Hamburg. Der Weltranglistenerste aus Norwegen setzt sich für den Bundesliga-Aufsteiger ans Brett. Hamburger Mäzen fädelte den Deal ein.
Die Idee ist gerade vier Tage alt, und sie löste erst Überraschung, Staunen und dann Begeisterung aus. Magnus Carlsen, seit 13 Jahren der König des Schachs, Weltmeister von 2011 bis zu seinem freiwilligen Rückzug 2023, sitzt in der nächsten Saison für Bundesliga-Aufsteiger FC St. Pauli am Brett. Zumindest bei den beiden geplanten Heimspielen am 22./23. März 2025 im Ballsaal des Millerntor-Stadions soll der 33 Jahre alte Norweger zum Einsatz kommen, weitere Termine könnten nach Absprache folgen. Das ist bisher verabredet. „Ich freue mich, Teil der coolsten Marke in Deutschland zu sein“, sagte Carlsen zu seinem Engagement.
In der Bundesliga treten 16 Teams an 15 Spieltagen einmal gegeneinander an. Jede Mannschaft besteht aus acht Spielern. Carlsen gab vor 20 Jahren bei den Schachfreunden Berlin-Neukölln als 14-Jähriger sein Bundesligadebüt, zog danach von 2006 bis 2009 für den späteren deutschen Serienmeister OSG Baden-Baden.
FC St. Pauli: Schach-Mäzen Buettner überredete Carlsen
Eingefädelt hat den Deal der Hamburger Unternehmer Jan Henric Buettner (59) bei einem Treffen mit Carlsen Anfang der Woche im französischen Nizza. Hobby-Schachspieler Buettner hatte im Februar in seinem Ostsee-Ressort Weissenhaus an der Hohwachter Bucht für zwei Millionen Euro ein Weltklasseturnier organisiert, bei dem die Aufstellung der acht Figuren auf der Grundreihe ausgelost wird. Carlsen gewann es. Buettner nennt diese Variante Freestyle.
Bekannt war sie vorher als Schach 960, weil es unter zwei Einschränkungen diese Anzahl an Möglichkeiten gibt. Buettner fand Gefallen am Gedanken, Freestyle-Schach weltweit zu verbreiten und zu vermarkten, gründete die Weissenhaus Chess Academy, verband damit ein umfangreiches Förderprogramm für den deutschen Schachnachwuchs.
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Als St. Paulis Schachspieler nach ihrem überraschenden Bundesliga-Aufstieg Ende März Unterstützer suchten, war Buettner bereit zu helfen. Carlsen war damals kein Thema. Jetzt freut sich auch Fußball-Cheftrainer Fabian Hürzeler auf ihn: „Für den FC St. Pauli ist es eine große Ehre, den besten Schachspieler aller Zeiten hier zu haben. Ich hoffe, dass ich frei habe, wenn er hier spielt. Es ist auch für mich wichtig, dass der FC St. Pauli ein Verein ist, der nicht nur durch Fußball, sondern mit vielen Sportarten heraussticht. Dieser Coup freut mich für unsere Schachabteilung.“
Carlsen besuchte 2016 ein Heimspiel des FC St. Pauli
Was wenige wussten: Carlsen, ein begeisterter Fußballer, war schon vor Jahren auf den FC St. Pauli aufmerksam geworden. Erstmals hatte er am 19. Februar 2016 bei einem seiner Besuche der Hamburger Schach-Software-Firma ChessBase mit seinem dänischen Sekundanten Peter Heine Nielsen ein Heimspiel der Millerntor-Elf verfolgt. Sein Resümee nach dem 1:3 gegen den FSV Frankfurt: „Ganz schwache Abwehr.“ ChessBase schenkte ihm 2018 ein St.-Pauli-Trikot, das er fortan mit Stolz trug.
Zu Carlsens norwegischen Fußballfreunden gehört neben Superstar Erling Haaland (Manchester City) auch Mats Möller Daehli, der von 2017 bis 2019 für St. Pauli spielte. Möller Daehli war in dieser Zeit oft Gast in der Schach-Abteilung, und er war es auch, bei dem sich Carlsen dieser Tage erkundigte, ob er ans Millerntor wechseln sollte. Carlsen wird nicht St. Paulis einziger Neuzugang bleiben, weitere Großmeister werden kommen, um die Chance auf den Klassenerhalt zu erhöhen. Die übrigen Spieler der Aufstiegsmannschaft sollen sich an den unteren vier Brettern abwechseln.
Schach-Mäzen Buettner unterstützt auch den Hamburger SK
Buettner beschränkt sein Engagement nicht auf den FC St. Pauli, auch Bundesliga-Dino Hamburger SK erfährt künftig seine Unterstützung. Der HSK, mit mehr als 700 Mitgliedern der größte Schachclub Europas, ist bekannt für seine gute Nachwuchsarbeit, zehn Großmeister kamen in den vergangenen vier Jahrzehnten aus der eigenen Jugend, einmalig in Deutschland. Während Buettner mit St. Pauli auf Internationalität setzt („Das passt zum Image“), will er aus dem HSK ein Team Deutschland machen. Erster Erfolg: Die Brüder Rasmus und Frederik Svane konnten gehalten werden. Die beide Großmeister hatten lukrative Angebote vom weit finanzstärkeren Bundesligakonkurrenten SF Deizisau aus Baden-Württemberg.