Deutschland trifft im Halbfinale der WM auf Gastgeber Brasilien. Es wird ein enges Duell, bei dem Kleinigkeiten den Unterschied ausmachen. Ein Direktvergleich auf allen Positionen.

Auf ins achte WM-Finale: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft will mit viel Herz den großen Halbfinal-Abend gegen Turnier-Gastgeber Brasilien erfolgreich bestehen. „Brasilien spielt mit 200 Millionen Menschen im Rücken. Für uns ist es eine ganz besonders große Herausforderung, gegen den Gastgeber zu spielen“, erklärte Bundestrainer Joachim Löw im Spielort Belo Horizonte vor dem knisternden Match am Dienstag (22 Uhr/ZDF und im Liveticker bei abendblatt.de). Es wird wohl ein enges Duell werden, bei dem Kleinigkeiten den Unterschied ausmachen. Köpft Mats Hummels erneut das entscheidende Tor und hält die Abwehr zusammen? Trifft David Luiz wieder sensationell per Freistoß? Findet Mesut Özil zurück zu seiner alten Form? Kann Brasilien den Ausfall von Neymar kompensieren? Ein Direktvergleich auf allen Positionen.

Torwart


Manuel Neuer

Der Keeper vom FC Bayern spielt eine starke WM. Im Achtelfinale rettete er seine Mannschaft durch seine weiten Ausflüge, indem er fast als Libero gegen algerische Angreifer klärte. Im Viertelfinale zeigte er erneut, dass er auch auf der Linie ein großer Rückhalt ist, als er in der Nachspielzeit gegen Karim Benzema hielt. Glänzt durch Unaufgeregtheit.

Julio Cesar

Der 34 Jahre alte Keeper hat einen schlimmen Abstieg hinter sich. Vor vier Jahren Champions-League-Sieger mit Inter Mailand, kam er danach nicht mehr bei Topclubs unter und spielt jetzt in Toronto. Doch Scolari hielt an ihm fest. Das Vertrauen rechtfertigte Cesar im Elfmeterschießen gegen Chile, wo er sein Team im Turnier hielt.

Fazit: Klarer Punkt für den zurzeit besten Torwart der Welt, Manuel Neuer. 1:0 für Deutschland!

Rechte Verteidigung


Philipp Lahm

Erst im Viertelfinale setzte Bundestrainer Joachim Löw seinen Kapitän auf der angestammten Rechtsverteidigerposition ein. Auch dort lieferte der 30-Jährige vom FC Bayern eine souveräne Leistung ab, brachte mehr Impulse nach vorne und sorgt so für eine enorm starke rechte Außenbahn im deutschen Spiel.

Dani Alves

Der 31 Jahre alte Verteidiger vom FC Barcelona ist umstritten. Häufig wird von der „Avenida Dani Alves“ gesprochen, weil wie über eine Schnellstraße die Angriffe des Gegners über seine Seite laufen. Gegen Kolumbien spielte Maicon für den zu dem Zeitpunkt mit Gelb vorbelasteten Alves, der gegen Deutschland aber wieder zurückkehrt.

Fazit: Auch wenn seine Leistung noch nicht so konstant sind, wie gewohnt, gegen Alves setzt sich Lahm allemal durch. 2:0 für Deutschland!

Innenverteidigung


Jérôme Boateng

Spielt wieder in der Innenverteidigung, nachdem er vorher häufig auf der rechten Seite zum Einsatz kam. Bildet mit Mats Hummels einen spielstarken Abwehrblock im Zentrum, der auch Offensivaktionen initiieren kann. Der 25-Jährige vom FC Bayern ist auf dem Feld ebenso unaufgeregt, wie er danach auch in Interviews rüberkommt.

David Luiz

Sein Freistoßtor mit der unmöglichen Flugkurve im Viertelfinale gegen Kolumbien bleibt im Gedächtnis. Überhaupt ist der Innenverteidiger vom FC Chelsea als dynamischer, torgefährlicher Spieler bekannt, traf schon zweimal bei der WM. Seine Abwehraufgabe vernachlässigt er dabei nicht und ist immer gesetzt.

Fazit: Auch wenn Boateng ein gutes Turnier spielt, geht dieser Punkt an Luiz, der bisher über sich hinauswächst und zu den überragenden Abwehrspielern der WM zählt. Nur noch 2:1 für Deutschland!

Mats Hummels

Der 25 Jahre alte Dortmunder ist bei Standardsituationen da, wenn mal wieder Köpfchen gefragt ist. Zwei Kopfballtore erzielte er bereits bei dieser WM und ist, einmal in Fahrt, bei diesen Aktionen schwer zu bremsen. Bringt aus der Defensive heraus auch immer mit platzierten langen Bällen Schwung ins deutsche Spiel.

