Hamburg. Nach dem Jubel über den Bundesliga-Aufstieg steht für die Führung des FC St. Pauli viel Arbeit an. Was sich eine Liga höher ändert.
Die Planungen für die Bundesliga hatten die Führungskräfte des FC St. Pauli schon längst begonnen, bevor am Sonntag der Aufstieg mit dem 3:1-Sieg gegen den VfL Osnabrück festgezurrt wurde. Jetzt aber können die Vorhaben und Notwendigkeiten konkret angegangen werden. Es gibt nicht nur beim wichtigsten Punkt, der Zusammenstellung einer bundesligatauglichen Mannschaft, diverse Dinge, die jetzt anders sein werden, als sie bei einem Verbleib in der Zweiten Liga gewesen werden.
St. Paulis Führung plant die Bundesliga
Am Montag nahmen dazu, nach einer kurzen Nacht, Präsident Oke Göttlich, Sportchef Andreas Bornemann und Trainer Fabian Hürzeler Stellung. Die wichtigsten Planungen des FC St. Pauli für die anstehende Bundesligasaison, die am Wochenende 23. – 25. August und damit drei Wochen später als die Zweite Liga, in die neue Saison startet.
Kader: Die meisten Stammspieler, die den Bundesliga-Aufstieg realisiert haben, besitzen noch einen Vertrag mindestens für die kommende Saison. Damit ist nahezu sichergestellt, dass es keine größeren personellen Umwälzungen geben wird.
Personalie Marcel Hartel vor Entscheidung
Eine ganz wichtige Personalie ist bislang allerdings noch offen. Der Vertrag von Topscorer Marcel Hartel (17 Treffer, 13 Torvorlagen) läuft zum Saisonende aus. Die im April begonnenen Verhandlungen über einen Verlängerung haben noch zu keinem Ergebnis geführt. Der jetzt feststehende Aufstieg sollte allerdings die Entscheidung beschleunigen.
„Wir sind einfach überglücklich. Du weißt, dass du es geschafft hast, dass du aufgestiegen bist, dass du mit diesem Verein nächste Saison Bundesliga spielen wirst, und das völlig verdient, wenn man die ganze Saison sieht“, sagte Hartel noch am Sonntag nach den ersten Feierlichkeiten auf dem Rasen des Millerntor-Stadions.
Zwei Stürmer und ein Innenverteidiger gesucht
Auf die konkrete Nachfrage, ob er mit diesen Worten meinte, dass er auch selbst „mit diesem Verein in der Bundesliga spielen“ wird, antwortete er: „Das habe ich so nicht gesagt.“
„Jetzt haben wir Klarheit, in welcher Liga wir spielen. Dass er ein wichtiger Faktor über die Saison war, steht außer Frage. Trotzdem gibt es gewisse Grenzen auch bei ordentlichen bis guten Möglichkeiten“, sagte Sportchef Bornemann am Montag und deutete damit an, dass es offenbar noch Differenzen über das in der Bundesliga zu zahlende Gehalt gibt.
Auch der Vertrag von Angreifer Andreas Albers (34), der überwiegend nur zu Kurzeinsätzen in der Schlussphase kam und in der Liga torlos blieb, läuft aus. Der Däne dürfte durch einen ähnlich großen (1,93 Meter), aber jüngeren und leistungsstärkeren Mittelstürmer ersetzt werden. Zugleich könnte eine Offensivkraft kommen, die dem bislang gesetzten Johannes Eggestein Konkurrenz machen soll.
Zudem sucht St. Pauli nach Abendblatt-Informationen zur Verstärkung des Kaders vor allem nach einem linksfüßigen Innenverteidiger, der ein Konkurrent zu Karol Mets wäre, sowie einen schnellen Mann für die offensive Außenbahn, um hier eine geeignete Alternative zu Oladapo Afolayan und Elias Saad zu haben.
Derzeit noch keine konkreten Abwerbungsversuche
Es liegt zudem auf der Hand, dass St. Pauli dem einen oder anderen Spieler, der zwar noch einen Vertrag besitzt, aber schon in der Zweiten Liga kaum zu Einsätzen kam, nahelegen wird, Ausschau nach einem anderen Verein zu suchen.
Kandidaten, die von anderen Clubs so heiß umworben werden, dass St. Pauli bereit wäre, sie für eine stattliche Ablösesumme abzugeben, gibt es derzeit offenbar nicht konkret.
Die Verabschiedung von Spielern, die in der kommenden Saison nicht mehr das St.-Pauli-Trikot tragen werden, soll am Pfingstmontag im Rahmen der Saisonabschlussfeier auf dem Spielbudenplatz stattfinden.
DFL hat kleine Auflagen für das Stadion
Stadion: Das Millerntor-Stadion ist grundsätzlich erstligatauglich, auch wenn der Umbau zu Zweitligazeiten (2015) abgeschlossen wurde. Die kürzlich erteilte Lizenz für die Bundesliga beinhaltet allerdings die Auflage, noch zusätzliche Positionen für Kameras zu schaffen, da Erstligaspiele aus noch mehr Perspektiven übertragen werden.
