hamburger und grinste schelmisch. „Aber wir haben als Team auch überragend verteidigt.“

Rostock führte noch zur Halbzeit

Noch mehr Leidenschaft hatte Towers-Trainer Mike Taylor nach der ersten Saison-Heimniederlage am vorvergangenen Sonntag gegen Heidelberg (66:72) gefordert und seine Botschaft im Wort „Nordderby“ verpackt. Ein Spiel voller Emotionen, Einsatz bis zum letzten Schweißtropfen hatte er sich von seiner Mannschaft erhofft – und die lieferte, schon in der ersten, vor allem aber in der zweiten Halbzeit. Dass die Rostocker zwischenzeitlich beim Stand von 30:21 mit neun Punkten führten, zur Halbzeit mit 43:36, war dann auch nicht mangelndem Kampfgeist geschuldet, sondern sieben Ballverlusten und zahlreichen Missverständnissen beim Passspiel.

13:0-Lauf bringt die Towers zurück

Mehr Ballkontrolle forderten Trainer Taylor und Assistent Benka Barloschky in der Pause, und sie wurden erhört. Mit einem 13:0-Lauf wendeten die Towers gleich zum Beginn der zweiten Hälfte das Spiel, die Rostocker konnten zum 55:55 am Ende des dritten Viertels das letzte Mal ausgleichen. Und hatten die Gastgeber in den ersten 20 Minuten noch eine Wurfquote von 54 Prozent, sank sie danach auf 34 Prozent. „Wir waren plötzlich nicht mehr so effektiv, die Towers haben dagegen zunehmend an Sicherheit gewonnen“, meinte Rostocks Coach Milan Skobalj.

Heiserer Willoughby lobt die Leidenschaft

„Wir haben ein offensiv sehr talentiertes Team. Und ich habe manchmal den Eindruck, unsere Jungs verlassen sich zu sehr auf diese Stärke, glauben, alles im Angriff richten zu können. Diesmal haben sie aber wieder mal gezeigt, dass sie Spiele auch in der Defensive gewinnen können, mit Kampf, mit Leidenschaft. Das war in dieser Beziehung unsere bisher beste Saisonleistung, eine beeindruckende Vorstellung“, sagte Willoughby mit heiserer Stimme. Neben Raffington (Taylor: "Unser Matchwinner") ragte einmal mehr Andrew Barham mit 22 Punkten heraus, der vier von neun Dreipunktewürfe einnetzte. Mit 32:16 Minuten hatte der US-Amerikaner von allen Spielern die längste Einsatzzeit.

Neuzugang Montana fügt sich gut ein

Immerhin zwölf Minuten durfte sich Neuzugang Max Montana an sein neues Team gewöhnen. Der Deutschamerikaner war am Donnerstagabend vom Bundesligaclub Giessen 46ers nach Hamburg gewechselt. Fünf Punkte waren seine erste Bilanz, allerdings traf er mit keinem seiner fünf Dreipunktewürfe. „Das war dennoch ein ordentlicher Einstand’“, sagte Willough­by.

Dass er bei seiner neuen Mannschaft schon angekommen ist, bewies auf der Ersatzbank. Immer wieder sprang er bei gelungenen Aktionen seiner Mitspieler auf. „Das ist ein tolles Team“, meinte der 23-Jährige, „ich freue mich schon das erste Heimspiel.“ Am nächsten Sonnabend (19.30 Uhr) kommt mit Karlsruhe die derzeit formstärkste Mannschaft der Liga in die edel-optics.de-Arena. „Wenn wir auftreten wie in Rostock, können wir jeden Gegner schlagen. Ich hoffe, das haben alle begriffen“, sagte Willoughby.

Punkte Hamburg Towers: Barham 22 (8 Rebounds), Raffington 12 (7 Rebounds), Beech 10 (7 Rebounds), Guyton 8 (5 Assists), Freese 8, Kindzeka 6, Montana 5, Zazai 3.