Dante

Für Dante könnte es gegen eine Vielzahl seiner Mannschaftskollegen vom FC Bayern zu einem Wiedersehen kommen. Durch die Sperre von Kapitän Thiago Silva steht der Innenverteidiger vor seinem ersten Einsatz bei der Heim-WM. Probleme dürfte er dabei nicht bekommen. Er kennt die meisten Gegenspieler aus der Bundesliga.

Fazit: Hummels, immer wieder Hummels. Der Innenverteidiger ist defensiv und offensiv bei Standards präsent. Dante hingegen ist noch ohne jede WM-Minute. Klarer Punkt für Deutschland: 3:1!

Linke Verteidigung


Benedikt Höwedes

Der verkannte fleißige Arbeiter in der Nationalmannschaft. Der Schalker Innenverteidiger wird auf der linken Abwehrseite eingesetzt und dabei mit Spielertypen verglichen, die die Linie hoch- und runterrennen. Übersehen wird, dass er defensiv wenig zulässt. Auf ihn kann sich der Bundestrainer verlassen. Deshalb ist der Stammplatz sicher.

Marcelo

Im Eröffnungsspiel hätte Marcelo zur tragischen Figur werden können. Doch das Eigentor gegen Kroatien nahm sich der Linksverteidiger nicht zu Herzen, spielte weiter abgeklärt. Über zu wenig Selbstbewusstsein braucht der 26-Jährige auch nicht zu klagen. Er ist gerade erst mit Real Madrid Champions- League-Sieger geworden.

Fazit: Marcelo einzige Unkonzentriertheit führte gleich zum Eigentor im Eröffnungsspiel. Ansonsten überzeugt der Linksverteidiger von Real Madrid defensiv und offensiv zugleich. Höwedes hingegen hat genug damit zu tun, seine Außenbahn halbwegs abzuriegeln. Klarer Punkt für Brasilien: 3:2 für Deutschland!

Defensives Mittelfeld


Bastian Schweinsteiger

Zu Beginn des Turniers musste sich der Bayern- Spieler noch mit Sami Khedira im defensiven Mittelfeld abwechseln. Doch mit jeder Partie zeigte er, dass er nach seiner Verletzung immer fitter wird. Seine Aggressivität und Dominanz braucht die Mannschaft. Sorgt durch resoluten Einsatz dafür, dass die Abwehr nicht ins Schwimmen kommt.

Fernandinho

Der 29-Jährige von Manchester City hat sich ins Turnier gekämpft. Kam im letzten Gruppenspiel gegen Kamerun für Paulinho zum ersten Einsatz, bereitete ein Tor vor und erzielte einen Treffer selbst. Seitdem darf er von Beginn an ran. Gilt als extrem unangenehmer Gegenspieler mit schnellem Umschaltspiel.

Fazit: Schweinsteiger will es wissen und endlich Weltmeister werden. Der Stratege strahlt enorme Präsenz aus und ist der Chef im Mittelfeld. Fernandinho schwankt zwischen Ersatzbank und Startelf und spielt bislang maximal solide. 4:2 für Deutschland!

Sami Khedira

Der Mittelfeldspieler von Real Madrid ist im defensiven Mittelfeld gesetzt, wenn er komplett gesund ist. In den letzten Minuten des Viertelfinales verließen ihn ein wenig die Kräfte, doch vorher setzte er wichtige Impulse und gab der Mannschaft durch gewonnene Zweikämpfe Sicherheit. Ihn bringt wenig aus der Ruhe.

Luiz Gustavo

Im Viertelfinale fehlte der defensive Mittelfeldspieler vom VfL Wolfsburg, kommt aber im Halbfinale wieder zum Einsatz. Er ist der sogenannte Staubsauger vor der Abwehr, der Räume zuläuft und Zuspiele in die Spitze verhindert. Dadurch kommt er offensiv weniger zur Geltung, als es seine Fähigkeiten zulassen und seine Landsleute wünschen.

Fazit: Khedira ist noch nicht der erhoffte Stabilisator im defensiven Mittelfeld, Gustavo hingegen schon. Trainer Scolari nennt den Spieler vom VfL Wolfsburg nicht umsonst seinen wichtigsten Spieler, er ist das Herzstück für Brasilien. 4:3 für Deutschland!

