Kaiserslautern. Die Hamburger müssen beim 1. FC Kaiserslautern leiden, den 2:1-Erfolg häufig mehr erkämpfen als erspielen – aber sie halten stand.

Zu Saisonbeginn befand sich der FC St. Pauli direkt, wo er sich auch am Saisonende wiederfinden möchte: weit oben. Doch der Auftritt im Fritz-Walter-Stadion, dem höchstgelegenen beider Bundesligen, zeigte, dass es in dieser Zweiten Liga schwierig sein wird, dort langfristig zu bleiben. "Es war ein hartes Stück Arbeit", sagte Sportchef Andreas Bornemann nach dem Spiel bei Sky.

Der 2:1 (0:0)-Sieg beim 1. FC Kaiserslautern war verdient, um im Wortbild zu bleiben, wohl auch hoch verdient. Aber er zeigte auch, dass die Hamburger sich nicht so einfach durch die Spielzeit zelebrieren können wie durch ihre perfekte Vorbereitungsphase. Dafür sind eine Balance aus Offensive und Defensive notwendig, die St. Pauli weitgehend fand, sowie individuelle Topleistungen – die am Sonnabendmittag vor allem ein Akteur erbrachte. "Wir können einiges besser machen", sagte St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler. "Mit der Mentalität und der Bereitschaft bin ich zufrieden."

St. Paulis Ritzka erhält in Kaiserslautern Vorzug vor Treu

Ganz weit nach oben in der Gunst von Hürzeler gestiegen scheint Linksverteidiger Lars Ritzka, der den Vorzug vor dem in der Vorbereitung häufiger eingesetzten Neuzugang Philipp Treu erhielt. Überhaupt war es nicht die Partie der Neuverpflichtungen: Lediglich Andreas Albers stürmte von Beginn an, neben Treu saßen auch Hauke Wahl und Danel Sinani auf der Bank. Kaiserslautern ließ Stürmer Ragnar Ache schmoren, obwohl sich die „Lauterer“ den ehemaligen Frankfurter nach Abendblatt-Informationen knapp doppelt so viel haben kosten lassen wie die kolportierte Million Euro.

Hartel besitzt St. Paulis erste Chance der Saison

Schmoren war dann auch so etwas wie das Stichwort für die Anfangsphase. St. Pauli köchelte gegen die erwartet defensive Ausrichtung der Gastgeber nicht auf maximaler Flamme – in ständiger Obacht, nach Ballverlust keinen Pfälzer Flächenbrand zu entfachen.

Die Hamburger mussten sich stattdessen in Geduld üben, um Lücken zu finden. Ihre Momente hatten sie vor allem, wenn individuelle Kreativität ins Spiel kam – und damit Elias Saad. Seine Dynamik auf der linken Seite war auch die Grundlage für die erste große Torchance St. Paulis in dieser Saison, bei der Marcel Hartel nach Saad-Vorlage aus dem Rückraum abzog und an FCK-Keeper Andreas Luthe scheiterte (12.).

Defensivgeprägtes Spiel auf dem Betzenberg

Dennoch waren die Gäste auch in Folge um Balance bemüht, die schnellen Außen Kaiserslauterns nicht ins Spiel kommen zu lassen. Dennoch gab es – Achtung, Wortwitz – einen Moment des Zusammenzuckens, als Hendrick Zuck gleich doppelt im Strafraum zum Abschluss kam, aber jeweils geblockt wurde (24.).

Ansonsten war im Vergleich zum spektakulären 5:3 des HSV am Vortag gegen den FC Schalke 04 allenfalls das geografische Niveau auf dem Betzenberg höher. Hochgeschwindigkeits- und Offensivfußball gab es nicht zu bestaunen. Dass ein harmloser Kopfball von Saad Erwähnung findet (40.), ist aussagekräftig für die Defensivorientierung der Begegnung.

Kaiserslautern ein sehr unangenehmer Gegner

Nach oben schossen allenfalls noch die Emotionen. FCK-Linksverteidiger Boris Tomiak sah für seinen Rempler gegen Manolis Saliakas die Gelbe Karte (45.+1). Dann war Halbzeit.

