Delmenhorst/Hamburg. Keeper Sascha Burchert profilierte sich bei St. Paulis 5:0 im Pokal bei Atlas Delmenhorst. Was dies für weitere Einsätze bedeutet.

Es gab Klärungsbedarf nach dem 5:0 (1:0)-Sieg des FC St. Pauli beim SV Atlas Delmenhorst, der für sich genommen auch in dieser Höhe verdient war, das Millerntor-Team letztlich problemlos in die zweite Runde des DFB-Pokals beförderte und dem Verein eine garantierte Einnahme von 431.200 Euro bescherte. Die entscheidende Frage aber war: Ist er nun der Pokaltorwart für diese Saison, oder ist er es doch nicht?

Die Rede ist von Sascha Burchert, also jenem Keeper, den der FC St. Pauli Anfang August 2022 verpflichtete, nachdem sich Stammkeeper Nikola Vasilj einen Finger gebrochen hatte und etliche Wochen auszufallen drohte. Dennoch musste der 33 Jahre alte gebürtige Berliner bis jetzt warten, um sein erstes Pflichtspiel für die Profimannschaft vom Millerntor zu bestreiten. Denn vor einem Jahr hatte der damalige Cheftrainer Timo Schultz als Ersatz für Vasilj auf Dennis Smarsch (jetzt MSV Duisburg) gesetzt, der aber nicht überzeugen konnte. Und schon am 3. September kehrte Vasilj zurück ins Tor.

St. Pauli holte Torwart Burchert vor einem Jahr

„Ich bin jetzt ein Jahr hier und habe mich auf meinen ersten Einsatz in einem Pflichtspiel für die Profis sehr gefreut und ihn auch genossen“, sagte Burchert nach dem Abpfiff, während er seine Handgelenke vom üblichen Tapeverband befreite.

Auf die Frage, ob er denn nun auch St. Paulis Torwart für die DFB-Pokalspiele in dieser Saison sei, wusste der Keeper, der noch vor zwei Jahren mit der SpVgg. Greuther Fürth in die Bundesliga aufgestiegen war, keine rechte Antwort. Vielmehr sagte er: „Das weiß ich gar nicht. Es hat mega Spaß gemacht, und ich werde mich wieder genauso auf das nächste Spiel vorbereiten, wann immer es kommt.“ Einen Tag vorher habe er Bescheid gewusst, dass er spielen durfte.

Burchert mit zwei spektakulären Kopfballaktionen

Als Anerkennungsbonbon wollte Burchert seine Nominierung jedenfalls nicht verstanden wissen. „Es geht hier nicht darum, Geschenke zu verteilen. Der Trainer muss dahinterstehen und sagen: ,Du bist mein Mann für das Wochenende.’ Dann passt das auch.“

Gefordert wurde er vom Team des Regionalliga-Absteigers wie erwartet nur selten, dafür aber in den wenigen Situationen umso ambitionierter. Gegen die allein auf ihn zustürmenden Delmenhorster Stürmer Osman Mansaray (47.) und Leonit Basha (80.) baute er sich so geschickt auf, dass sie ihn anschossen. „Die Stürmer mussten immer schnell abschließen, weil sie Druck von hinten bekamen. Das hat es mir leichter gemacht“, relativierte er später seine rettenden Aktionen. Ebenfalls zweimal unterband er einen Konter mit einem spektakulären Kopfball außerhalb seines Strafraums.

St. Paulis Trainer Hürzeler ist gegen einen Pokaltorwart

Für Aufklärung in der entscheidenden Frage sorgte schließlich St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler, der vor dem Spiel zwar vage angekündigt hatte, Veränderungen in der Startelf zu planen, aber nicht konkret werden wollte. „Bei mir gibt es keinen Pokaltorwart. Ich halte davon nicht viel. Wir entscheiden immer von Spiel zu Spiel“, sagte der 30 Jahre alte Coach unmissverständlich.

„Es geht mir darum, dass ich Spieler, die im Training immer da sind, Topleistungen bringen und sehr wichtig für die Mannschaft sind, belohne. Das hat sich ,Beucke’ verdient mit seiner Trainingsintensität und seiner Bedeutung für die Mannschaft“, sagte Hürzeler. Er hatte Burchert vor einem Monat in den sechs Spieler umfassenden Mannschaftsrat berufen, weil er ihn trotz seiner Reservistenrolle für einen Führungsspieler hält. „Er ist auch als Mensch sehr wichtig für uns.“

St. Paulis schludriger Umgang mit Torchancen

Nur ein kleiner Schönheitsfleck auf dem Sieg war, dass das Team in den ersten 45 Minuten trotz etlicher gut herausgespielter Chancen einen von Eric Smith direkt verwandelten Freistoß benötigte, um eine knappe Pausenführung herauszuschießen. Nach dem Delmenhorster Eigentor in Slapstick-Manier zum 0:2 – Verteidiger Sari schoss Torwart Schobert so unglücklich an, dass der Ball ins Tor kullerte – erlahmte die defensive Gegenwehr des Oberligateams.

Eine andere Frage stand nach dem 5:0 in Delmenhorst auch noch im Raum. Wann hat der FC St. Pauli eigentlich zuletzt ein DFB-Pokalspiel so hoch gewonnen? In jenem Wettbewerb also, in dem es neben der legendären „Bokalserie“, die 2006 erst im Halbfinale gegen Bayern München endete, auch diverse Erstrundenniederlagen zu beklagen gab. Für die Antwort muss man schon etwas tiefer in der Historie kramen. Am 30. Juli 1977, als St. Pauli erstmals in die Bundesliga aufgestiegen war, siegte das Team um Kapitän Rolf Höfert und Torjäger Franz Gerber 6:1 bei der SG Ellingen-Bonefeld-Willroth. Das wäre dann also auch geklärt.

Wann der FC St. Pauli im DFB-Pokal zuletzt so hoch gewann

Offen ist lediglich noch, gegen wen und wo der FC St. Pauli seine Pokalsaison fortsetzt. Die Auslosung findet erst am 1. Oktober statt. Danach hat Trainer Hürzeler 30 Tage Zeit, sich zu überlegen, wer in der zweiten Runde (31. 10./1. 11.) im Tor stehen wird.

SV Atlas Delmenhorst: Schobert – Fenski, Sari, Cissé, Eggert (71. Uschpol) – Eggersglüß (65. Ngongfor), Stütz – Touray, Azadzoy (65. Dahnenkamp), Mansaray (73. Basha) – Gysbers (65. Trebin).FC St. Pauli: Burchert – Wahl, Smith (72. Nemeth), Mets (63. Dzwigala) – Saliakas, Irvine (72. Metcalfe), Hartel, Treu – Sinani (63. Afolayan), Albers (72. Eggestein), Saad.Tore: 0:1 Smith (24.), 0:2 Schobert (59., Eigentor), 0:3 Saad (68.), 0:4 Hartel (71., Foulelfmeter), 0:5 Afolayan (88.). Schiedsrichter: Patrick Schwengers (Travemünde). Zuschauer: 4999 (ausverkauft). Gelb-Rote Karte: Sari (Delmenhorst) wegen wiederholten Foulspiels (69.). Gelbe Karte: Touray. Statistik: Torschüsse: 6:29, Passquote 71:87 Prozent, Flanken 5:18, Ballbesitz: 31:69 Prozent, Zweikampfquote: 40:60 Prozent, Ecken 1:12.