Zentrales Mittelfeld


Toni Kroos

Gegen Frankreich durfte er seine erste direkte Torvorbereitung im Turnier feiern. Dabei war es eine schnöde Freistoßflanke, die zum Erfolg führte, und kein ausgeklügelter Trick wie häufig zuvor. Der Bayern-Spieler mag das unprätentiöse direkte Spiel. Hat so oft auf das Tor geschossen, dass die Belohnung wohl nicht mehr lange auf sich warten lässt.

Ramires

Der 27-Jährige vom FC Chelsea spielt auf der Außenbahn für Oscar. Seine Stärke: Als bissiger Spieler kommt er mehr über den Kampf als über das schöne Spiel. Eine Qualität, die Brasilien nach dem Ausfall Neymars und Thiago Silvas braucht. Für ihn spricht, dass er in allen fünf WM-Partien zum Einsatz kam, auch wenn er nicht immer überzeugte.

Fazit: Kroos glänzt durch seine Vielseitigkeit als Stratege, Spielmacher, Vorlagengeber und Standard-Spezialist. Ramires spielt bislang nur eine Nebenrolle. 5:3 für Deutschland!

Rechtes Mittelfeld


Thomas Müller

Der Gute-Laune-Mann im Team. Hat gegen Frankreich auf der rechten Außenbahn gespielt und kam deshalb nur zu einem Torschuss. Bringt durch seine unorthodoxe Spielweise Abwehrspieler zur Verzweiflung. Um Torschützenkönig zu werden, muss er noch zweimal treffen, um mit Kolumbiens James Rodriguez gleichzuziehen.

Oscar

22 Jahre ist der Mittelfeldspieler des FC Chelsea alt, und doch lastet enormer Druck auf ihm. Er soll im Zentrum den verletzten Neymar ersetzen. Schwächelte der junge Offensivmann vor der WM, war er mit dem ersten Spiel voll da. Er setzte vor allem über Außen Impulse für das Offensivspiel, kann aber auch im Zentrum zum Einsatz kommen.

Fazit: Müller ist ein Phänomen. Durch seinen eigenwilligen Spielstil ist er für den Gegner kaum zu verteidigen. Oscar wirkt hingegen zu verspielt und ist leicht ausrechenbar. 6:3 für Deutschland!

Linkes Mittelfeld


Mesut Özil

Auf den Regisseur vom FC Arsenal konzentriert sich die Kritik, auch wenn bekannt sein sollte, dass die Außenbahn nicht seine stärkste Position ist. Spielte eine schwache Partie im Viertelfinale. Kann aber im Offensivspiel für besondere Momente sorgen. Leidet darunter, dass hinter ihm mit Höwedes kein klassischer Außenverteidiger spielt.

Hulk

Dass Hulk wie der grüne Comic-Superheld gerufen wird, ist bei seiner Körperstatur nicht verwunderlich. Er ist bullig, dadurch schwer im Vorwärtsgang aufzuhalten. Der 27-Jährige von Zenit St. Petersburg ist ein Publikumsliebling. Vielleicht, weil er gerade nicht das grazile Spiel bevorzugt. War bisher im Turnier nicht torgefährlich.

Fazit: Was ist nur aus dem genialen Spielmacher Mesut Özil geworden? Auf der Außenbahn ist der Edeltechniker nicht wiederzuerkennen. Hulk hingegen verkörpert Leidenschaft und den puren Willen. Auf ihn kommt es nun an nach dem Ausfall von Neymar. Nur noch 6:4 für Deutschland!

Sturm


Miroslav Klose

Miroslav Klose steht für Erfahrung. Der 34- jährige Angreifer von Lazio Rom spielt seine vierte Weltmeisterschaft und stand bisher immer im Halbfinale. Joachim Löw dürfte vor allem auf Kloses Kaltschnäuzigkeit im Strafraum und seine Kopfballstärke bei Freistößen setzen. Trifft er, ist Klose alleiniger WM-Rekordtorschütze (aktuell 15 Tore).

Fred

Seine auffälligste Szene hatte der 30-jährige Stoßstürmer von Fluminense im Eröffnungsspiel. Ein zweifelhaftes Foul an ihm brachte Brasilien einen Elfmeter ein. Bis auf einen Treffer bei der WM zu ungefährlich, heißt es oft. Übersehen wird dabei, dass er für das nachrückende Mittelfeld Lücken in der gegnerischen Abwehr reißt.

Fazit: WM-Rekord-Torjäger Klose beseitigt die letzten Zweifel und sichert den Sieg für Deutschland im Direktvergleich. Fred ist zu häufig ein Totalausfall im brasilianischen Spiel. 7:4 für die deutsche Elf!