Sobald gegen das Kaiserslautern von Trainer Dirk Schuster ein Tor erzielt ist, wird das Spiel einfacher. Dann müssen die Roten Teufel ihre destruktive Strategie anpassen, plötzlich bieten sich Räume, die zuvor höchstens erahnt werden konnten. Doch dieser eine Treffer ist nun mal auch so schwierig gegen den deutschen Meister von 1998 zu erzielen, wie gegen kaum einen anderen Zweitligisten.

Elias Saad bringt St. Pauli in Führung

Gelöst werden kann es durch Momente im Eins-gegen-eins oder kreativ-geniale Ideen. Ein bisschen von allem kam zusammen, als Kapitän Jackson Irvine mit einem wunderbar gefühlvollen Flugball die versammelte FCK-Abwehr zum Bierholen schickte, während Saad im Rücken der Verteidiger den Ball an der Strafraumgrenze erlief, den nur zögerlich herausgeeilten Luthe formmäßig umkurvte und ins leere Tore einschob (51.). Hürzeler schmunzelte auf der Trainerbank, blieb ansonsten ruhig, als hätte er eine Vorahnung.

Keine schlechte Eigenschaft als Trainer. Ärgerlich, wenn die Vorsehung Ausgleichstore nicht verhindert. Für das zeichnete in Aaron Opoku ausgerechnet ein Ex-HSVer verantwortlich, der Kenny Prince Redondo im Strafraum bediente, dessen abgerutschter Schussversuch slapstickmäßig aber nicht auf dem Tor, sondern dem Kopf von Ache landete – und von dort im Tor (66.).

Shootingstar auch am 2:1 beteiligt

Ein Rückschlag auf dem Weg nach oben. Aber mit Aufstiegen kennt sich nun mal kaum jemand im braun-weißen Team besser aus als Saad, der vergangene Saison aus der Regionalliga kommend direkt zwei Ligen befördert wurde.

Wann immer die Strategie der Flanken auf Albers, die dem hochgewachsenen Abwehrzentrum der Hausherren zumeist zum Opfer fiel, nicht glückte, musste es der mit Abstand beste Mann auf dem Rasen richten. Vor dem Siegtor war der 23-Jährige seiner Bewachung ein weiteres Mal entwischt, bediente erneut Hartel, den Tobias Raschl von den Beinen holte.

Hartel verwandelt Elfmeter sicher

Und obwohl mit dem Geist von Fritz Walter auch alte Mythen am Betzenberg wehen, schien die alte Fußballweisheit, nach der der Gefoulte nicht selbst zum Elfmeter antreten soll, hier keine Gültigkeit zu besitzen. Hartel machte es jedenfalls selbst und sicher (75.).

Ein Hoch und Runter der Chancen hüben wie drüben entwickelte sich danach nicht mehr. Ache hatte seine überschaubaren Gelegenheiten, der eingewechselte Sinani scheiterte in der Nachspielzeit kläglich. Dann war geschafft, und St. Pauli war oben in der Tabelle angekommen.

Die Fahrt nach unten vom Betzenberg darf auch gern ein Sinnbild bleiben. Denn nur kurze Zeit später ging es wieder nach ganz weit oben. Zwar nur mit dem Flieger Richtung Hamburg, aber immerhin. "Kaiserslautern hat es uns sehr schwer gemacht. Wir sind glücklich, dass wir drei Punkte mitnehmen. Es war ein gutes Zeichen für uns als Mannschaft, das unsere Stärke zeigt", sagte Hartel.

  • FCK: Luthe – Durm, Elvedi, Tomiak, Zuck (61. Puchacz) – Ritter, Niehues, Raschl (77. Klement) – Opoku (72. Zolinski), Lobinger (61. Ache), Redondo (72. Hercher).

  • FCSP: Vasilj – Medic, Smith, Mets – Saliakas, Irvine, Hartel, Ritzka (79. Treu) – Metcalfe (65. Afolayan), Albers (78. Wahl), Saad (87. Sinani).
  • Tore: 0:1 Saad (52.), 1:1 Ache (66.) 1:2 Hartel (76/FE).
  • Schiedsrichter: Schröder (Hannover).
  • Zuschauer: 44.079.
  • Gelbe Karten: Tomiak – Mets.