Hamburg. Das Projekt an der Kollaustraße steht kurz vor dem nächsten Schritt. Der Bebauungsplan soll demnächst öffentlich ausgelegt werden.
Am Dienstag hatte Martin Finger (32) wieder interessierte Gäste. Während auf dem Trainingsplatz des FC St. Pauli Trainer Fabian Hürzeler seinen Zweitliga-Kader scheuchte, zahlreiche Schulkinder wegen der Ferien dabei zusahen und anschließend Selfies einforderten, führte der Projektkoordinator des Vereins für den Ausbau des Trainingszentrums an der Kollau drei Technikfachleute über das Gelände. Was soll passieren, was wird passieren, was hat der Verein vor? Und wie ist der Status quo?
Am 2. Februar 2022 hatte der Verein gemeinsam mit dem Bezirk Eimsbüttel und der Stadt in Person der Senatoren Andy Grote (SPD/Inneres und Sport) und Andreas Dressel (SPD/Finanzen) das ambitionierte Projekt vorgestellt. Von angenommenen Kosten im mittleren zweistelligen Millionenbereich ist zu hören, auch ein Grund, weshalb der Verein plant mit Hilfe eines Genossenschaftsmodells Finanzmittel zu beschaffen.
Bebauungsplanentwurf soll bald ausgelegt werden
Über zwei Jahre nach der ersten Vorstellung der groben Planungen kommt nun eine neue Dynamik in das Verfahren. Am 2. April wird das Bezirksamt Eimsbüttel dem Stadtplanungsausschuss der Bezirksversammlung die gesammelten Gutachten zu den geplanten Bau- und Infrastrukturmaßahmen zur Kenntnis geben. Gleichzeitig sollen die Gutachten in einem Transparenzportal veröffentlicht werden.
Für die Sitzung des Stadtplanungsausschuss am 23. April strebt die Verwaltung die Zustimmung zur öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanentwurfs Niendorf 97 an. Damit würde der vorletzte rechtliche Schritt vor dem finalen Go gegangen. „Wir würden uns freuen, wenn das verfahren jetzt gut weiterläuft und wir mit den ersten Baumaßnahmen im ersten Halbjahr 2025 beginnen dürfen“, sagt Finger.
13 Gutachten und 13 weitere Informationen sind eingebracht
Nicht weniger als 13 Gutachten wurden vor etwa einem Jahr in Auftrag gegeben, um möglichst alle Aspekte des Baus im Vorfeld abzuklären. Von Lichtemmission ist die Rede, Erfassung, Kartierung und Bewertung des Baumbestandes, Schalltechnische Untersuchung, Entwässerungsgutachten, verkehrstechnische Untersuchungen und Mobilitätskonzepte.
Darüber hinaus werden 13 weitere Informationen aufgegriffen, die für den Bebauungsplan Niendorf 97 ebenfalls relevant sind. „Die Gutachten befinden sich in der aktiven Überarbeitung durch die zuständigen Behörden“, sagt Finger, „wir denken, dass dann alle Belange berücksichtigt sind.“
Sieben statt der bislang drei Fußballplätze sollen in der finalen Ausbaustufe entstehen, dazu zwei Funktionsgebäude. Die Straße Langenhorst wird verbreitert, verkehrstechnisch aber eher entlastet. Sie wird mit einem Wendehammer verschlossen und die Anwohner werden nicht durch die Zufahrt zum Funktionsgebäude der Profis gestört. Das entsteht an der Kollaustraße wo jetzt ein Wall den hinteren Platz von der Straße trennt.
Als erstes kommen zwei Plätze auf der Überschwemmungswiese
„Dieses Gebäude wird auf einen Sockel gestellt und dadurch der notwendige Parkraum geschaffen“, so Finger. 40 Stellplätze sollen es werden, E-Ladestationen sowie Fahrradstellplätze. Die Zufahrt erfolgt über die Kollaustraße. Im Mobilitätskonzept heißt es: „Oberstes Ziel ist Vermeidung von motorisiertem Individualverkehr“.
Zunächst werden jedoch zwei Plätze auf der bisherigen Überflutungsfläche der Kollau entstehen. Diese Wildwiese ist im Privatbesitz, jedoch bereits für 30 Jahre an die Stadt verpachtet. Diese Planung brachte insbesondere in Hinblick auf Umweltfragen die größte Kritik hervor. Finger ist jedoch überzeugt, dass alle Umweltthemen mehr als ausreichend beachtet sind: „Unsere Ausarbeitungsstandards und das Planniveau sind in Fragen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes sehr hoch.“
Insektenfreundliches Flutlicht ist geplant
Tatsächlich gehen die Gutachten davon aus, dass die Wasseraufnahmefähigkeit des Überschwemmungsgebietes gesteigert wird. Im Rahmen der Baumaßnahmen soll nämlich entlang der Kollau eine ein rund 20 Meter breiter Gewässerrandstreifen als Auenlandschaft renaturiert werden. Damit kann die Fläche künftig mehr Wasser als bisher aufnehmen. Um Dürrephasen zu überstehen, will der Verein Regenwasser selbst in Zisternen sammeln. Mit einem modernen Regenwassermanagement entlastet er auch die Entwässerungssysteme und schont das Grundwasser.
Die Kunstrasenplätze werden selbstverständlich kein Gummigranulat enthalten – „das ist in Hamburg verboten“, so Finger. Das Thema Mikroplastik ist bedacht, angeblich verursachen die neuen Systeme nicht mehr Plastikimmission als der Gummiabrieb bei einem Fahrradweg. Das Flutlicht soll insektenfreundliches, warmes Licht verstrahlen. Es scheint kaum einen Bereich zu geben, der noch nicht mitgedacht wurde. Um die Anwohner und Interessierte zu informieren, hat der FC St. Pauli bereits Rundgänge angeboten.
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Wenn die Bezirksversammlung am 23. April beschließt, den Bebauungsplanentwurf öffentlich vier Wochen im Bezirksamt auszulegen, hat jede Bürgerin und jeder Bürger Gelegenheit Anregungen vorbringen. Es ist damit zu rechnen, das dies auch geschieht. Auch Klagen sind möglich und zum Teil bereits angekündigt.
Am Ende beraten und beschließen die bezirklichen Gremien diesen Bebauungsplan, der dann soweit es sich um Bezirkspläne handelt durch die Bezirksamtsleiterin/den Bezirksamtsleiter als Verordnung festgestellt wird. Geschieht dies nicht, hat der Senat immer noch die Möglichkeit, die Entscheidung an sich zu ziehen.
Unstrittig ist, dass der FC St. Pauli auch durch die Lizensierungsauflagen der DFL gezwungen ist, sein Trainings- und Nachwuchszentrum auszubauen. Mit der nun kurz bevorstehenden Veröffentlichung des Bebauungsplanentwurfs ist nach zwei Jahren ein großer Schritt zur Verwirklichung getan.