Hamburg. Was der St.-Pauli-Profi von Christian Streich und Fabian Hürzeler hält und welcher Nationalspieler ihm Ernährungstipps gab.

Philipp Treu ließ es am Donnerstag auf dem Trainingsplatz des FC St. Pauli etwas ruhiger angehen. Eine lockere Laufeinheit war für den Außenverteidiger vorgesehen, während sich seine Teamkollegen in einem Match elf gegen elf maßen. Belastungssteuerung ist das Stichwort, das auch für Topscorer Marcel Hartel galt.

Treu hatte am vergangenen Sonnabend beim 2:0-Sieg in Nürnberg 90 Minuten durchgehalten, obwohl er in der zweiten Halbzeit eigentlich nur noch zehn Minuten spielen wollte. Eine leichte Erkrankung hatte ihn in den Tagen davor lahm­gelegt. „Wenn man gefühlt die Hälfte der Trainingswoche verpasst, fehlen einem im Spiel ein paar Prozent. Das habe ich schon gemerkt, aber ich habe mich durchgebissen“, sagt der 23-Jährige im Gespräch mit dem Abendblatt.

St. Paulis „Schienenspieler“ haben intensive Aufgaben

Dabei gehört Treus Außenverteidiger-Position, die er auf beiden Seiten gleichermaßen gut und auch gern ausfüllt, zu den intensivsten Rollen im Spiel. Diese „Schienenspieler“ haben ihre Seite offensiv wie defensiv von hinten bis vorn zu beackern. Da kann einem schon mal die Puste ausgehen.

In dieser Hinsicht besteht bei Philipp Treu aber grundsätzlich keine Sorge. Gerade 71 Kilogramm bringt er auf die Waage – bei 1,73 Metern Körpergröße. 467 Sprints und 1497 intensive Läufe hat er bisher in dieser Saison absolviert. Das sind ligaweit Werte im Bereich zwischen Platz 30 und 50 aller Spieler. Wenn man bedenkt, dass Treu anfangs noch keine Stammkraft bei St. Pauli war, sind diese Daten noch höher einzuschätzen.

Philipp Treu lässt Vorgänger Leart Paqarada vergessen

Inzwischen ist der aus Heidelberg stammende Treu, der im vergangenen Sommer vom Drittliga-Team des SC Freiburg ans Millerntor kam, kaum mehr aus dem Ensemble des Zweitliga-Tabellenführers wegzudenken. „Anfangs musste ich mich hinten anstellen, Durchhaltevermögen zeigen. Aber auch das habe ich gut gemeistert, dranzubleiben und im Training immer Gas zu geben. In gewisser Weise habe ich mir es dann auch erarbeitet“, sagt er.

Aus diesen Sätzen spricht eine gesunde Mischung aus Bescheidenheit und Selbstbewusstsein. Letzteres darf er getrost für sich in Anspruch nehmen. Schließlich hat er nicht nur die Trikotnummer 23 von Ex-Kapitän Leart Paqarada (jetzt 1. FC Köln), sondern meist auch dessen Position auf der linken Außenbahn übernommen. Auch wenn Treu die Rolle anders interpretiert und mit Ball nicht so dominant wie Paqarada auftritt, ist er längst ähnlich wertvoll. Defensiv arbeitet er deutlich aggressiver als sein Vorgänger, ist beweg­licher und wirkt spritziger.

Trainer Hürzelers Akribie war ausschlagebend

„Ich denke, dass ich mich gut weiterentwickelt habe – und zwar auf und auch neben dem Platz. Ich habe viele neue, fußballerische Inhalte kennengelernt. Genau das habe ich erwartet, als ich mich für den FC St. Pauli entschieden habe“, sagt Treu und denkt dabei ein Jahr zurück. Da gab es die ersten Gespräche. Vor allem hatte ihn beeindruckt, wie intensiv sich Trainer Fabian Hürzeler mit ihm beschäftigt hatte.

„Fabian hat zu meiner Entwicklung maßgeblich beigetragen, er ist sehr detailversessen und gefühlt den ganzen Tag auf dem Trainingsgelände. Er zeigt mir immer noch viele Sachen, die ich lernen kann. Das sauge ich auf und versuche es umzusetzen“, sagt Treu. Dass Hürzeler kürzlich seinen Vertrag verlängert hat, nahm er denn auch mit Freude auf.

Großes Lob für Freiburgs Trainerikone

Dabei hätte er in dieser Saison auch unter einem Trainer einer ganz anderen Generation arbeiten können. In Freiburg bestand die Option, in den Profikader aufzurücken. Es gab entsprechende Gespräche mit Trainerikone Christian Streich (58), der gerade erklärt hat, am Saisonende seine Tätigkeit zu beenden.

„Er hat mir aufgezeigt, was er mit mir in Freiburg vorgehabt hätte. Er hat mir aber auch gesagt, dass ich es mir anhören solle, wenn ich eine andere Option hätte. Er hat betont, dass es um meine Entwicklung geht“, erzählt Treu, der sich aber entschied, den Weg über die Zweite Liga zu gehen, um sich später den Bundesliga-Traum zu erfüllen. „Es zeichnet Christian Streich aus, dass er in einem auch den Menschen und dessen Entwicklung und nicht nur den Fußballspieler sieht“, sagt er.

St. Pauli hat zehn Punkte Vorsprung auf Platz drei

Dass Philipp Treu nun mit dem FC St. Pauli sein persönliches Ziel Bundesliga schon in wenigen Wochen erreichen kann, bestärkt ihn in seiner Einschätzung, mit dem Wechsel ans Millerntor und in die Millionenstadt Hamburg alles richtig gemacht zu haben. „Man kann nicht verheimlichen, dass wir ganz gut dastehen“, sagt er angesichts der zehn Punkte Vorsprung auf Platz drei.

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„Wir wissen aber auch, dass es noch acht Spiele sind. Das ist ein weiter Weg. Wir gehen mit viel Demut an die Sache heran.“ Die 1:3-Niederlage beim FC Schalke 04 vor drei Wochen habe die Sinne noch einmal geschärft. Es folgten die überzeugenden 2:0-Siege gegen Hertha BSC und beim 1. FC Nürnberg.

Seit rund zweieinhalb Jahren ist Philipp Treu verletzungsfrei. Neben dem zweifellos nötigen Glück hält er zwei Faktoren für entscheidend dafür. „Ich investiere viel in meinen Körper, vor allem mit der Vor- und Nachbereitung des Trainings und mit meiner Ernährung“, sagt er. Beim zweiten Aspekt hat er den Rat seines früheren Clubkollegen Nico Schlotterbeck (jetzt Dortmund) angenommen, „auf Weizenprodukte zu verzichten, oder auch kein Schweinefleisch zu essen, weil es entzündungsfördernd ist“.

FC St. Pauli trainiert erst am Montag wieder

Die drei trainingsfreien Tage wird Philipp Treu nutzen, um zu Eltern und Freundin nach Heidelberg zu reisen – vorbildlich mit der Bahn. „Es wird guttun, die Köpfe freizubekommen und Energie aufzuladen, um für die letzten acht Wochen die Kräfte zu bündeln“, sagt Treu. Von Montag an gilt dann die Konzentration dem Heimspiel am Ostersonntag (13.30 Uhr) gegen den SC Paderborn. Ruhig wird er es dann nicht angehen lassen.