Fürth/Hamburg. Warum für St. Paulis unbefriedigendes 0:0 bei Greuther Fürth nicht nur der Schiedsrichter verantwortlich war.
Nein, nein, über dieses eine bewusste Thema wollte Fabian Hürzeler nach dem 0:0 bei der SpVgg. Greuther Fürth im Sportpark Ronhof nicht ein weiteres Mal sprechen. „Es ist wichtig, dass wir nicht schon wieder eine Stürmerdiskussion anfangen“, sagte der Cheftrainer des FC St. Pauli.
Dabei ist es objektiv betrachtet ja völlig unerheblich, über was ein Verantwortlicher besonders gern, nur mit Magengrummeln oder am liebsten gar nicht reden möchte. Nach dem zweiten 0:0 in einem Ligaspiel in Folge, in dem sich St. Pauli unter dem Strich als die jeweils etwas bessere Mannschaft präsentiert hatte, ist das Thema einfach weiterhin gegeben. Dem FC St. Pauli fehlt in der zentralen Angriffsposition nun einmal ein Spieler von der Qualität, die er auf den meisten anderen Positionen besitzt. Sonderlich viel zu diskutieren gibt es zu diesem Fakt auch nicht.
St. Paulis Trainer Hürzeler übt sich in Sarkasmus
„Es hat nichts damit zu tun, ob wir einen Stürmer haben oder nicht. Wir haben Torchancen gehabt. Die kann jeder versieben“, meinte Hürzeler mit einem Anflug von Sarkasmus. Er dachte dabei sicher auch an die beiden Tormöglichkeiten, die Mittelfeldspieler Marcel Hartel in der zweiten Hälfte hatte, in der er weiter in der Offensive spielte als im ersten Abschnitt.
Als Mittelstürmer hatte Hürzeler wie schon zuletzt in der Liga gegen Düsseldorf den Engländer Oladapo Afolayan aufgeboten. Der 25-Jährige brachte es auf genau einen Torabschluss, der noch nicht einmal gefährlich war. Noch stärker als gegen Düsseldorf war ihm anzumerken, dass er sich in dieser Rolle nicht wirklich wohlfühlte.
Afolayan fühlte sich in seiner Rolle offenbar unwohl
Eine Erfolgsquote von nur 25 Prozent in den Zweikämpfen ist auch ein Beleg dafür. Die Beobachter fragten sich in Fürth ein weiteres Mal, ob der schnelle Afolayan auf einer der beiden offensiven Außenbahnen nicht eben doch seine Stärken weitaus effektiver zum Tragen bringen könnte. Klar ist auch, dass er dafür einen Mann in der Sturmmitte braucht, den er bedienen kann.
Zu Afolayans Ärger trug zweifellos bei, dass er für sein hartes Foul an Julian Green Mitte der ersten Hälfte zwar zu Recht mit (Dunkel-)Gelb bedacht wurde, ein Foul an ihm unmittelbar zuvor aber von Schiedsrichter Tom Bauer ignoriert worden war. Dass der Stürmer Minuten später noch mit dem Unparteiischen schimpfte und sich auch noch einen Bodycheck gegen einen Fürther leistete, machte sein Frustpotenzial deutlich.
Hürzeler nahm dringenden Rat des Schiedsrichters an
Konsequent war daher, dass Trainer Hürzeler den Rat des Unparteiischen annahm und Afolayans Arbeitstag nach 45 Minuten beendete und ihn durch Danel Sinani ebenfalls als „falsche Neun“ ersetzte. Auch der Luxemburger ist eher ein Außenstürmer.
Dass St. Paulis Spiel im zweiten Abschnitt trotz des erzwungenen Wechsels besser als im ersten Abschnitt lief, spricht für die Qualität des Teams als Ganzes sowie auch einzelner Leistungsträger, die auch einen gut organisierten Gegner wie Fürth vor Probleme stellen kann.
"Brecher" Albers kam erst in der 80. Minute
„Die zweite Halbzeit war mit das Beste, was ich bisher von meiner Mannschaft gesehen habe. Wir hatten eine unheimliche Kontrolle und haben hundertprozentige Torchancen auch wirklich herausgespielt. Es war nicht so, dass es irgendwie Zufall war. Die Chancen waren herauskombiniert. Da muss man halt eine machen“, betonte Hürzeler.