„Das wird uns vor keine Probleme stellen. Wir haben schon jetzt am Dach einige Kamerahalterungen installiert, die in der Bundesliga gefordert sind. Zuschauerplätze werden durch die zusätzlichen Positionen nicht verloren gehen“, sagte am Montag Präsident Oke Göttlich dazu.
Zudem bestand die Idee, ein Jahr nach dem „Ballsaal Süd“, also dem VIP-Bereich der Südtribüne, in dieser Sommerpause auch den Ballsaal der Haupttribüne komplett neu zu gestalten. Dieser Plan aber wird jetzt noch nicht realisiert, auch wenn der Umbau im Süden als Erfolg gewertet wird.
Ein Grund ist, dass St. Pauli das Stadion im Rahmen der Europameisterschaft als Trainingsstätte für die in Hamburg spielenden Mannschaften an die Uefa vermietet hat. Ein anderer ist, dass der Verein angesichts anderer auch finanzieller Herausforderungen, wie aktuell dem Umbau eines Trainingsplatzes an der Kollau, sich eine erneute siebenstellige Investition erst einmal ersparen möchte.
Finanzen: Nachdem der Club schon im Geschäftsjahr 2022/23 einen Rekordumsatz von rund 62 Millionen Euro hatte verbuchen können, wird die kommende Bundesligasaison zu noch einmal deutlich gesteigerten Einnahmen führen. Hauptfaktor dabei ist das von der DFL ausgeschüttete Fernsehgeld.
Als Meister 22 Millionen Euro mehr TV-Geld
Prognostizierte 33,64 Millionen Euro wird St. Pauli in der kommenden Saison aus der Verteilung der nationalen Medienerlöse erhalten, wenn das Team beim letzten Spiel in Wiesbaden Rang eins verteidigt und damit Zweitligameister wird. Fällt der Kiezclub hinter Mitaufsteiger Holstein Kiel zurück, sind es „nur“ noch 31,56 Millionen Euro.
In jedem Fall ist die Steigerung gegenüber den aktuell überwiesenen 11,74 Millionen Euro TV-Geld eklatant und ermöglicht es dem Verein, für gezielte Verstärkungen auch nennenswerte Ablösesummen zu zahlen. Allerdings werden in der ersten Liga auch die Gehälter nach oben angepasst.
Congstar und Puma bescheren Mehreinnahmen
Zuletzt hatte St. Pauli laut der Gewinn- und Verlustrechnung des Geschäftsjahres 2022/23 15,7 Millionen Euro an Gehältern und Prämien für die Profimannschaft ausgegeben. Dieser Posten dürfte sich in dieser Saison auf rund 17 Millionen Euro gesteigert haben und in der Bundesliga auf 25 bis 30 Millionen Euro wachsen.
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„Mehr Umsatz bedeutet nicht automatisch mehr Gewinn“, betonte Präsident Göttlich und verwies dabei auch auf weitere, höhere Kosten in der Bundesliga, wie etwa beim Personal für die Fanbetreuung. Zudem gilt es, in den kommenden Monaten die Kredite der Corona-Hilfen zu tilgen. Und nicht zuletzt belasten die jetzt zu zahlenden Aufstiegsprämien das Vereinskonto. „Die zahlen wird aber sehr gern“, betonte Göttlich.
Eine Mehreinnahme von rund einer Million Euro beschert dem Verein auch der gerade erst wieder zu besseren Konditionen verlängerte Vertrag mit Hauptsponsor Congstar. Bis zu drei Millionen Euro zahlt der Mobilfunkanbieter pro Saison in der Bundesliga. Mehr als zwei Millionen Euro fließen vom neuen Ausrüster Puma pro Saison.
Auf eine signifikante Erhöhung der Ticketpreise wird der Kiezclub hingegen trotz des Aufstiegs verzichten, betonte Göttlich. „Die Erhöhung, die wir jetzt im Gehaltsgefüge haben, werden wir nicht eins zu eins an die Fans weitergeben. Das wäre unfair. Sie haben etliche Jahre gewartet, dass dieses 2015 fertiggestellte Stadion überhaupt mal einen Erstligisten außerhalb des DFB-Pokals zu Gesicht bekommt“, sagte Göttlich.
Voraussichtlich keine Hochrisikospiele in der Bundesliga
Sicherheit: Trotz höherer Liga wird es in der kommenden Saison voraussichtlich keine Hochrisikospiele wie zuletzt gegen Hansa Rostock, den HSV oder zuvor auch Dynamo Dresden im Millerntor-Stadion geben. Feindselige Rivalitäten, zum Teil auch politisch motiviert, bestehen aktuell zu keinem anderen Erstligaclub. „Wir werden wahrscheinlich von einigen großen Fanszenen anderer Clubs tolle und bunte Choreografien sehen, aber gibt keine Begegnung, die mir große Sorgen bereitet, wie es etwa bei Hansa Rostock der Fall ist“, bestätigte Präsident Göttlich.