Hamburg. Nur ein Spieler des Zweitliga-Spitzenreiters darf noch auf das Turnier in Deutschland hoffen. Ein anderer kann zur Nummer eins werden.
Von der Ersatzbank aus erlebte Nikola Vasilj am späten Donnerstagabend das Unfassbare. Tatenlos hatte der Torwart des FC St. Pauli in Zenica mitansehen müssen, wie seine Nationalmannschaftskollegen von Bosnien-Herzegowina im Play-off-Halbfinalspiel um die Qualifikation zur Fußball-Europameisterschaft gegen die Ukraine ihren 1:0-Vorsprung durch zwei Gegentreffer in der Schlussphase (85. und 88. Minute) verspielten.
Binnen dieser drei Minuten zerplatzte für Vasilj und seine Teamkollegen, zu denen auch der 1:0-Torschütze Dennis Hadzikadunic vom Stadtrivalen HSV gehörte, die Chance, an der Europameisterschaft im Juni in Deutschland teilzunehmen. Statt am Dienstag das Play-off-Finale gegen Island zu bestreiten, konnte Vasilj am Freitag die Rückreise nach Hamburg antreten, um hier am Montag wieder am Training des FC St. Pauli teilzunehmen.
St. Paulis Torwart könnte doppelt aufsteigen
Der Frust über die bittere Niederlage könnte sich für den 28 Jahre alten Vasilj, der im Sommer 2021 ans Millerntor kam und seither St. Paulis Stammkeeper ist, aber in näherer Zukunft auch in Freude verwandeln. Bisher war ihm in den wichtigen Spielen der bosnischen Nationalmannschaft immer der inzwischen 35 Jahre alte Ibrahim Sehic vorgezogen worden, der seit dem vergangenen Sommer in Saudi-Arabien beim aktuellen Tabellenelften Khaleej FC sein Geld verdient.
Von September an, wenn es auch für Bosnien-Herzegowina um die Qualifikation für die WM 2026 geht, scheint eine Veränderung in dieser Hierarchie wahrscheinlich. Erster Konkurrent von Vasilj, um Altmeister Sehic zu beerben, ist der 29 Jahre alte Kenan Piric, der jetzt auch auf der Reservebank saß. Er spielt bei AEK Larnaka in der ersten Liga Zyperns, also einer Liga von international überschaubarem Niveau.
EM-Aus auch für Karol Mets und Danel Sinani
Vasilj, der im Januar seinen Vertrag beim FC St. Pauli verlängerte, hat dagegen beste Aussichten, in der kommenden Saison sein Können erstmals in der Fußball-Bundesliga zu zeigen und gute Argumente für Einsätze in der Nationalmannschaft zu sammeln. Die Rückennummer eins hat er übrigens schon jetzt getragen.
Nicht nur Nikola Vasilj, sondern auch zwei seiner Teamkollegen beim FC St. Pauli müssen den Frust über das EM-Aus im Play-off-Halbfinale verarbeiten. Während Innenverteidiger Karol Mets (30) als Kapitän Estlands beim 1:5 gegen Polen in Warschau chancenlos war und ihm dabei auch noch ein Eigentor unterlief, verfolgte der rotgesperrte Offensivspieler Danel Sinani (26) als Unbeteiligter das 0:2 seines Nationalteams von Luxemburg in Tiflis gegen Gastgeber Georgien. Bei der EM wäre Sinani allerdings wieder spielberechtigt gewesen.
Nationalspieler können zum Trainingsauftakt kommen
Für den FC St. Pauli hat die Tatsache, dass Vasilj, Mets und Sinani definitiv nicht an der EM (14. Juni bis 14. Juli) teilnehmen werden, den großen Vorteil, dass dieses Trio rechtzeitig an der Vorbereitung auf die kommende Saison wird teilnehmen können. Je nach Abschneiden wären diese Spieler mindestens bis zum Abschluss der Gruppenphase Ende Juni bei der EM beschäftigt gewesen. Zudem wäre ihnen danach auch noch eine Erholungszeit gewährt worden.
Sollte der FC St. Pauli in die Bundesliga aufsteigen, steht am Wochenende 16. bis 18. August im DFB-Pokal das erste Pflichtspiel auf dem Programm, ehe eine Woche später die Bundesliga startet. Entsprechend dürfte Trainer Fabian Hürzeler etwa für Anfang Juli sein Team zum Trainingsauftakt bitten. Bei einem Verbleib in der Zweiten Liga, die bereits am 2. August startet, würde sich die Vorbereitung entsprechen nach vorn verlagern.
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Aus dem St.-Pauli-Team hat nun nur noch der Grieche Manolis Saliakas (27) die Aussicht, an der Europameisterschaft teilzunehmen. Beim überzeugenden 5:0-Sieg seiner Hellenen gegen Kasachstan im Play-off-Halbfinale in Athen war der rechte Außenverteidiger von Trainer Gustavo Poyet allerdings nicht in den 23 Mann starken Spielkader berufen worden. Die nächste Chance dazu besteht nun im Play-off-Finalspiel in Georgien am Dienstag.
St. Paulis U-17-Weltmeister spielt um Turniersieg
Unterdessen wirkte am Freitag St. Paulis U-17-Welt- und Europameister Eric da Silva Moreira in der deutschen U-18-Nationalmannschaft beim 0:0 gegen England bei einem Vier-Nationen-Turnier im spanischen Pinatar von Beginn an bis zur 83. Minute als rechter Außenverteidiger mit. Das anschließende Elfmeterschießen verlor die DFB-Elf mit 3:5. Nach dem 1:0-Sieg im ersten Spiel gegen die Niederlande bringt das Match gegen Tschechien am Montag (10.45 Uhr) die Entscheidung über den Turniersieg. In der Tabelle führt England (5 Punkte) vor Deutschland (4), den Niederlanden (3) und Tschechien (0).