Hamburg. Bei der Wahl zum Plenum der Handelskammer ist Oke Göttlich einer der überraschenden Bewerber. Wofür er sich besonders einsetzen möchte.

Noch bis zum kommenden Montag muss sich Oke Göttlich gedulden, bevor er erfährt, ob er ein neues Ehrenamt bekleiden darf. Der hauptamtlich tätige Präsident des FC St. Pauli kandidiert erstmals für das Plenum der Handelskammer Hamburg, genauer gesagt für einen der 58 zu vergebenden Plätze in diesem „Parlament“ der Hamburger Wirtschaft, das auch den Präses aus seiner Mitte wählt.

Insgesamt 116 Bewerberinnen und Bewerber haben sich entschlossen, für einen Sitz im Plenum für die kommenden vier Jahre zu kandidieren. Die Wahl läuft auf rein digitaler Ebene bereits seit dem 15. Januar. Rund 180.000 Hamburger Unternehmen sind aufgerufen, Vertreter ihrer jeweiligen Branche und Betriebsgröße zu wählen. Am Montag wird um Punkt 17 Uhr Schluss sein, noch am selben Tag sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden.

St. Paulis Präsident betont Bedeutung eines ehrenamtlichen Engagements

„Ich halte es grundsätzlich und gerade auch in diesen Zeiten für wichtig, dass man sich ehrenamtlich in demokratischen Gremien wie dem Plenum der Handelskammer engagiert“, begründet der 48 Jahre alte Göttlich im Gespräch mit dem Abendblatt seine Kandidatur. Das Spektrum der Kandidatinnen und Kandidaten ist groß, Oke Göttlich gehört darunter zweifellos zu den allgemein in der Bevölkerung bekanntesten, aber auch zu den überraschendsten Bewerbern.

Wer sich Göttlichs Kandidatur noch einmal genauer anschaut, stößt auf eine weitere, vielleicht noch größere Überraschung. Denn der seit November 2014 amtierende und seit gut eineinhalb Jahren hauptamtlich tätige Präsident des aktuellen Tabellenführers der 2. Fußball-Bundesliga kandidiert gar nicht in dieser Funktion für das Handelskammer-Plenum. Vielmehr bewirbt er sich als Vertreter der Neubau Music Recordings GmbH, die an der Shanghaiallee in der HafenCity angesiedelt ist. Er tritt an in der Wahlgruppe 8 (Informationstechnologie und Medienwirtschaft) und hier in der Betriebsgrößenklasse 1, zu der laut Wahlausschreibung „kleine Unternehmen bis zu 9 Beschäftigte“ gehören.

Göttlich kandidiert nicht als Vertreter des FC St. Pauli

Hintergrund ist, dass Göttlich neben seiner zeitintensiven Tätigkeit beim FC St. Pauli und im Präsidium der Deutschen Fußball Liga als Prokurist der Neubau Music Recordings GmbH eingetragen ist. Bevor er im Sommer 2023 beim FC St. Pauli als Präsident aus der Ehren- in die Hauptamtlichkeit wechselte, war er erfolgreich als Musikunternehmer tätig und hatte seine zweite Leidenschaft neben dem Sport zum Beruf gemacht.

„Es geht darum, Organisationen des öffentlichen Lebens zu stärken und gleichzeitig in einem Gremium einer solchen Organisation seine Positionen zu vertreten“, sagt Göttlich. Diese angesprochenen Positionen haben in seinem Fall auch sehr viel mit seinen Leidenschaften und der Aufmerksamkeit für die Existenz von kleineren Marktteilnehmern zu tun.

Göttlich kämpft für ein vielfältiges Kulturangebot

„Mir ist es dabei sehr wichtig, dass man nicht nur einen rein unternehmerischen Blick auf unsere Stadt hat. Vielmehr halte ich es für unerlässlich, auch den Blick auf den Medien- und Kultur-Standort Hamburg zu richten“, sagt er deshalb auch. Und er konkretisiert: „Es geht darum, die Attraktivität der Stadt auf vielen Ebenen zu erhalten. Nur so wird es gelingen, auch künftig attraktiv für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Hamburger Betrieben und Firmen zu sein. Insbesondere möchte ich mich in dieser Hinsicht für den Erhalt von Clubs und subkulturellen Räumen engagieren.“

Diverse Beispiele der jüngeren Vergangenheit zeigen bekanntlich, dass Musikclubs von Verdrängung und damit auch in ihrer Existenz bedroht sind. „Wir müssen darauf achten, dass Hamburg insgesamt als Stadt für sowohl für Einwohnerinnen und Einwohner und damit auch für Arbeitskräfte, als auch für Touristen attraktiv bleibt. Dazu gehören viele sogenannte weiche Faktoren, wie zum Beispiel ein breites und vielfältiges Kulturangebot“, betont Göttlich.

Immobilien sollen nicht als Spekulationsobjekt betrachtet werden

Und noch eine aktuelle Entwicklung treibt ihn um. „Wir müssen aufpassen, dass in Hamburg Immobilien nicht vornehmlich als Spekulationsobjekt betrachtet werden“, sagt er. Zudem sei es nicht zielführend, wenn immer noch ein neues Hotel eröffnet wird, die Stadt aber seine Vielfalt auf kultureller Ebene verliere.

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Seinen eigentlichen Arbeitgeber, den FC St. Pauli, genauer gesagt den Aufsichtsrat des Vereins, habe er über seine Kandidatur informiert, betont Göttlich. Widerspruch gab es nicht. Schließlich ist die Mitgliedschaft im Plenum der Handelskammer auch kein Amt, das einen zeitlich allzu sehr belastet. Das Gremium tagt in aller Regel jeweils am ersten Donnerstag eines Monats von 16 Uhr an.

St.-Pauli-Ikone Holger Stanislawski tritt nicht wieder an

Und wie stehen nun Göttlichs Chancen, gewählt zu werden? Insgesamt bewerben sich 116 Kandidatinnen und Kandidaten für die 58 Plätze. Allerdings können die Unternehmen nur für Kandidaten ihrer jeweiligen Wahlgruppe votieren. Für die Wahlgruppe VIII, in der Göttlich kandidiert, sind sieben Sitze reserviert, davon vier Sitze für kleine Unternehmen, zwei Sitze für mittelgroße Unternehmen und ein Sitz für große Unternehmen. Für die vier in Betracht kommenden Sitze, von denen Göttlich einen anstrebt, gibt es neun weitere Kandidaten, darunter drei Frauen. Für Spannung ist also gesorgt.

In der jetzt abgelaufenen Wahlperiode hatte übrigens ein anderer Prominenter mit starken Bezug zum FC St. Pauli einen Plenumsplatz ergattert. Der frühere Spieler, Trainer und Vize-Präsident Holger Stanislawski (54), Chef des großen Rewe-Marktes in Winterhude, tritt diesmal aber nicht wieder an.