Hamburg. St. Paulis Wirtschaftschef Wilken Engelbracht spricht über Perspektiven und ambitionierte Pläne. Aber es muss auch gespart werden.

Dass er sich mit Zahlen auskennt, ist bei Wilken Engelbracht kein Geheimnis. Schließlich hat der FC St. Pauli den 50 Jahre alten Finanzexperten nicht zufällig verpflichtet und ihn zum Geschäftsleiter Wirtschaft ernannt. So war es für den gebürtigen Bochumer auch keine allzu schwere mathematische Aufgabe, als er am Donnerstag feststellte: „Es ist heute mein 50. Tag hier.“

Ein Novize ist Engelbracht dennoch schon längst nicht mehr. Schon auf der Mitgliederversammlung am 23. November hatte er sehr offen und verständlich erklärt, wie der FC St. Pauli im Geschäftsjahr 2022/23 ein Minus von 4,9 Millionen Euro erwirtschaften konnte, was viele Mitglieder überrascht und teilweise schockiert hatte.

Engelbracht konnte da relativ nüchtern und sachlich über die für den FC St. Pauli sehr ungewöhnlichen roten Zahlen sprechen, weil diese noch vor seiner Amtszeit zustande gekommen waren. Nun aber steht er in der Verantwortung und kündigte in einer Medienrunde am Donnerstag an, alle Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. Einen Bereich aber will er ausdrücklich stärken: den Profifußball. Ansonsten schloss er auch einen Personalabbau nicht aus.

Engelbracht: Umsatz des FC St. Pauli ist schon erstligatauglich

Grundsätzlich aber sieht Engelbracht für den FC St. Pauli vielversprechende Perspektiven. „Ich glaube, wir sind ein Verein, der sich von seinem Potenzial her in der Ersten Liga etablieren könnte, sollten wir aufsteigen. Ganz ehrlich, wir machen in der Zweiten Liga so viel Umsatz wie kleinere Erstligisten“, sagte er angesichts der jüngsten Rekordeinnahmen von rund 62 Millionen Euro. „Ich glaube, es ist auch ein Verein, der der Ersten Liga guttut. Das muss auch der Anspruch sein.“

Engelbracht begründete diese offensive Einschätzung, die so seit Jahren nicht mehr von einem führenden St.-Pauli-Funktionär zu hören war, mit einem einfachen Vergleich. „Im Vergleich zu vielen anderen, wie Darmstadt und Heidenheim, aber selbst auch Augsburg hat der Verein doch viel mehr Substanz. Von der Stadt her, von der Marke her, vom Umfeld, von der Begeisterung her. Wie kann man das von der Hand weisen.“

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St. Paulis Wirtschaftschef nannte noch einen weiteren Aspekt und Vorteil. „Weil sich der Verein nicht allein über Fußball definiert, geht die Welt nicht unter, wenn man die ganze Zeit um den Nicht-Abstieg kämpft. Dieses Potenzial sei schließlich auch genau das, was man den eigenen Spielern verkaufe, um sie zu St. Pauli zu holen.

Allein an den überregionalen und teils internationalen Marken, die der Verein als Werbepartner habe, könne man erkennen, dass der Verein nicht als regionale Größe gesehen werde. „Das ist die Grundvoraussetzung, um sich dauerhaft in der Ersten Liga zu etablieren.“

Zudem bestätigte Wilken Engelbracht, dass die auf der Mitgliederversammlung wieder als Projekt angekündigte Genossenschaft im ersten Halbjahr 2024 gegründet und eingetragen werden soll. Anders als bei einer Fan-Anleihe werde es keine feste Verzinsung für die Anteilseigner geben, sondern eine jährliche Rendite, die sich am geschäftlichen Erfolg orientiert.