Hamburg. In dieser Saison darf der linke Außenverteidiger endlich spielen. Wieso er trotz zwei Jahren auf der Ersatzbank in Hamburg blieb.

Diese Statistik ist bemerkenswert: 257 Minuten stand Lars Ritzka in den drei Zweitligaspielen der bisherigen Saison auf dem Platz – und damit schon 31 Minuten länger als in der gesamten Spielzeit davor.

Der „ewige“ Vertreter von Leart Paqarada ist nach dem Abgang des wohl besten Linksverteidigers der Liga zum Bundesligisten 1. FC Köln zu dessen Nachfolger geworden, hat sich beim FC St. Pauli nach zwei Jahren (zunächst) einen Stammplatz gesichert, stand in der Zweiten Liga dreimal in der Startelf. „Das bestätigt einen schon“, sagte der 25-Jährige am Mittwoch, „man sieht, wenn man hart arbeitet und sich verbessert, wird es belohnt.“

St. Pauli: Außenverteidiger Ritzka hat sich immer verbessert

Es ist schon außergewöhnlich, mit welcher Geduld Ritzka seinen Platz im Schatten von Paqarada besetzt hat, seit er im Sommer 2021 vom Drittligisten SC Verl ans Millerntor kam. Nie eine Chance gegen „Paqa“, aber auch nie ein Wort der Unzufriedenheit. Ein Ergänzungsspieler, wie er im Buche steht und ihn sich jeder Trainer wünscht

„Das ist auch ein bisschen eine Charakterfrage“, sagt der gebürtige Hannoveraner: „Für mich waren das keine zwei schlechten Jahre, auch wenn man gerne mehr spielen würde. Es war immer ein hohes Trainingsniveau und ich habe immer gemerkt, wie ich mich verbessere. Das war mir immer wichtig.“

Hürzeler lobt Ritzkas Entwicklung

Die Rückmeldung der Trainer Timo Schultz und dann Fabian Hürzeler sowie von Sportchef Andreas Bornemann war zudem immer intensiv, positiv und motivierend. „Lars hat sich super entwickelt, auch wenn er nicht oft gespielt hat“, sagt Hürzeler, „wir erwarten von ihm, defensiv stabil zu stehen, seine Seite zuzumachen, mit Ball mutig zu sein, sich im Zwischenraum anzubieten.“

Das hat er zunehmend geschafft, insbesondere das Spiel nach vorne ist mutiger und risikoreicher geworden, auch wenn sich Ritzka „immer als defensiven Zweikämpfer definiert“.

Neuer Kontrahent Philipp Treu

Im Sommer sah sich Ritzka dennoch neuer Konkurrenz ausgesetzt. Der Verein hatte Philipp Treu aus der Drittliga-Mannschaft des SC Freiburg verpflichtet. Ein 22-Jähriger, der auch rechtsaußen hinten spielen kann, von Hürzeler in der Vorbereitung aber vor allem links ausprobiert wurde. Das Rennen schien völlig offen, manche Eindrücke sprachen sogar vor dem Saisonstart für Treu, über den Ritzka sagt: „Philipp macht es super im Training. Da freut sich jeder Trainer, dass man zwei hat, die immer Gas geben.“

Außerdem müsse jedem Spieler klar sein, „dass man immer Konkurrenz hat.“ Hürzeler selbst sprach nach dem ersten Saisonspiel in Kaiserslautern (2:1) von „einer Bauchentscheidung“ für Ritzka. Möglicherweise hat er damit ein weiteres Nachdenken bei dem Spieler verhindert.

Ritzka gibt Wechselgedanken zu

Auch in den vergangenen zwei Jahren gab es bei aller Zufriedenheit über die eigene Entwicklung und dem Spaß am Training Momente, wo er zweifelte, ob er beim FC St. Pauli eine Zukunft hat. „Natürlich gibt es Phasen, wo man eher drüber nachdenkt, vielleicht zu wechseln, weil man spielen möchte. Den Gedanken hat jeder Spieler, der nicht regelmäßig spielt“, gibt Ritzka zu: „Man muss abwägen: Reicht einem das Training, um sich zu verbessern, oder braucht man Spielpraxis. Für mich war aber klar, dass hier gute Bedingungen herrschen. Deswegen habe ich in den Gesprächen auch nie gesagt, ich muss hier unbedingt weg.“

Ritzka ist ein eher rationaler Mensch, der vor seiner Profilaufbahn ein Lehramtsstudium begonnen hatte. Abwägen, durchdenken, ein „ruhiger Vertreter“, sagt er selbst. Sein Vertrag endet 2024. Sein Berater Gunther Neuhaus führte deshalb nach der vergangenen Saison auch das Gespräch mit Sportchef Andreas Bornemann: „Lars sollte eine Perspektive für mehr Spielpraxis erhalten.“

Die hat er nun. Aber klar ist auch, dass spätestens im Winter neue Gespräche über seine Zukunft beginnen werden. Was bietet der Club, was will man selbst? Nichts Genaues weiß man nicht – und im Profifußball schon mal gar nicht. „Vielleicht ändert sich familiär etwas in den nächsten ein, zwei Jahren“, sagt Lars Ritzka: „Ja, ich fühle mich hier wohl, aber was die Zukunft bringt, kann ich noch nicht sagen.“