Warum die Abwehr des FC St. Pauli so stabil steht – und welche Entscheidung der Trainer jetzt vor dem nächsten Spiel treffen muss.
Hamburg Sind das jetzt schon fünf Euro für das Phrasenschwein? „Das Wichtigste ist, dass die Null steht“. Doch, wohl. Aber David Nemeth hat ja recht. Aus seiner Verteidigersicht – seine erfolglosen Offensivkollegen beim FC St. Pauli werden das für ihre Aufgabe anders sehen
Doch wenn die vorne schon nicht treffen, dann darf wenigstens hinten nichts anbrennen. Dreimal in Folge in der Zweiten Liga 0:0 kommt dabei heraus, erstmals seit dem 25. bis 28. Spieltag 1997/98 ist das passiert.
FC St. Pauli: Vier Mal mit anderer Abwehrkette gespielt
Das ist auch deswegen etwas erstaunlich, weil der FC St. Pauli gegen den 1. FC Magdeburg am Sonntag das vierte Zweitligaspiel mit einer zum vierten Mal anders formierten Dreierkette in der Abwehr bestritten hat.
Während am ersten Spieltag noch der zu Ajax Amsterdam transferierte Jakov Medic und Karol Mets neben Eric Smith verteidigten, kam diesmal David Nemeth für den gesperrten Mets anstelle von Adam Dzwigala neben Smith und Hauke Wahl in die Formation. „Die Basis muss immer defensive Stabilität sein“, sagt Trainer Fabian Hürzeler, „Ich weiß, was ich an allen habe, und bin happy darüber.“
Schambeinentzündung: Nemeth verpasste fast eine Saison
Für Nemeth war es der erste Startelfeinsatz seit dem 8. Oktober 2022. Bei der 1:2-Niederlage bei Eintracht Braunschweig hatte er die langwierige Schambeinentzündung erlitten. Die Saison war für ihn damit vorbei. Jetzt ist der 22 Jahre junge Österreicher fast so etwas wie ein Neuzugang für die Kiezkicker. Gegen Greuther Fürth am dritten Spieltag kam er in der zweiten Halbzeit.
„Neustart würde ich meine Situation nicht nennen, aber ich habe mich extrem gefreut, wieder auflaufen zu können“, sagt Nemeth. Die Anpassung lief problemlos, es war, als würde Nemeth schon ewig in dieser Kette spielen. „Neben mir sind super Spieler, die viel Erfahrung mitbringen, die machen es einem einfacher“, lobt der Junioren-Nationalspieler, der 2022 für rund 1,3 Millionen Euro Ablöse vom FSV Mainz 05 kam.
Großes Lob von Kollege Wahl und Coach Hürzeler
Tatsächlich war schon der Start im vergangenen Sommer schwierig. Nemeth erlitt in der Vorbereitung einen Muskelfaserriss, feierte erst am vierten Spieltag sein Debüt. Duplizität der Ereignisse: gegen Magdeburg. Aber schon sieben Spiele später, in denen er zeigte, wie groß sein Potenzial ist, war wieder Schluss.
„Nicht umsonst hat der Verein ein bisschen was für ihn bezahlt“, sagt Nebenmann Wahl (29), der in diesem Sommer ablösefrei aus Kiel anheuerte: „Er ist ein super Junge, macht einen super Job, ist immer gut im Training. Es ist einfach, mit ihm zu spielen. Die Kommunikation hat sofort gestimmt.“
Hürzeler hatte ebenfalls ein Sonderlob für seinen „Neuen“ parat: „Er war sehr gut! Er war sehr aktiv im Kettenverhalten, hat sehr schnell rausgeschoben, war gut im Eins-gegen-eins. Auch mit Ball hat er einfach gute Lösungen, eine gewisse Ruhe ausgestrahlt.“ Was will ein Trainer mehr? „Wir hatten eine defensive Stabilität gegen eine Mannschaft, die, glaube ich, offensiv zu den Top drei der Liga gehört.“
Beim FC St. Pauli trainieren sie die Abwehr sehr intensiv
Hauke Wahl lobt in dem Zusammenhang aber auch ausdrücklich die Vorderleute der Abwehrkette: „Klar, wir müssen unsere Duelle gewinnen, aber das ist deutlich einfacher, weil die Jungs vorne ordentlich Druck machen und der Gegner keine Zeit hat, auf unsere Kette zuzulaufen.“
Es ist offenbar egal, wer von den fünf nominellen Innenverteidigern spielt – wobei: Smith spielt immer –, das System greift. „Ich brauche mir da keine Sorgen zu machen, sie wissen alle genau, was ihre Aufgabe ist“, erklärt Hürzeler. Das Verschieben, Rausrücken, Absichern und Räumeschließen ist allen konsequent im Training eingepaukt worden.
„Wir investieren da auf jeden Fall sehr viel Zeit. Das sieht man auch“, meint David Nemeth. Der Chefcoach selbst ist für das Einstudieren der Abwehrarbeit verantwortlich, verriet Nemeth: „Positionierung und wie wir rausschieben, machen wir alles mit Fabian. Die individuellen Sachen, speziell Diagonalbälle und Ähnliches, machen wir mehr mit Co-Trainer Peter Nemeth.“
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Am Freitag (18.30 Uhr/Sky) bei Eintracht Braunschweig ist nun wieder Karol Mets (30) nach seiner Rotsperre spielberechtigt. Der estnische Nationalspieler hat bis zu seinem Platzverweis am zweiten Spieltag alle 18 Spiele über die volle Distanz bestritten, die möglich waren, seit er im Januar vom FC Zürich gekommen ist. „Wichtig ist, dass alle einen Konkurrenzkampf haben, das ist auch so in der Innenverteidigung“, sagt Hürzeler: „Ich habe jetzt die Qual der Wahl, und ich habe sie gerne. Wer spielt, sehen wir am Freitag.“ Auch dafür bitte fünf Euro ins Phrasenschwein. Aber auch er hat ja recht.