Damit sprach er dann doch wieder genau das Problem an, über das er eigentlich gar nicht reden wollte – den fehlenden Torjäger. Es sagt zudem einiges aus, dass Hürzeler bis zur 80. Minute wartete, ehe er in Person von Andreas Albers einen von seiner Art her typischen Mittelstürmer einwechselte. Hatte der Däne beim 5:0 im DFB-Pokal in Delmenhorst noch von Beginn an gespielt, aber keinen Treffer erzielt, so musste er jetzt in Fürth wieder in die Jokerrolle schlüpfen. Seine Zeit auf dem Rasen hätte aber ausgereicht, um zum Helden des Spiels zu werden und das Thema des fehlenden Torjägers zumindest in den Hintergrund zu drängen.
Ärger auch über vergebene Torchance
Es kam anders. Erst vergab Albers eine nahezu hundertprozentige Torchance, als er den Ball aus rund fünf Metern nach starkem Zuspiel des Debütanten Scott Banks über das Tor setzte. „Der Ball ist kurz vorher aufgesprungen, da habe ich ihn nicht richtig getroffen“, führte er später als Begründung für sein Missgeschick an.
Zum schlechten Ende wurde sein Treffer in der fünften Minute der Nachspielzeit wegen Abseits nicht anerkannt.Da hatte er den Ball optimal getroffen. Es war die Szene, über die nach dem Spiel am meisten geredet wurde, die allerdings nebensächlich gewesen wäre, wenn eine der vorherigen Chancen von einem Spieler mit Torriecher genutzt worden wäre.
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Dass Albers knapp im Abseits stand, als Eric Smith den Ball in den Strafraum schlug, war unstrittig. Doch dass die Kopfballabwehr von Damian Michalski, die den Ball erst zu Albers brachte, unkontrolliert gewesen sein soll, war mehr als diskutabel. Bei einer kontrollierten Aktion Michalskis wäre die Abseitsstellung aufgehoben gewesen.
St. Paulis Trainer Hürzeler widerspricht Auslegung des Schiedsrichters
„Wenn ich zum Kopfball gehe, kann ich nicht viel kontrollierter den Ball spielen. Wenn man sich danach einfach nur mal die Kopfbewegung anguckt, dann weiß er ganz genau, wohin er köpft. Er bewegt sich danach auch gleich wieder in Richtung des Balles“, sagte Hürzeler über Michalskis Verhalten. „Viel klarer geht es für mich nicht.“ Auch Albers selbst meinte: „Aus meiner Sicht tut er alles, um den Ball zu klären, und er klärt ihn auch super. Wenn ich da nicht stehe, geht der Ball über die Seitenlinie.“
Sowohl Schiedsrichter Bauer als auch Videoassistent Sören Storck sahen es anders. Wohltuend immerhin, dass Hürzeler am Ende befand: „Der Schiedsrichter war nicht schuld, dass wir kein Tor geschossen haben. Da müssen wir uns schon an die eigene Nase fassen. Wir hatten die Möglichkeiten und hätten noch konsequenter sein müssen.“ Noch ist Zeit, den Kader nachzubessern.
SpVgg. Greuther Fürth: Urbig – Dietz, Jung (88. Michalski), Itter – Asta, Wagner, Green, Meyerhöfer (71. Haddadi) – Hrgota (88. Abiama) – Sieb (57. Srbeny), Lemperle (71. Petkov). FC St. Pauli: Vasilj – Wahl, Smith, Dzwigala (46. Nemeth) – Saliakas, Irvine, Hartel, Ritzka (89. Treu) – Metcalfe (64. Banks), Afolayan (46. Sinani), Saad (80. Albers).SR: Tom Bauer (Mainz). Z.: 12.207. Gelbe Karten: Michalski – Irvine, Afolayan, Saad, Metcalfe (2), Nemeth. Statistik: Torschüsse: 16:6, Ballbesitz: 45:55 Prozent, Laufleistung: 113,2:112,8 Kilometer, Fouls begangen: 11:17.